Kleinkrieg im Wohnzimmer

Seite 2: Diese schweren, mit lärmendem, feuerspeiendem Metall übers Schlachtfeld blökenden, diese schwellend gerüsteten Fantasy-Marines pumpten ihre Gewichte nicht zu Volksmusik

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Auch die GoWJ begleitende Musik unterstreicht,dass dieser Titel sich von seinen Vorgängern unterscheidet. Obwohl vom gleichen Komponisten wie die letzten beiden Teile, Steve Jablonsky, fügt die Hinzunahme von Jacob Shea (der z.B. an den Soundtracks zu Inception und The Dark Knight mitarbeitete) zu einem hörbar anderen Ergebnis. Anstelle der oft bombastisch und auf orchestrale Grandeur gestimmten Musik der letzten beiden Teile liegt hier der Akzent auf treibenden Sequenzer-Rhythmen und auf einem stetig pulsierenden, mehr metallisch anmutenden Klang, der seinen Widerhall im Sounddesign von Filmen wie John Carpenters The Thing oder auch Ridley Scotts Black Rain (einem Schmuckstück aus dem älteren Katalog von Hans Zimmer) und neuerdings auch z.B. in Soundtracks wie Nicolas Winding Refns Drive findet. Zu Gears of War allgemein aber bot sich immer schon eine Transponierung zu Metal und Industrial am leichtesten an. Diese schweren, mit lärmendem, feuerspeiendem Metall übers Schlachtfeld blökenden, diese schwellend gerüsteten Fantasy-Marines pumpten ihre Gewichte nicht zu Volksmusik.

Der Rest ist Schießen und Nachladen. Die Story, der narrative Inhalt, ist nur mehr die nötige Handreichung für einen aufs Fadenkreuz gebrachten Spielsinn, der Rahmen für die nächste Sequenz und Aneinanderreihung von Schießbudenfiguren. Dass in einem Spiel affiziert werden wollende Nervensystem registriert aber auch keine Story, sondern Situationen. Hier gilt: Auch von einem Flipper erwartet man keine verständliche Reaktion auf eine Geschichte, sondern nur den sensorischen Reiz, den Ball im Spiel zu halten.

Da so viel in Spielen wie diesen von der Responsivität, den Kontrollmechanismen und der Funktionalität eines sensorischen Sinngemenges abhängt, geht es zugleich immer um die Form und weniger um Inhalt bzw. Geschichte. Folgende Fragen zählen: Macht es Spaß zu spielen, funktioniert es? Hält oder überbietet es den einmal selbst gesetzten spieltechnischen

Standard? Denn hat ein Spiel einen eigenen Standard gesetzt, bleibt allgemein die Alternative der Aufblähung, Stagnation oder Minimalisierung. Im schlechtesten Fall aber die der Verfremdung und der Migration des eigenen Charakters und Stils. Die vorgenommenen Änderungen alterieren GoWJ aber auf den ersten Blick nur insofern, als man auf ein vertrautes Chassis ein moduliertes Kontrollschema gelegt hat. Das Wesentliche von Gears of War bleibt erhalten, was ein Wertekriterium ist; Gears bleibt linientreu.

Mangelnde, aber letztlich im Shooter nicht zwingende Boss-Kämpfe, werden in GoWJ durch eine konstante Serie von Feindandrang und schweren Scharmützeln ausbalanciert. Der gegnerische Ansturm kann auf höheren Schwierigkeitsstufen so inbrünstig und penetrierend wirken, dass man nach nur einem Schritt aus der Plänklerlinie über den Haufen geschossen wird. Es marschiert sich also im altgedienten Stundenglas-Prinzip von Korridor zu Kesselkampf zu Korridor usw.

Im Gegeneinander von weiteren, großflächigeren Kampfplätzen mit freien Bewegungsmöglichkeiten und abrupten, beengten Stauungen in Schlauchräumen findet das Spiel seinen shooter-üblichen Modus Vivendi. Da aber der Feind von überallher ausschwärmen kann, stellt sich das Gefühl einer territorialen Überlegenheit bis zum Ende des Shoot-Outs nie gänzlich ein. Es schlängelt, krabbelt, stampft, rennt, fliegt, unbeherrscht auf einen zu und um einen herum - alles ist Front in GoWJ.

Das Spiel demnach aber zumindest auf dem Schwierigkeitsgrad "Hardcore" zu spielen, ist leider verpflichtend für eine zumindest annähernd immersive Spielerfahrung. Wenn der Spieler nicht unter Druck gerät, verdünnt sich ein virtueller Trimm-Dich-Pfad zu einem faden Spaziergang. Manche Spiele bieten diese Performance-Ansprüche und reizen gerade dadurch, ein nutzloses aber köstliches Können daran zu entwickeln.

Gerade durch seine oftmals hybride Verbindung von State-of-the-Art-Produkt und vorgeblicher Splatter-Primitivität, stellte sich die Frage der Massentauglichkeit von Gears of War von Anfang an und ist bis heute eine der bevorzugten Topics in den Spielerforen. Diese Frage kann alle möglichen Variationen durchlaufen, von wütend geführten Monologen über die Stärke und Ausbalanciertheit von Waffen, enttäuschten Jüngern, die über verlorene Grundprinzipien lamentieren, lauthals deklamierten oder erschöpfend ausformulierten Missverhältnissen der Multiplayer-Modi, bis zu nobel gemeinten Vorschlägen an die Hersteller, den selbst gedachten Idealzustand des Spiels herzustellen.

Letzten Endes geht es dabei immer um die Bewahrung oder Wiedereinrichtung eines vergangenen Zeitpunktes, um Nostalgie. Hat sich ein solcher Schleier einmal um ein Millionen Menschen gegenüber promiskes Massenprodukt gelegt, ist Gerechtigkeit im Urteil oft nicht zur Stelle. Dass ein Spielzeug verschleißt, wenn man es mit immer mehr Flegeln teilt, ist ja keine abseitige Annahme. Also beschützt man es - und wenn es einer in die Ecke werfen darf, dann nur man selbst.

Vier Spiele später hat GoWJ nun erstmals, wie bereits erwähnt, spürbar signifikante Veränderungen an die Spielmechanik gelegt. Da von der eingeweihten Gemeinde diesbezüglich Anlehnungen an die Joypad-Kontrolle bei Halo und Call of Duty sofort erkannt und umraunt werden, stellt sich sogleich das Spitze-Finger-Syndrom ein - mit großem Elan wird angezweifelt, dass gleich die beste aller Welten entstünde, wenn man mehrere erfolgreiche Rezepte anderer Spiele in einen Brei verrührt.

Auf den Fuß folgt der Aufschrei gegen die Kommerzialisierung, den Ausverkauf. Er bricht aus einer Art Fan-Stolz heraus, auf das miterlebte Original zu pochen. Dieser Hass aufs Neue ist aber Unsinn, der Unsinn des Vorwurfs der Kommerzialität einem Produkt gegenüber, das in der Herstellung zig Millionen kostet und welches somit ohne Gewinnerzielungsabsicht gar nicht verfügbar wäre. Gears of War hat, um es kurz zu machen, schon bei einem "Major Label" angefangen und sich dabei selbst von bereits bestehenden Spielen inspirieren lassen, auch wenn es in seinem ersten Teil zur "Lieblingsband" eines vermeintlichen Untergrund gekürt wurde.

Dass nun ein anderes (zwar durch Bulletstorm bekanntes, aber bisher franchise-fernes) Entwickler-Team namens People Can Fly zur Spielentwicklung von GoWJ ins Boot geholt wurde (und die ursprünglichen Head Honchos und bisherigen Repräsentanten des Spiels vor der Fertigstellung von GoWJ das Franchise verließen) ließ die Sorgen überkochen. Die Metapher vom sinkenden Schiff blieb da nicht aus.

Mir persönlich ist es egal, wer an den Reglern sitzt - solange gut abgemischt wurde. Innovation ist ein großes Wort im elektronischen Spielebereich, wo beinahe alles auf Übernahme bzw. Plagiat und nur stetigen (mehr oder weniger beachtlichen) Veränderungen oder Erweiterungen beruht. Innovationen im Medium des Shooters (ohne das Genre dadurch zugleich zu verlassen) sind noch restriktiver und ein noch größeres Wort.

Die in die Single-Player-Kampagne eingebundene Möglichkeit, vor jedem nächsten Abschnitt die Option einer bestätigten sog. Declassified Mission aktiv zu schalten, macht deutlich, was Gears of War von seinem Grundprinzip her auch ist, sogar eigentlich ist, nämlich ein Geschicklichkeitsspiel. Diese (der bevorstehenden Sequenz eine neue Schicht hinzufügenden) Add-Ons, lösen das ein, was in den Vorgängern nur zaghaft angedeutet wurde: die Einbindung der Umwelt ins Spielgeschehen, wie z.B. die in drei Minuten eintretende Giftgasstreuung oder die Sicht beinahe völlig verklebendes Staubgewirbel, die Reduzierung des Waffenarsenals auf mit wenig Schuss geladene Pistolen usw. Die Declassified Missions-Optionen geben einen aufs Schlachtfeld bezogenen Umstand und ein Ziel und sind so die jeweils eigentliche Erzählung der in GoWJ verhandelten Geschichte.

Hinzu kommt noch ein fragwürdiges und allzeit die Kampagne begleitendes Scoring- bzw. Sternsystem, das die Performance bewertet, sozusagen die Sportlichkeit in den Shooter einbindet. Dort werden die während des Kampfes "klassifiziert" gelandeten Kopftreffer, Hinrichtungen, "Gibs" (also alles anderweitige-Körper-zu-Überresten-verwerten, wie Granatsprengungen, Point Blank Verschroten, Mörserversenkungen etc.) zu Pluspunkten angesammelt und Abzüge durch Niedersinken oder eben ganz Krepieren gemacht. In einem Pulp-Katalog der Performance der Grausamkeit werden diese dann zur Füllung des Sternsystems zusammengebunden. Doch bei allem Hohn verleiht dieser Casting-Modus, dieses Judgment, dem Single-Player einen originellen Wiederspielwert und begünstigt ein aggressives, von Arcade-Spielen (respektive vom Arcade-Modus) beeinflusstes Gameplay.

Zusätzlich integriert GoWJ in den Single-Player den aus den Vorgängern bekannten Horde-Modus, das heißt, es übernimmt Elemente einer gleichzeitigen Offensive wie Defensive. Szenarien, in denen verschiedenen Angriffswellen standgehalten werden muss, gestalten sich durch das Hinzufügen eines taktischen Elementes (wie das der Bewahrung von Befestigungen, der Ausrichtung und Wartung mobiler Geschütztürme) den Spielfluss erfreulicherweise nicht hemmend, sondern sind vielmehr komplementär zum eben erwähnten Korridor- und Kesselkampf, der den Wechsel von Stockung und Halten zu Ausbruch und Raumnahme integriert.

Ist das Grundprinzip eines Spiels unverfälschbar, so wäre jede Verbesserung desselben

nur Ornament, ohne dem Original etwas Wesentliches hinzuzufügen. Zum Beispiel wurde Pac-Man nie "verbessert", und jede Fortsetzung und jedes "Upgrade" ließ das Original unangetastet von diesbezüglicher Politur. Fortsetzungsspielen bleibt demnach immer der schmale Grat zwischen Originaltreue und Entfremdung. Im Multiplayer von GoWJ geht es deshalb auch weiterhin um Aufspüren & Aushalten und/oder Ausschalten.

In den bisher verfügbaren Disziplinen gibt es nur das Jeder gegen Jeden, das Fünf gegen Fünf oder das Erobern, Halten oder Wiedererobern von blassem zu farbigem Rund. Wildes Geballer ist oft das Meiste daran. Die Überzeugungskraft eines Shooters liegt wohl zunächst in seinem "Realismus" bzw. dem Gefühl in eine glaubhafte Auseinandersetzung eingetaucht zu werden; dies bedeutet eine Vermittlung von drückender, gewalttätiger Nähe zu erschaffen, von der es sich zu befreien gilt.

Das ist die Natur von vielerlei Spiel. Dieses Gefühl im Gewand eines Shooters zu vermitteln, kann selbstverständlich auch in der Vermittlung eines z.B. Fantasy- oder Science-Fiction-Settings erreicht werden und hat nichts mit Wirklichkeit zu tun. Vielleicht in unterhaltsamer Art sogar nur in Form einer Fiktion; denn es kann a priori keinen realen Bildschirm-Shooter geben, sondern immer nur eine realistische Simulation.

Gears of War erlangt seinen spezifischen Realismus durch seine naturalistische Darstellung comichafter Bewegungsathleten, deren visköse Muskelmassigkeit im scharfen Gegensatz zu ihrer fluiden Beweglichkeit steht, wenn sie wie auf Schlittschuhen in Deckung gleiten, Purzelbäume schlagen, um in den Rücken des Feindes zu gelangen und seit Neuestem sogar von Stockwerken springen, um dumpf stöhnend und wuchtig aufzukommen.

In der spielbaren Mischung aus glaubhaft Verkörpertem und gleichzeitig notwendiger Distanz der Fiktion gelingt im Genre des First- oder Third-Person-Shooters manchen Spielen so eine verinnerlichbare Synthese, deren spielerische Organisation das Joypad zu einer Prothese der Auge-Hand-Koordination werden lassen kann - und der selbst choreografierte innere Körper-Actionfilm kann beginnen. So könnte das funktionieren.

Leider ist die vermeintlich soziale Geste der Hersteller, diese Spiele im Mehrspieler-Modus stetig weiter in eine maßgebliche Kooperations- und Kommunikationsebene zu zwingen, diesem Erlebnis nicht gerade zuträglich. Das Ungleichgewicht, die Anarchie wahllos zusammengewürfelter Teams, macht aus dem, was ein taktischer Shoot-Out sein könnte, ein verdrießliches Massaker, in dem nicht der geringste Moment von Funktionslust d.i. Flow aufkommen kann.

Ohne die Zugehörigkeit zu sogenannten Clans, einem eingespielten und zur Verfügung stehenden Team aus bekannten Waffenbrüdern oder einfach dem Glück der Begegnung mit guten Mitspielern, gestalten sich die aus einer schlichten Spiellaune heraus aufgenommenen Online-Matches zu häufig als einziges Missvergnügen derer, die eine schnelle, unverbindliche Sofa-Sitzung zu schätzen wissen.

Da Gears of War ganz allgemein eine flache Lernkurve und hohe Frustrationstoleranzanforderungen mit sich bringt, machen Probleme solcher Art den Zugang für viele nicht gerade zu einem längeren Aufenthalt. Darüber hinaus fügen die weiterhin üblichen und abträglichen Verbindungsprobleme ihren nicht zu leugnenden Teil zu einer eingeschränkten oder gar verunmöglichten Spielfreude bei.

Die Änderungen im Multiplayer und allgemein in den Waffenkontrollschemata sind, wie schon erwähnt, heftig und kontrovers in den Foren diskutiert oder denunziert worden. Anstelle der bisher üblichen Voreinstellung eines Anfangsarsenals von zwei gleichwertigen Waffen in Form einer Nahkampf- und einer Distanzwaffe wird man nun mit nur einer Waffe eigener Wahl und einer recht kraftlosen Pistole sowie einer von vier Handgranaten-Typen im Marschgepäck in den Kampf geschickt. Insgesamt wurde dieses Mal eine deutliche Betonung auf klassenbasiertes Gameplay gelegt, auch hier also ein weiteres Winke Winke und eine Anlehnung an erfolgreiche Titel wie zum Beispiel Team Fortress oder Battlefield`s Rush Mode.

Die vermutlich geläufigen wellenbasierten Betriebsarten aus den Vorläufern namens Horde und Beast wurden zu den Varianten Overrun und Survival modifiziert. In Overrun, einer Art Alamo im agonalen Gears-Universum, teilen sich die Opponenten in ein jeweils fünfköpfiges Team, zusammengesetzt aus entweder der Biodiversität des militanten Bestiariums der Locusthorde oder der Koalition der martialischen Regierungsangestellten.

Letztere sind in diesem Fall zum ersten Mal mit jeweils spezifischen Fähigkeiten wie Sanitäter, Scout, Mechaniker oder Munitionslieferant ausgestattet. Grundprinzip dabei ist, dass die unterschiedlichen Fähigkeiten der einzelnen Spielerklasse durch koordiniertes Teamwork zum Standhalten und Überleben der eigenen Mannschaft beitragen. Das Gleiche in Survival: Nur dass sich der Gegner hier, wie im ehemaligen Horde-Modus, als von der KI gesteuerter Kontrahent darstellt. Die ehemals möglichen 50 Wellen, die dort zu meistern waren, sind nun auf nur mehr 10 Wellen reduziert, in denen (zu Schutz und Trutz von Befestigungsanlagen) dem Ansturm des Gegners in immer heftigeren Wellen die Stirn geboten werden muss. Das verlorene Spielende beruht hier nicht auf dem Tod der immer wiederbelebten Spielerfiguren, sondern der durch jeden nicht parierten Angriff verringerten Widerstandsfähigkeit der zu beschützenden Gerätschaften, deren auf Null gesunkene Prozentanzeige zunächst das Zurückfallen der eigenen Einheit zum nächsten Verteidigungsring und beim dritten Mal die Niederlage im Stellungskampf bedeutet.

GoWJ kommt mit bisher jeweils 4 Maps für Versus-Modi und 4 weiteren für den Overrun/Survival-Modus. Letztere sind verschachtelt labyrinthartige Gelände und bieten wenig Raum für großflächiges Streufeuer oder panoptische Gebietskontrolle, erstere darüber hinaus mehrstöckige Arenen mit verwinkelten Gängen, engen Gassen, schmalen Passagen oder per Knopfdruck sich öffnenden Geheimgängen, in denen vor allem urplötzliche und nadelstichartige Konfrontationen stattfinden. Erstmals bietet sich auch die Möglichkeit, Maps per Luftlinie zu queren. Dies erweitert die Attraktionen im Themenpark der bisher nur weitestgehend horizontal beschießbaren Multiplayer-Maps: Eine Map beinhaltet z.B. die Möglichkeit einer Umrundung an Bord eines KI-gesteuerten Helikopters inklusive bedienbarem Standgeschütz, eine andere fügt ruckelnde Gondelbahnfahrten hinzu.

Leider setzt sich auch bei GoWJ der Wille zum Marktplatz in Form der Microsoft-Transactions immer weiter durch. Der bisherige im Spiel angebotene Inhalt in Form der 4-er Ko-Op-tauglichen Kampagne und der oben erwähnten jeweils lediglich 4 Maps für den Online-Gebrauch wird nicht lange auf seine bezahlpflichtigen Erweiterungen warten. Zusätzlich bieten sich dem willigen Kunden jetzt schon eine bisher noch überschaubare Zahl von Waffenfarben, -mustern und Rüstungskolorationen - letztlich immer noch uniforme Kriegsbemalungen von der Avatar-Stange.

Zu allem Überfluss gibt es sogar noch die Möglichkeit des Erwerbs einer erhöhten Akkumulation von sogenannten Erfahrungspunkten (sic!), die dem Spieler erlauben, schneller an freischaltbare Überraschungstruhen zu gelangen, tief in den Eingeweiden des eigentlich doch schon bezahlten Diskinhalts vergraben. Hach, Spielewelt . . . Alles also Dinge mehr kosmetischer und eigentlich unschöner Natur. Spaß kann man trotzdem dran haben. Das Online-Spiel ist voll von solchen, die zur Stelle waren, als der Marktplatz rief.

Als Gears of War 2006 erschien, beeindruckte es durch sein Konzept einer Anordnung neuer und vertrauter Eigenschaften sowie das Zusammenspiel seiner einzelnen Elemente im Kontext des Third-Person-Shooter-Genres. Zum Teil kinetische Kunst, zum Teil affektorientierter Schund, steht es bis heute für eine ebenso gespaltene Rezeption wie auch ein höchst bewegtes, nicht weniger affektbestimmtes Verhältnis zu den interessierten

Konsumenten. GoWJ sah nur anderthalb Jahre nach Teil 3 wie ein Schnellschuss aus, um die Kassen vor dem Generationswechsel der Konsolen noch einmal mit einer schwachen Selbstkopie klingeln zu lassen. Das finale Produkt in einer aussterbenden Konsolengeneration wirkt dann auch schlanker, ziselierter, sportlicher, aber schickt sich intelligent darin an, das Meiste aus etwas Weniger herauszuholen. Was es bleibt, ist ein kompetentes Action-Game bzw. Handlungsspiel, dessen Ereignis der eigene Körper in Form eines kontinuierlichen Aktionsbildes auf dem Bildschirm ist. Als Fortsetzungsteil, der sich gleichzeitig hinreichend konservativ für Liebhaber wie zureichend frisch für potenzielle Neuankömmlinge anfühlt, genügt GoWJ den einstmals selbst gestellten Ansprüchen und bietet praktisches und anspruchsvolles Handwerk.

Vielleicht ist die Erfahrung eines Spiels, welches in Serie geht, immer an die Erfahrung eines ersten Mals angeknüpft. Damit kann eine Begeisterung fürs Leben verbunden bleiben, eine subjektive Verbundenheit, die (nicht genau genommen) nicht diskutierfähig ist - gerade auch weil diese Spiele für jeden individuell völlig andere sein können. Was sind Deine favorisierten Spiel-Momente, wäre eine Frage, auf deren Antwort nie ein Urteil fallen dürfte. Daneben bleibt alles an der Frage hängen, wie sehr man sich von diesem oder jenem Spiel affizieren lässt und lassen kann. Doch insbesondere seinem Spielzeug muss man gerecht werden, denn welchen Sinn hätte Spielen sonst?

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