Klimawandel seit 50 Jahren verschleiert

Seite 2: Die Ölindustrie und die Klimaforschung

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Im Jahr 2016 zeigt sich der Klimawandel mit neuen Temperaturrekorden, den zerstörerischen Waldbränden in Kanada und einer neuen Hitzewelle in Indien recht offensichtlich. Das war nicht immer so, doch auch vor 50 Jahren gab widmeten sich bereits Wissenschaftler dem Treibhauseffekt durch CO2-Emissionen. Nach einer Recherche des Center for International Environmental Law (CIEL) gehörte die Ölindustrie zu den ersten, die die Tragweite der bevorstehenden Erderwärmung hätten einschätzen können. Das Institut hat über 100 Dokumente veröffentlicht, die die Forschungsaktivitäten der Ölindustrie belegen und gleichzeitig zeigen, dass die Unternehmen Lösungsstrategien verzögerten .

Ölraffinerie von ExxonMobil in Baton Rouge. Bild: Adbar/CC-BY-3.0

Seit 1946 finanzierte das von Ölkonzernen gegründete "Smokes and Fumes Committee" Forschung zur Luftverschmutzung. Nach Einschätzung des CIEL diente diese Finanzierung vor allem dazu "Wissenschaft und öffentliche Skepsis zu nutzen um Umweltbestimmungen zu vermeiden, die es für voreilig, kostspielig und unnötig erachtete". Das Komitee wurde mehrfach umbenannt und umstrukturiert, seine Aufgabe blieb aber weitgehend.

Spätestens 1968 ist die Erdölindustrie im Rahmen dieser Forschungsaktivitäten durch die Wissenschaftler Elmer Robinson und R.C. Robbins vor den langfristigen Folgen des Anstiegs der CO2-Konzentration in der Atmosphäre gewarnt worden. "Der Bericht warnte davor, dass ein Anstieg von CO2 zu steigenden Temperaturen auf der Erdoberfläche führen würde und dass ein bedeutender Temperaturanstieg wiederum zu schmelzenden Eisschilden, steigendem Meeresspiegel und potenziell zu ernsthaften Umweltschäden weltweit führen würde." Für die plausibelste Erklärung des CO2-Anstiegs hielten die Wissenschaftler die Nutzung fossiler Brennstoffe.

Robinson prognostizierte für das Jahr 2000 eine CO2-Konzentration von 400 ppm in der Atmosphäre und schätzte, dass der Wert bei Verbrennung aller zu dem Zeitpunkt bekannten fossilen Brennstoffe auf 830 ppm steigen würde.

Der Ölindustrie waren die Gefahren für die Menschheit also aus dieser und anderen Studien bekannt, dennoch nahm sie in einem darauffolgenden Bericht ans US-Innenministerium keinen Bezug auf die neuen Erkenntnisse. CIEL berichtet außerdem, dass bereits ab den 70er Jahren Patente für Technologien vorhanden waren, die die CO2-Emissionen hätten reduzieren können, so hielt Exxon etwa Patente für Brennstoffzellen. Die Patente wurden jedoch nicht umgesetzt. Stattdessen gab es durchaus Investitionen für die Anpassung an den Klimawandel, etwa Bohrinseln, die stärkeren Hurrikans standhalten würden. Dem amerikanischen Kongress, der eine Forschungsförderung zu Elektroautos auflegen wollte, versprach die Industrie, bereits mit deren Entwicklung beschäftigt zu sein. CIEL kommt zu dem Schluss:

Eine wachsende Menge in den letzten Jahren gesammelter Beweise zeigt, dass Exxon und andere Erdölfirmen zwar Kampagnen zur Leugnung des Klimawandels finanzierten, aber gleichzeitig, spätestens seit den 1980ern, über eine ausgereifte Klimaforschung verfügten. Wichtiger noch ist, dass die Beweise darauf hindeuten, dass die Ölfirmen ihre eigenen Unternehmensentscheidungen auf Grundlage der Klimaforschung trafen, während sie wissenschaftliche Ungewissheit und Klimaskeptizismus unter ihren Kunden, Behörden und der breiten Öffentlichkeit propagierten.

CIEL

Aufgrund dieses Betrugsverdachts haben Staatsanwaltschaften von vier US-Bundesstaaten Ermittlungen eingeleitet. Weitere Ermittlungen auf Bundesebene gegen Exxon und andere Firmen werden erwartet.