Kein Hunger mehr bis 2030 – wird dieses Ziel mit Ansage verfehlt?

Anpassung an den Klimawandel in Bangladesch: Arbeit im schwimmenden Gemüsegarten. Foto: © Welthungerhilfe/Monir

Hilfsorganisationen schlagen Alarm: UN-Entwicklungsziele sind kaum noch im genannten Zeitraum erreichbar. Und das liegt nicht nur an Corona und dem Ukraine-Krieg.

Die 17 globalen Entwicklungsziele der "Agenda 2030" – darunter die Abschaffung von Hunger und extremer Armut – sind kaum im vorgesehenen Zeitraum noch erreichbar. Zu dieser Einschätzung kommt die Welthungerhilfe anlässlich der Vorstellung des Bericht "Kompass 2023: Wirklichkeit der Deutschen Entwicklungspolitik" an diesem Donnerstag. Im Vorwort wird betont, dass die Gründe dafür nicht nur auf höhere Gewalt oder Entscheidungen im nichtwestlichen Ausland zurückzuführen sind:

Sicher, die andauernden weltweiten Folgen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und die wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie sind enorm und waren in diesem Maße nicht absehbar. Sie sind aber nicht allein entscheidend dafür, dass die Überwindung von Armut und Hunger in immer weitere Ferne zu rücken scheint.


Kompass 2023: Wirklichkeit der Deutschen Entwicklungspolitik" / Vorwort

Das Jahr 2023 markiere die Halbzeit der 2015 von den Vereinten Nationen verabschiedeten Agenda 2030, gibt die Organisation zu bedenken. Ein großer Teil der heutigen Herausforderungen resultiere auch aus "Versäumnissen der Vergangenheit". Hier werden unter anderem Maßnahmen zur Steigerung der Klimeresilienz, soziale Sicherungssysteme und gerechte Lieferketten genannt, aber auch "feministische Entwicklungspolitik".

"Verlässliche Finanzierung" statt bloßen Willensbekundungen

Bemängelt wird, dass auch in der deutschen Entwicklungspolitik oft Willensbekundungen im Vordergrund stehen. Nötig sei aber auch "eine verlässliche Finanzierung". Aus aktuellem Anlass warnen die Hilfsorganisationen vor Kürzungen im Etat des Entwicklungsministeriums, nachdem Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) vor rund zwei Wochen Sparvorgaben an alle Ressorts verschickt hat, zunächst wohl mit Ausnahme des Verteidigungsministeriums.

Mehr als 800 Millionen Menschen weltweit sind aktuell von Hunger betroffen. Etwa jeder zehnte Mensch ist demnach weltweit unterernährt. Im Kompass 2023 haben die Welthungerhilfe und das Kinderhilfswerk terre des hommes die jüngsten Daten zu öffentlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit analysiert und daraus "Forderungen" beziehungsweise "Empfehlungen" an die Bundesregierung abgeleitet. Beides wird in der Öffentlichkeitsarbeit synonym verwendet. Berichte dieser Art erscheinen bereits seit 30 Jahren.

Absehbar war in diesem Zeitraum die Klimakatastrophe, die nun weltweit die Lebensgrundlagen von Menschen bedrohe: "Gefährdet sind vor allem diejenigen, die ohnehin von Hunger und Armut betroffen sind. Die Bundesregierung sollte ihren Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung bis 2025 auf mindestens acht Milliarden Euro jährlich aufstocken", heißt es in den "Entwicklungspolitischen Empfehlungen".

Das wären zwei Milliarden mehr, als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beim Petersberger Klimadialog im Juli 2022 versprochen hat – bis spätestens 2025 sollte der deutsche Beitrag demnach auf sechs Milliarden erhöht werden.

Laut Welthungerhilfe und terre des hommes reicht das nicht aus. Bei verstärkten Anstrengungen sollten "die Ernährungssicherung und die verbesserte Klimaresilienz der armen Bevölkerung in den ländlichen Räumen des globalen Südens im Fokus stehen". Die dortige Zivilgesellschaft müsse aber "auf Augenhöhe eingebunden werden", heißt es in den Empfehlungen weiter.

Erinnert wird auch an das G7-Ziel, bis 2025 weltweit eine Milliarde mehr Menschen in soziale Sicherungssysteme einzubinden.