Klimapolitik: Ohne Gerechtigkeit geht es nicht
Seite 2: Fehlinvestitionen in fossile Energie
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Auf jeden Fall wird weltweit ein nicht unwesentlicher Teil der fossilen Infrastruktur noch vor Ende der ursprünglich geplanten Betriebszeit stillgelegt werden müssen. Darauf wies die kanadische Ökonomin Sarah Burch auf Twitter hin. Burch war eine der Lead-Autorinnen des Kapitel 17 ("Accelerating the transition in the context of sustainable development").
Bis 2030 wären bereits 76 Prozent der Kohle-Kapazitäten aus dem Verkehr zu ziehen. Ölförderanlagen, Pipelines, Raffinerien, LNG-Terminals je nach Land spätestens 2050. Ihre Schlussfolgerung: "Stop building new stuff!"
Vieles davon wird sich bis dahin noch nicht amortisiert haben. Schon jetzt sei klar, so die Vizevorsitzende der AG 3, Diana Ürge-Vorsatz aus Ungarn, dass in diesem Zusammenhang eine Billion bis vier Billionen US-Dollar abgeschrieben werden müssen.
Und dieser gigantische Berg an Fehlinvestitionen wird weiter wachsen, wie unter anderem die deutschen LNG-Pläne zeigen. Deren US-amerikanisches Gegenstück sind übrigens Vorhaben für den Bau von Verflüssigungsanlagen, die den Ausbau des LNG- oder Flüssiggas-Export nach Europa möglich machen sollen.
Überschießen
Die Fehlinvestitionen bauen natürlich einen enormen Druck auf. Die Versuchung liegt nahe, den Klimaschutz weiter hinauszuschieben und das Aufräumen nachfolgenden Generationen zu überlassen.
Zumal ohnehin schon jetzt klar ist, dass spätestens in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts der Atmosphäre CO₂ entzogen werden muss, um das Klima zu stabilisieren.
Doch das ist in zweifacher Hinsicht riskant. Zum einen, weil das umso schwerer fallen wird, je mehr Treibhausgase über das verträgliche Maß hinaus emittiert werden. Zum anderen, weil die Emissionen dazu führen werden, dass die Erde sich für einige Jahrzehnte über 1,5 Grad Celsius hinaus erhitzt.
Dieses Überschießen, das in einigen Pfaden ohnehin schon vorgesehen ist und vermutlich kaum noch zu verhindern sein wird, wird jedoch umso gefährlicher, je stärker es ausfällt. Viele Vorgänge im Klimasystem sind irreversibel und werden also nicht mehr rückgängig zu machen sein, jedenfalls nicht in den für Menschen relevanten Zeiträumen.
Außerdem wird das Einfangen von CO₂ alles andere als unproblematisch sein. Zum einen wird es großen finanziellen und energetischen Aufwand erfordern. Zum anderen wird es nicht ohne Konflikte möglich sein.
Verschiedene Konzepte kommen in Betracht. Eine Möglichkeit, die allerdings wirtschaftlich noch nicht ausgereift ist, wäre, CO₂ direkt aus der Luft zu filtern. Das würde jedoch einen erheblichen Aufwand an Energie erfordern.
Außerdem ist unklar, was mit dem so gewonnen CO₂ geschehen kann. Sinnvoll sind auf jeden Fall nur Lösungen, die es dauerhaft dem Klimasystem entziehen. Die gelegentlich diskutierte Verwendung für synthetische Kraftstoffe würde das CO₂ jedenfalls schnell wieder in die Luft entlassen und wäre auch aus energetischer Sicht vollkommen unsinnig.
Eine andere Möglichkeit wäre die Speicherung in geologischen Formationen, die bisher wenig erprobt und in Deutschland wegen ungeklärter Gefahren für die Grundwasserspeicher umstritten ist.
Mit diesem Problem hätte sich auch der sogenannte BECCS-Ansatz (Bio Energy Carbon Capture and Storage) herumzuschlagen. Die Idee dahinter: Im großen Stil Biomasse anbauen und zur Energiegewinnung verbrennen sowie das dabei entstehende CO₂ einfangen und einlagern.
Ein dritter Ansatz ist schließlich die Aufforstung, wobei klar ist, dass keiner der drei Ansätze allein ausreichen wird. Aufforstung und Biomassenproduktion konkurrieren zudem nicht nur miteinander, sondern auch mit Naturschutz und vor allem mit der Nahrungsmittelproduktion im Flächenverbrauch.
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