Kanadischer Geheimdienstmitarbeiter bietet nichts Neues über Echelon
NSA-Brief an den Kongress stößt auf Kritik
Während im Fernsehen und im Internet Big Brother als Exhibitionismus- und Voyeurismusspektakel startet, dem sich die Menschen immerhin freiwillig aussetzen, geht die Diskussion über das Lauschsystem Echelon weiter. Vorsorglich hatte der amerikanische Geheimdienst NSA, der in Fort Meade, Maryland, angeblich alle von den Lauschposten aufgefangenen Daten sammelt und verarbeitet, vor der Ausstrahlung eines Interviews mit einem ehemaligen Mitarbeiter des an Echelon beteiligten kanadischen Geheimdienstes einen Brief an die amerikanischen Kongressabgeordneten schickt. Man wollte Bedenken zerstreuen, dass mit Echelon auch amerikanische Bürger gesetzwidrig von amerikanischen Geheimdiensten abgehört werden.
CBS strahlte das Interview über Echelon mit Michael Frost am letzten Sonntag aus. Angeblich habe Frost zwei Jahrzehnte lang für den kanadischen Geheimdienst Communications Security Establishment (CSE) gearbeitet. Frost behauptete in der Sendung, dass mit Echelon, einem Verbund von Lauschposten, die von amerikanischen, neuseeländischen, australischen, britischen und kanadischen Geheimdiensten betrieben werden, regelmäßig auch Bürger der jeweilig anderen Staaten unter Umgehung der gesetzlichen Vorschriften abgehört wurden. Echelon würde jede elektronische Kommunikation auf der ganzen Welt abhören: "Die ganze Welt, den ganzen Planeten ... Echelon deckt alles ab, was weltweit zu jedem Zeitpunkt gesendet wird", zitiert The Register den ehemaligen Spion. "Alles wird beobachtet; die ganze Aufnahme wird durchgemustert, und der Computer sortiert das was, was aus aussortieren soll. Alles angefangen von Datenübermittlungen über Mobiltelefone bis hin zu Baby-Überwachungsgeräten ... O, ja, Baby-Überwachungsgeräte können eine Menge Erkenntnisse bringen."
Naja, die wesentlich Aussage von Frost ist wohl die, dass er behauptet, auch normale Bürger würden regelmäßig abgehört werden, wobei der Geheimdienst des einen Landes dem eines anderen Landes Hilfestellung zur Umgehung der gesetzlichen Vorschriften leistet. Letztes Jahr stellte sich heraus, dass etwa auch Lady Di abgehört worden ist (Selbst Diana war ein Lauschziel). Zwar wurden die Aussagen von Frost während der Sendung durch nichts belegt, wie The Register schreibt, gleichwohl hat die NSA in ihrem Brief eben auf diesen Vorwurf reagiert und natürlich abgestritten, man würde sich eines anderen Geheimdienstes zum Abhören amerikanischer Bürger bedienen. Frost hingegen behauptete, dass die Geheimdienste natürlich niemals zugeben würde, aber dass diese Form der Kooperation gang und gäbe sei.
Die Gerüchte und Vermutungen bleiben also weiterhin weitgehend, was sie bislang auch waren, nämlich Gerüchte und Vermutungen. Allerdings war auch der Kongressabgeordnete und ehemalige CIA-Mitarbeiter Bob Barr, auf dessen Veranlassung hin die NSA aufgefordert wurde, dem Kongress einen Bericht über Echelon vorzulegen, aus dem hervorgeht, dass die gesetzlichen Vorschriften eingehalten werden, mit dem Brief nicht zufrieden. In seinem Brief an den Direktor der NSA. Michael Hayden, wies Barr darauf hin, dass es trotz der Hinweise auf die gesetzlichen Vorschriften einige Probleme bei der Überprüfung der Geheimdienstaktivitäten gibt. Insbesondere zieht er die Behauptung in Zweifel, dass ein gesetzlicher Schutz jenseits aller technischen Möglichkeiten gewährleistet sei. Damit mache es sich die NSA zu einfach, was den Schutz der Privatsphäre angesichts der technologischen Fortschritte angeht. Man müsse beispielsweise sicherstellen, dass auch neue Kommunikationsmittel wie Fax-, Email oder Telefonkommunikation ebenso wie geschriebene Briefe geschützt werden.
Da ein immer größerer Anteil der Kommunikation von US-Bürgern grenzüberschreitend sei, haben nach Barr die Geheimdienste auch die Verantwortung, dass die grenzüberschreitende Kommunikation ebensowenig belauscht werden dürfe wie die Kommunikation, die in den USA beginnt und endet. Überdies habe der Brief der NSA gezeigt, dass die Aktivitäten nicht ausreichend von der Legislative kontrolliert werden können. Oft würden die Genehmigungen für die NSA auf Ausführungsanordnungen beruhen, die schnell geändert werden können, während gesetzliche Vorschriften dauerhafter seien. Barr fordert daher die Einführung gesetzlicher Vorschriften zur Kontrolle und mahnt die NSA, objektiv die Leistung der bestehenden Kontrollen für den Schutz der Privatsphäre der amerikanischen Bürger zu überprüfen.
Mittlerweile ist auch die Abschrift des CBS-Interviews auf Cryptome nachzulesen.