Keine GPS-Tracker in Kitas: Stadt setzt Helikopter-Eltern Grenzen
Wie viel Überwachung verträgt ein Kind? Zumindest in der Kita seien die Kleinen gut genug betreut, meint der Bürgermeister von Hanau.
Mit einer GPS-Kinderuhr für 80 bis 120 Euro können Eltern ihren Nachwuchs auf den Meter genau lokalisieren. Manche werden sich fragen: Ist das noch fürsorglich oder schon zwanghaft und übergriffig?
Anbieter: GPS-Tracker unterstützt bei Beaufsichtigung
"Der GPS Tracker ist nicht als totale Überwachung des Kindes aufgrund von Misstrauen gedacht", beschwichtigt ein Anbieter auf seiner Internetseite. "Vielmehr dient er als Unterstützung der Beaufsichtigung. Durch die Ortung reicht eine schnelle SMS aus, um deine Ängste zu zerstreuen."
In privaten Situationen könne das hilfreich sein – in den Kitas der hessischen Stadt Hanau sei es aber nicht notwendig, meint der dortige Bürgermeister und Sozialdezernent Maximilian Bieri (SPD). Die Stadt verbietet daher in den Einrichtungen ab Dezember die Überwachung der Kinder mit GPS-Trackern.
Stadtoberhaupt: GPS-Tracker in Kitas gefährden Kinderrechte
Die Ortung der Kinder sei dort nicht nur überflüssig, sondern sogar kontraproduktiv, begründet Bieri die Entscheidung: "Kindertagesbetreuung hat den Auftrag, die Rechte und die Autonomie der Kinder zu achten und zu fördern.
Jedes Kind hat das Recht auf Selbstbestimmung und darauf, seine Umwelt frei und ohne ständige Überwachung zu erkunden. Der Einsatz von GPS-Trackern, Handys, Smartwatches und Ähnlichem kann dieses Recht erheblich einschränken und das Gefühl vermitteln, unter ständiger Beobachtung zu stehen."
Die pädagogischen Konzepte der städtischen Kitas zielen demnach darauf ab, Kinder in einem geschützten Rahmen zu mehr Eigenständigkeit zu ermutigen.
Pädagogische Fachkräfte statt GPS-Überwachung
"Unsere Erzieherinnen und Erzieher sorgen für die richtige Balance zwischen Eigenständigkeit und Freiheit sowie Begleitung und Beobachtung. So fördern sie am Ende die Selbstständigkeit der Kinder. Damit diese Effekte auch einsetzen, ist es nötig, dass sich keine äußeren Einflüsse negativ darauf auswirken", betont Bieri.
In einem Schreiben an Eltern warb er vergangene Woche um einen offenen Dialog mit den Erzieherinnen und Erziehern sowie "Vertrauen in das Handeln der pädagogischen Fachkräfte". Fragen oder Bedenken zum Aufenthalt oder zum Verhalten der Kinder in der Einrichtung könnten jederzeit persönlich mit den Fachkräften besprochen werden.
Wie Helikopter-Eltern das Erwachsenwerden erschweren
Berichte über sogenannte Helikopter-Eltern, die ihren Kindern im jungen Erwachsenenalter das Leben schwer machen, sind inzwischen zahlreich. Schon 2020 hat eine Familienforscherin rund 300 junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren nach dem Erziehungsverhalten ihrer Eltern und den psychologischen Folgen befragt.
Das Ergebnis beschrieb die Zeitschrift Psychologie Heute so: "Eltern mit einem starken Hang zum Helikoptern unterminierten die Fähigkeiten ihrer Kinder, sich selbst zu regulieren und ihren Lebensalltag zu meistern – schwächten also ungewollt deren Selbstwertgefühl."