Kapituliert das Satiremagazin Titanic? "Ab 2024 wird zurückgeschossen", sagt Martin Sonneborn
Der Ex-Chefredakteur des Satiremagazins über schlechte Konkurrenz, warum das Netz keine Gefahr ist und was er angesichts der drohenden Pleite zu tun gedenkt.
Das Satiremagazin Titanic steht offenbar kurz vor der Pleite. Dies berichtete ausgerechnet die wenig humoristische Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Konservativen erklären die Entwicklung mit einer Haushaltsbuchlogik: Grund seien steigende Kosten und sinkende Einnahmen. Wenn man mehr ausgibt als einnimmt, geht man pleite.* Das wissen jetzt auch die Kolleginnen und Kollegen der Titanic.
"Der 11. September ist ein guter Tag für schlechte Nachrichten", zitiert die Zeitung Oliver Maria Schmitt, den ehemaligen Chefredakteur und einen der Herausgeber des Satiremagazins.
Die eine Titanic sei untergegangen, da könne man nichts machen, aber jetzt könnten die Leser die andere Titanic retten – indem sie Abonnenten werden. Die Rettungsaktion startet am 8. September.
Wir fragten sofort bei Ex-Titanic-Chefredakteur und Telepolis-Sommerinterviewpartner Martin Sonneborn nach.
Die Titanic sinkt. Wie konnte es dazu kommen?
Martin Sonneborn: Zu viel schlechte Konkurrenz im satirischen Sektor: Böhmermann, Welke, Aiwanger, Söder, Faeser und die Süddeutsche Zeitung …
Muss Satire in Deutschland scheitern, politisch und kommerziell?
Martin Sonneborn: Nein. Wir brauchen lediglich neue Konzepte. Zum Beispiel befehle ich gerade 60.000 PARTEI-Mitgliedern, die Titanic zu abonnieren. Das dürfte uns etwas Zeit verschaffen.
Inwieweit war der Abokiller Internet hier die Spaßbremse?
Martin Sonneborn: Auf jeden Fall ein Faktor. Aber die Zukunft widerständigen Denkens wird analog sein, wenn ich mir die europäischen Zielvorstellungen für das Netz ansehe: Überwachung, Kontrolle des Wissens, Beeinflussung der öffentlichen Diskurse. Wir wollen das letzte Printmagazin am Markt sein.
Ab 2024 wird zurückgeschossen, wir erledigen das Internet.
Sie haben die Brücke vor Jahren verlassen und das Ruder 2005 Thomas Gsella überlassen. Haben Sie sich nicht ein wenig Schettino-mäßig aus dem Staub gemacht?
Martin Sonneborn: Yep, aber ich hatte ein zu gutes Angebot aus Brüssel…
Was also tun?
Martin Sonneborn: Abwarten und Bier trinken. Die Bordkapelle spielt jedenfalls bis zum Schluss.
* Gilt nicht für Telepolis.
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