Klimawandel global: Ist das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar?

2023: 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit durchbrochen. Greifen internationale Klimaschutzabkommen überhaupt noch? Ein Kommentar.

Im Jahr 2023 lag die globale Durchschnittstemperatur erstmals ganzjährig über 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit. Die Folgen haben wir alle erlebt: Waldbrände, Dürren, Überschwemmungen, Tornados, Schäden in Milliardenhöhe. Ist das Pariser Klimaschutzziel damit gescheitert?

Klima-Alarm: Globale Temperaturerhöhung unumkehrbar?

Dieses Ziel der Pariser Weltklimakonferenz von 2015 besagt, dass die 196 Staaten die Erderwärmung auf "unter zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau" halten und "Anstrengungen" unternehmen sollen, um sogar 1,5 Grad zu erreichen.

Ist das Ziel also schon verfehlt, wenn wir 2023 bereits 1,54 Grad darüber liegen?

Nein, denn das Paris-Ziel bezieht sich auf einen langfristigen Zeitraum und nicht auf ein einzelnes Jahr. Das bedeutet: Langfristig müssen die Treibhausgase stark reduziert (Klimaneutralität) und noch langfristiger der Atmosphäre wieder entzogen werden (Klimapositivität). Technisch ist beides möglich. Wir müssen es nur tun.

EU-Green Deal: Revolution in der Klimapolitik?

So hat die EU-Kommission gerade beschlossen, die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu senken. "Ein beachtlicher Schritt" - schreibt der SPIEGEL zu Recht. Gerade in Kriegszeiten. Damit hat sich Ursula von der Leyen (CDU) mit ihrer Politik des "Green Deal" gegen die Bremser in der eigenen Partei durchgesetzt.

Doch wie immer gilt: Es sind Beschlüsse, aber noch keine Taten. Gerade im Verkehrs- und Gebäudebereich werden die Klimaziele oft verfehlt. Aber immerhin sind Klimaschutz und Green Deal nicht, wie von vielen befürchtet, unter die Räder gekommen.

Green Deal Finanzierung: Sternenhimmel oder Realität?

Die vollständige Finanzierung des ehrgeizigen Green Deal steht freilich noch in den Sternen. Die EU hat sich verpflichtet, bis 2050 als erster Kontinent klimaneutral zu werden.

Das Ende des Verbrennungsmotors bis 2035 ist beschlossene Sache. Klimapolitik geht eben nicht ohne staatliche Eingriffe – wie früher die milliardenschweren Subventionen für Kohle, Stahl und die alte Autoindustrie.

Der Ökonom Ottmar Edenhofer, Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, formuliert es in der Süddeutschen Zeitung so: Wir bräuchten "eine planetarische Müllabfuhr", wenn das Klima halbwegs menschenfreundlich bleiben soll.

Deutschlands letzte Chance im Klimaschutz?

Die aktuelle positive Nachricht für Deutschland: Die Bundesregierung hat endlich eine Kraftwerksstrategie beschlossen, die helfen kann, die deutschen Klimaziele noch zu erreichen.

Die aktuelle Negativmeldung: Der deutschen Solarindustrie geht es schlecht. Die wichtigsten Player wie Meyer-Burger, Heckler und Solarwatt stehen wegen der Billigkonkurrenz aus China kurz vor der Pleite. China hat seine Solarindustrie in den letzten Jahren mit 80 Milliarden US-Dollar gefördert, Deutschland will jetzt 45 Millionen bereitstellen.

Hinzu kommen gigantische Öko-Subventionen in den USA (380 Milliarden US-Dollar) kurz vor der Pleite oder vor der Abwanderung. Die unternehmerischen Sonnenfreunde hierzulande brauchen bessere staatliche Rahmenbedingungen.

Chinas Dominanz in der Solarbranche – Eine Gefahr?

Schon heute kommen 90 Prozent der in Deutschland installierten Solarmodule aus China. Haben wir schon vergessen, welche fatalen Folgen unsere Abhängigkeit von russischem Gas hat? 2023 wird China so viel Fotovoltaik installiert haben wie die ganze Welt ein Jahr zuvor: 217 Gigawatt. Die Preise für Solarmodule haben sich zwischen Januar 2023 und Januar 2024 halbiert. Wem die Zukunft gehört, ist klar.

Das Schicksal der deutschen Solarbranche scheint - wie schon vor 12 Jahren - besiegelt, wenn sich in der deutschen Politik diejenigen durchsetzen, die noch ein Brett vor der Sonne haben.

Solarindustrie vs. Automobilindustrie: Die Zukunft entscheidet

Dabei ist klar, dass die Solarindustrie in Zukunft volkswirtschaftlich wichtiger sein wird als die Automobilindustrie. Bis heute hat Deutschland eine weltweit anerkannte Spitzenstellung in der Solarforschung. Schon deshalb sollte die Ampel-Koalition der Abwanderung der Solarindustrie nicht tatenlos zusehen.

Um das 1,5-Grad-Ziel noch zu erreichen, brauchen wir auch eine starke deutsche Solarindustrie und einen solaren Durchbruch wie mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im Jahr 2000, das damals von über 70 Ländern in der Intention übernommen wurde. Deutschland ist erneuerbar, Europa ist erneuerbar, die Welt ist erneuerbar. Aber die Politik darf die Zukunft nicht verschlafen.

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