Klimaschutz: Widerspruch gegen die soziale Schieflage
Partei der dänischen Minderheit fordert mehr Entlastungen für die Bevölkerung: Ausbau von Wärmenetzen statt teurer Indivduallösungen. Warum der SSW im Bundestag sitzt.
Schleswig-Holstein, das nördlichste Bundesland, ist vom Klimawandel in besonderer Weise bedroht. Seine Westküste liegt vielfach nicht einmal einen Meter über dem mittleren Meeresspiegel und wird in den nächsten Jahrzehnten nur mit einer wiederholten Erhöhung der Deiche bewohnbar bleiben.
Langfristig wird aber auch das kaum nutzen, sollte der Meeresspiegel in den nächsten Jahrhunderten um neun oder noch mehr Meter ansteigen, wenn sich wesentliche Teile der Eismassen in Grönland und in der Antarktis auflösen sollten.
In Grönland allein lagert genug Eis, um den Meeresspiegel im globalen Mittel um 7,2 Meter ansteigen zu lassen. In der besonders leicht zu destabilisierenden Westantarktis sind es weitere 4,2 Meter und in der Ostantarktis gar noch einmal eine Eismasse, die über 50 Meter Anstieg der Pegelstände bedeuten würde.
Das sind allerdings Prozess, die sich über viele Jahrhunderte hinziehen wird. Es gibt allerdings Hinweise, dass während der Auflösung der großen Eismassen der letzten Eiszeit der globale Meeresspiegel zeitweise um bis zu zehn Meter pro Jahrhundert gestiegen ist.
Und es ist durchaus möglich, dass sich bei einer Erwärmung um zwei bis drei Grad über dem vorindustriellen Niveau die Eisschilde auf Grönland und in der Westantarktis im Verlauf mehrerer Jahrtausende nahezu vollständig auflösen werden. Was das für den Küstenverlauf bedeuten würde, kann man sich hier anschauen.
Klimageld nicht erst 2025
Keine akute Gefahr für die Küstenbewohner also, jedoch durchaus ungemütliche Aussichten, wenn man ein wenig langfristiger denkt. Zumal die Kraft und Höhe der Wellen insbesondere im Falle von Sturmfluten mit der Wassertiefe zu nimmt. Wenn der Meeresspiegel werden Sturmfluten also nicht nur wegen des höheren Wasserstandes, sondern auch wegen zunehmender Wucht der Wellen gefährlicher.
Vor diesem Hintergrund hat am Wochenende der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen und friesischen Minderheit im Land, auf seinem Parteitag die Bedeutung des Klimaschutzes für das Land zwischen den Meeren betont.
Der SSW weist aber zugleich auf die soziale Schieflage der Klimaschutzmaßnahmen hin. Wenn die Preise unter anderem durch die CO2-Besteuerung steigen, dann müsse das Geld an anderer Stelle den Bürgern zurückgegeben werden. Das Klimageld, die geplante Ausschüttung aus dem Klimafonds, dürfe nicht erst, wie von der Bundesregierung geplant, 2025 kommen.
Auch müsse der Mehrwertsteuersatz auf Gas und Fernwärme vorerst bei sieben Prozent bleiben und die Deckelung der Preise noch länger laufen. Außerdem fordert der SSW, dass die Netzentgelte auf mehr Schultern verteilt werden. In Schleswig-Holstein, das besonders viel Windstrom produziert und die Netze hat ausbauen müssen, um diesen auch in andere Bundesländer zu schaffen, seien die Entgelte besonders hoch.
Schließlich kritisierte der SSW-Landesvorsitzende Christian Dirschauer die „unsägliche Diskussion um das neue Heizungsgesetz“, die dem Klimaschutz einen Bärendienst erwiesen habe.
„Wer wirklich die Wärmewende solidarisch voranbringen will, statt auf kostspielige Individuallösungen zu setzen, der muss, überall, wo es möglich ist, auf den Ausbau von Wärmenetzen setzen“, so Dirschauer. Jenseits der Grenze, bei den dänischen Nachbarn, werden Wärmenetze bereits seit den 1980er Jahren ausgebaut und sind inzwischen längst auch in vielen Dörfern zu finden.
Der SSW ist nur durch den Abgeordneten Stefan Seidler im Bundestag vertreten. Als Partei einer nationalen Minderheit ist er von der Fünf-Prozent-Hürde befreit.