Kanada: Krankenhausangestellte gegen Impfzwang
Ontario und Quebec setzen Impfpflicht aufgrund des Widerstands zehntausender von Pflegekräften aus. Impfpolitik auch vor den Gerichten
In Kanada regt sich weiter breiter, wenn auch wenig organisierter Widerstand gegen die Impfpflicht in verschiedenen Sektoren. Das Land, hatte eine der strengsten Impfpflichtgesetze Nordamerikas erlassen, die sogar noch über das drakonische Dekret der US-Regierung hinausgeht.
Wie sehr die mediale Berichterstattung auch in Kanada von der gesellschaftlichen Realität abweicht, zeigt die Rücknahme der Impfpflicht für das Gesundheitspersonal in den Provinzen von Ontario und Quebec.
Während es in vielen Medien hieß, dass nur ein Bruchteil des Personals sich nicht impfen lassen wollte, und auch die Gewerkschaften, das "Impfmandat" unterstützten, sieht die Wahrheit ganz offensichtlich anders aus.
So sah sich der Premierminister von Ontario, Doug Ford, gezwungen, die Impfpflicht wieder aufzuheben, weil sonst mit der Entlassung von "Zehntausenden von Krankenhausmitarbeitern" zu rechnen sei. "Ich bin nicht bereit, die Versorgung von Millionen von Ontariern zu gefährden", sagte Ford laut dem kanadischen Staatsfernsehen CBC.
Am selben Tag folgte die Provinz Quebec aus demselben Motiv mit demselben politischen Schritt: Das Gesundheitsministerium der Provinz erklärte, dass der Verlust von ungeimpftem Personal "verheerende Auswirkungen auf das System" haben würde.
Auch hier wehren sich viele Beschäftigte gegen eine Impfpflicht. Landesweit wächst indes der Druck auf Gewerkschaften, die sich gegen die Impfpflicht einsetzen und diejenigen ihrer Mitglieder in Schutz nehmen, die sich nicht impfen lassen wollen.
Sorge Folgen von Entlassungen
Doug Ford, sagte, er spreche mit Krankenhausvertretern, bevor er darüber entscheide, ob er eine Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen einführen wolle. Er sagte, er sei besorgt über die Auswirkungen, die eine Impfpflicht mit Covid-19-Impfungen auf das System auch noch "Monate später" haben könnte, wenn die Regierung eine große Anzahl von Mitarbeitern im Gesundheitswesen entlassen müsste.
Obwohl auch in Kanada führende Medien sehr kritisch über Ungeimpfte berichtete und diese zu Sündenböcken für die Krise von Gesundheitssystem, Wirtschaft und Gesellschaft darstelten, lehnt weiterhin ein großer Teil der Kanadier eine Impfpflicht ab.
Wie hierzulande polarisieren Medien und Politik dabei die Bevölkerung. Kerry Bowman, Professor für Bioethik und globale Gesundheit an der Universität Toronto, gab in einem Interview der politischen Führung eine Mitschuld an der Spaltung zwischen geimpften und ungeimpften Menschen in Kanada.
"Ich mache mir Sorgen, dass es sich hier wirklich um eine gesellschaftliche Spaltung handelt, die langfristige Auswirkungen auf uns alle haben könnte." Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgrund des Impfstatus sei auch ethisch bedenklich, sagte Bowman, selbst ein Befürworter für Impfungen im Erwachsenenalter, und nannte dies ein "sehr stumpfes und aggressives Vorgehen".
Auch juristisch könnte der De-Facto-Impfzwang für die meisten lohnabhängig beschäftigen Menschen in Kanada auf wackligen Beinen stehen. Nach Ansicht von Lior Samfiru, einem Anwalt für Arbeitsrecht mit Sitz in Toronto, haben Arbeitnehmer, die entlassen wurden, unter bestimmten Umständen Anspruch auf eine Entschädigung.
"Der Arbeitgeber muss nachweisen, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht sicher ausführen kann, wenn er nicht geimpft ist", sagte er. Samfiru fügte hinzu, er habe in den letzten Monaten "eine der größten Massenentlassungen" in zwanzig Jahren seiner Anwaltstätigkeit erlebt. Tausende Klagen seien vor Arbeitsgerichten anhängig.
Gerichte in Kanada verhandeln Klagen wegen Entlassung Ungeimpfter
Auch vor den Oberen Gerichten Kanadas ist der indirekte Impfzwang Gegenstand von Klagen. So erließ der Vorsitzende Richter des Obersten Gerichts Ontarios, Sean Dunphy, eine einstweilige Verfügung, die die Durchsetzung einer vom staatlichen University Health Network. (UHN) gesetzten Frist für die Impfung des Personals aussetzt.
UHN, eines der größten öffentliches Forschungs- und Lehrkrankenhausnetzwerke Kanadas, hatte erklärt, sämtliche Mitarbeiter, die nicht bis zum 22. Oktober die zweite Spritze erhalten hätten, ihren Arbeitsplatz verlieren würden.
Mehrere nicht geimpfte UHN-Mitarbeiter hatten daraufhin Klage gegen das Krankenhausnetzwerk eingereicht, da sie die Impfverordnung als rechtswidrig und diskriminierend erachteten. Seine Durchsetzung komme einer Nötigung und einem Eingriff in die Privatsphäre gleich. Sie beantragten eine einstweilige Verfügung und streben deren Verlängerung an.
Dunphy wies in der Gerichtssitzung darauf hin, dass die Gesetze Ontarios es den Arbeitgebern im Privatsektor freistellten, jeden Arbeitnehmer jederzeit zu entlassen. Dabei habe jeder Angestellte das Recht, Schadensersatz wegen unrechtmäßiger Entlassung zu verlangen, aber er habe nicht das Recht, seinen Arbeitsplatz einzuklagen, um eine Kündigung zu verhindern oder ihn zurückzubekommen, so der Richter.
Eine der Anwälte der Kläger, Ian Perry, entgegnete darauf, dass die Kläger nicht klagen, um ihre Entlassung zu verhindern, sondern um zu verhindern, dass eine ihrer Meinung nach rechtswidrige Politik umgesetzt und durchgesetzt wird.
Ein weiterer Anwalt, Ryan O'Connor, fügte hinzu, dass Angestellte in der Privatwirtschaft zwar nach Belieben entlassen werden können, dass sie aber nach dem Menschenrechtskodex von Ontario nicht aus diskriminierenden Gründen, einschließlich ihres medizinischen Status, entlassen werden können.