Kindergrundsicherung: Aufrüstung statt "Sozialklimbim"
2,4 Milliarden statt zwölf Milliarden: FDP setzt sich bei Kindergrundsicherung weitgehend durch. Wie sich die "Zeitenwende" auf Spielräume für Soziales auswirkt.
"Sozialklimbim" gehört neben "Klima-Blabla" zum typischen Sprachgebrauch der FDP – auch, wenn sie Soziales und Klimaschutz gerne gegeneinander ausspielen, machen die Wirtschaftsliberalen mit solchen Wortschöpfungen immer wieder deutlich, dass beides für sie nur einen geringen Stellenwert hat.
"Jetzt muss es wieder um den Standort Deutschland gehen und nicht um Sozialklimbim", freute sich der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler an diesem Montag über die Einigung in der Ampel-Koalition zur Kindergrundsicherung. "Gut" findet er, dass Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) von ihrer "utopischen Forderung" nach zwölf Milliarden Euro für die Kindergrundsicherung abgerückt sei. Die 2,4 Milliarden, die es jetzt dafür geben soll, sind aus seiner Sicht "im Bereich des Erträglichen".
Bis zu 5,6 Millionen betroffene Familien
Ist ja auch nur ein Fünftel dessen, was die Familienministerin ursprünglich für nötig hielt, um Kindern in bis zu 5,6 Millionen armutsbedrohten Familien unter die Arme zu greifen. In den "Sozialen Netzwerken" trendete am Montag "Sozialklimbim" – wobei die kritischen Kommentare zunächst eindeutig überwogen.
Neben Vergünstigungen, die vor allem Besserverdienenden und der Autoindustrie nützen – wie zum Beispiel dem Dienstwagenprivileg – sieht die Linksfraktion im Bundestag auch die Aufrüstungspolitik der Ampel-Regierung als einen der wesentlichen Gründe, warum für soziale Belange wie die Kindersicherung Geld fehlt.
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Die Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) unterstreicht das mit einer am Montag veröffentlichten Studie. Titel: "Zeitenwende heißt Sozialabbau". Darin geht es um das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr sowie um das Nato-Ziel, dass alle Mitgliedsstaaten jährlich mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstung ausgeben sollen. Das Sondervermögen hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am 27. Februar 2022 weitgehend undiskutiert in einem Atemzug mit der Verkündung der "Zeitenwende" im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg bekannt gegeben.
Die FDP unterstützt diesen Kurs überdeutlich und nimmt, anders als die SPD, kein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, wo dafür gespart werden soll.
"Aufgrund der sogenannten Schuldenbremse müsste eine Verstetigung der Zeitenwende auf Kosten nahezu aller anderen Ministerien gehen – vor allem eine Kürzung der Sozialausgaben wäre eigentlich unausweichlich", schlussfolgert Jürgen Wagner vom geschäftsführenden Vorstand der IMI in der Broschüre.