Kinderlosigkeit: Immer mehr Frauen entscheiden sich bewusst gegen Kinder

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Eine neue Studie aus Schweden zeigt, dass immer mehr junge Frauen keine Kinder haben wollen. Auch in Deutschland bleibt jede fünfte Frau kinderlos.
Die Gesellschaften in Europa werden alt – und die Folgen des demografischen Wandels sind in vielen Regionen schon heute zu spüren. In den kommenden Jahren dürfte sich die Situation noch verschlimmern.
Es spielt dabei keine wesentliche Rolle, ob Menschen in die EU-Länder einwandern oder nicht. So prognostizierte das Statistische Bundesamt, dass im Jahr 2070 der Anteil von Menschen über 65 Jahren in der EU bei 29,5 Prozent liegt. Ohne Zuwanderung liegt der Anteil dann bei 30,5 Prozent.
Gravierende Folgen hat diese Entwicklung für die Bevölkerungszahl. Selbst wenn jedes Jahr rund 1,2 Millionen Menschen in die EU-Länder einwandern, geht die Bevölkerung bis 2070 zurück: von 452 Millionen auf 432 Millionen. Fällt die Zuwanderung weg, dann zählt die EU im Jahr 2070 nur noch 358 Millionen Seelen.
Studie zur Kinderlosigkeit in Schweden
Ein Grund für diese Entwicklung ist, dass nicht nur in Deutschland immer weniger Kinder geboren werden. Zwar ist es nach wie vor für viele Paare selbstverständlich, Kinder zu bekommen, doch immer mehr Frauen entscheiden sich bewusst gegen Nachwuchs.
Das ist zumindest das Ergebnis einer aktuellen Studie der Universität Uppsala in Schweden. Demnach ist jede vierte Frau entweder über einen Kinderwunsch unsicher oder hat sich schon gegen Kinder entschieden. Im Jahr 2014 war das nur bei jeder zehnten Frau der Fall.
Für die Studie wurden 596 Frauen befragt, die eine Gynäkologie-Praxis in Uppsala aufsuchten. Das Durchschnittsalter lag bei 24 Jahren. "Dass jede vierte Frau keine Kinder haben möchte oder sich unsicher ist, ist ein sehr hoher Anteil", sagt Cerisa Obern, Hauptautorin der Studie. "Wir wissen bereits, dass die Geburtenrate sinkt, aber wir wussten nicht, ob dies durch andere Faktoren wie Fruchtbarkeitsprobleme erklärt werden kann."
Die Studie zeigt, dass einige Frauen einfach keine Kinder haben wollen. Als Gründe nannten sie den Wunsch nach Selbstbestimmung, gesundheitliche Bedenken, die Wertschätzung ihrer Freiheit, wirtschaftliche Gründe sowie die Sorge um Überbevölkerung und Klimawandel.
Jede fünfte Frau in Deutschland bleibt kinderlos
Auch in Deutschland bleibt etwa jede fünfte Frau kinderlos. Dieser Anteil ist seit Jahren relativ konstant bei rund 20 Prozent. Das gilt für die Jahrgänge bis 1980. Bei den später geborenen Frauen nimmt die Kinderlosigkeit allerdings zu. Nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2023 verzichteten die zwischen 1984 und 1986 geborenen Frauen schon 27 Prozent auf Kinder.
Nicht auszuschließen ist hier allerdings, dass diese Quote noch gesunken ist. Zu berücksichtigen ist dabei allerdings, dass Frauen zwischen dem 30. und 36. Lebensjahr am gebärfreudigsten sind. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums gehen die Geburten in höherem Alter deutlich zurück.
Warum Frauen in Deutschland auf Kinder verzichten, haben Forscher der Dualen Hochschule Gera-Eisenach untersucht. Die Sozialwissenschaftlerinnen Claudia Rahnfeld und Annkathrin Heuschkel befragten über 1.100 Frauen zwischen 18 und 45 Jahren, die sich gegen Kinder entschieden haben, nach ihren Gründen. Die Hälfte der Befragten hatte sich vor dem 21. Lebensjahr gegen Kinder entschieden.
Als Hauptgründe nannten die Frauen den Wunsch nach Selbstbestimmung und alternativer Zeitnutzung, nicht primär Karriereambitionen. Die Studie widerlegt auch einige Vorurteile: Kinderlose Frauen bereuen ihre Entscheidung später nicht und sind im Alter nicht einsamer. 70 Prozent von ihnen leben in einer Partnerschaft.
Demografischer Wandel stellt Gesellschaft vor Herausforderungen
Die gewollte Kinderlosigkeit hat jedoch Auswirkungen auf die Gesellschaft. Deutschland erlebt einen demografischen Wandel: Die Geburtenrate lag 2024 mit 1,45 Kindern pro Frau deutlich unter dem Bestandserhaltungsniveau von 2,1. Seit 1970 werden zu wenige Kinder geboren und seit etwa 1974 verharrt die Geburtenrate auf einem erschreckend niedrigen Niveau und schwankt zwischen 1,25 und 1,54 Kindern pro Frau. Die Folge ist eine schrumpfende und alternde Bevölkerung.
Das stellt die Sozialsysteme vor große Herausforderungen. Weniger junge Menschen müssen für mehr Senioren aufkommen, insbesondere bei Renten und Krankenversicherung. Auch die Wirtschaft könnte durch den Mangel an Arbeitskräften beeinträchtigt werden.
Besonders ländliche Regionen sind vom demografischen Wandel betroffen. Sinkende Einwohnerzahlen erfordern Anpassungen bei Infrastruktur, Bildungseinrichtungen und medizinischer Versorgung. Die zunehmende Kinderlosigkeit führt auch zu einem gesellschaftlichen Wandel der Familien- und Generationenstrukturen.