Können ethische Richtlinien KI-Einsatz in Unternehmen verbessern?

Marcus Schwarzbach
Lagerverwaltung mit automatisierten Robotik-, Lager- und Technologieverbindungen... durch Automatisierung im Produktmanagement,AI-Systeme für die Arbeit

(Bild: Oselote / Shutterstock.com)

KI-Nutzung in Unternehmen wächst schnell. Experten warnen vor blinder Technik-Euphorie. Können ethische Leitplanken die KI-Revolution ordnen?

In unterschiedlichen Branchen wird über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz berichtet. Das Robotikunternehmen Figure AI stellt dem Autokonzern BMW Roboter zur Verfügung und setzt auf ein neues Geschäftsmodell. Laut Firmenchef Brett Adcock sind jetzt Roboter geplant, die die stark strukturierten, industriellen Umgebungen mit KI-Hilfe verlassen und Privatpersonen helfen können. Bereits in diesem Jahr soll das Anwendungsfeld auf Einsätze in der Hausarbeit ausgeweitet werden.

Otto Group setzt auf KI-gestützte Produktentwicklung

Die Logistikbranche setzt "zunehmend auf KI-Systeme, die Planung und Prognosen optimieren, effiziente Routen berechnen oder Lagerbestände steuern", meldet das E-Commerce-Magazin.

Auch die Otto-Group betont die Bedeutung von KI in den Betrieben. Den gesamten Produktentwicklungsprozess will das Otto-Tochterunternehmen Bonprix digitalisieren, Designidee und Erfolgsprognose sollen per KI erfolgen. Die Erwartungen sind groß. "Wir sprechen von zwei bis drei Jahren, bis wir eine hohe Anzahl an Anwendungen in der täglichen operativen Arbeit sehen können", sagte Sebastian Walter, VP Digital & Consulting der Otto Group.

Dies wirkt sich auf Arbeitsplätze aus. Der IT-Spezialist Salesforce will in diesem Jahr keine weiteren Entwickler einstellen, erklärt Geschäftsführer Marc Benioff. Denn Investitionen in KI-Codingtools haben für eine Produktivitätssteigerung von 30 Prozent gesorgt.

Steigende Qualifikationsanforderungen durch künstliche Intelligenz

Der Vormarsch von KI wird von Beschäftigten skeptisch gesehen. Das zeigen Befragungen: Mit 23 Prozent glaubt knapp jeder vierte Befragte des aktuellen XING-Arbeitsmarktreport, dass es den eigenen Job in der derzeitigen Form in 15 Jahren nicht mehr geben wird.

"Talente müssen sich auf eine berufliche Koexistenz mit KI einstellen – und HR-Verantwortliche die Vorteile smarter Lösungen nutzen, um ihr Recruiting professionell und zukunftssicher aufzustellen", sagt Thomas Kindler, Managing Director von XING. "In vielen Bereichen sind Menschen tatsächlich unersetzbar."

Unsicherheiten verdeutlicht auch der HR-Report des Personaldienstleister Hays. 64 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass die Anforderungen an die Qualifikation der Angestellten mit der Entwicklung von KI zunehmen werden. 40 Prozent denken, dass manche Personen bald auf niedrig qualifizierte Tätigkeiten wechseln müssen, weil ihre Arbeitskraft durch KI ersetzt wird.

Vor Euphorie warnt Laura Crompton, Postdoktorandin an der Universität Wien. Sie sagt:

Führungskräfte könnten sich zu stark auf KI-Empfehlungen verlassen und ihr eigenes rationales Urteilsvermögen vernachlässigen. Besonders riskant wird es, wenn KI bereits vorhandene Vorurteile einfach übernimmt und weiter verstärkt.

Die Strategie ist entscheidend. Sie empfiehlt vorab die Klärung wichtiger Fragen:

Brauchen wir für diese Aufgabe wirklich eine KI? Gleichzeitig muss sichergestellt werden, dass alle Mitarbeitenden die nötigen Schulungen erhalten, um die Möglichkeiten und Grenzen sowie Chancen und Risiken von KI richtig einzuschätzen und zu nutzen. Dabei ist es besonders wichtig, dass KI ihre Entscheidungen transparent und nachvollziehbar trifft.

Die letzte Entscheidung müsste bei den Mitarbeitenden liegen, so die KI-Expertin.

Ethische Leitlinien für KI-Einsatz gefordert

KI-Ethik ist bedeutsam, denn so soll bereits bei der Datengrundlage gesteuert werden. Mit der Fähigkeit von KI, Entscheidungen auf der Grundlage von großen Datenmengen zu treffen, sollen ethische Standards und Prinzipien berücksichtigt werden. Dazu gehört Transparenz, sodass Entscheidungen nachvollzogen und überprüft werden können. Ebenso die Verantwortung für Entscheidungen und Antidiskriminierung, indem sichergestellt wird, dass KI-Systeme nicht diskriminierend sind.

Diese hohen Ansprüche werden kaum eingehalten. KI lerne aus historischen Daten, die von menschlichen Vorurteilen geprägt sind und so Diskriminierung verstärken kann. "Ein auffälliger Fall ist das KI-gesteuerte Einstellungsinstrument von Amazon, das männliche Bewerber bevorzugt und letztlich die Geschlechter-Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt verstärkt", erklärt Tuba Bircan von der Freien Universität Brüssel. Bei der Regulierung von KI müsse es deshalb mehr Transparenz geben.

"Statt die Mängel der KI als unvermeidlich hinzunehmen, setzen wir uns für proaktive Richtlinien und Rahmenbedingungen ein, die sicherstellen, dass die KI der sozialen Gerechtigkeit dient, anstatt sie zu untergraben", verspricht Bircan.

Die Vorteile der KI-Ethik betont Romain Lerallut, Head of Criteo AI Lab in Paris. "Bei der Entwicklung unvoreingenommener Algorithmen haben wir festgestellt, dass die Hinzufügung ethischer Einschränkungen die Ergebnisse verbessern kann, weil sie die KI zu besseren Entscheidungen anleitet". Denn KI erkenne "bestimmte Voreingenommenheiten nicht immer von selbst".

Durch klare Vorgaben beim Design können Systeme verbessert werden. "Ethische KI ist also kein Innovationshemmnis, sondern kann zu zuverlässigeren und effektiveren Lösungen führen", so Lerallut.