Konkurrenz der Systeme
Seite 5: Linux geht fremd: Emulatoren und Übersetzer
Wer bestehende Windows-Software unter Linux weiterhin verwenden will, hat verschiedene Möglichkeiten. Ein zuverlässiger, aber langsamer Ansatz ist die Erzeugung eines "PC im PC": Ein kompletter Rechner samt Festplatte, Sound usw. wird emuliert. Programme werden dabei meist auf einem sogenannten Festplatten-Image installiert, eine Datei, die der virtuelle Rechner für eine echte Festplatte hält. Somit kann man im virtuellen PC gefahrlos beliebig experimentieren, ohne das Wirtsystem in irgendeiner Weise zu beeinträchtigen.
Ein kommerzielles Paket für diesen Zweck ist VMWare, von dem es eine brauchbare Demo-Version gibt. Mit dem Rechner im Rechner kann man sowohl Linux unter Windows als auch Windows unter Linux installieren, oder auch andere Betriebssysteme samt Anwendersoftware. Natürlich muss man Windows als Original besitzen, um es im virtuellen PC unter Linux zu installieren. Nachteil des Ansatzes ist die relativ niedrige Performance, außerdem ist die simulierte Hardware meist von schlechterer Qualität als die echte, so dass z.B. 3D-Spiele nicht gut funktionieren. Immerhin kann man Word & Co. auf diesem Wege relativ problemlos unter Linux verwenden. Ein weiteres kommerzielles Paket namens Win4Lin verzichtet auf zuviel Hardware-Emulation, kann dafür aber nur Windows unter Linux emulieren - mit deutlichen Geschwindigkeitsvorteilen gegenüber VMWare, wie ein Vergleichstest des Linux Journal bestätigt.
Sowohl das 1994 gestartete Bochs-Projekt als auch sein Nachfolger Plex86, dessen Entwicklung eine Weile vom Distributor Mandrake finanziert wurde, bemühen sich, VMWare nachzueifern. Beide sind jedoch relativ beschränkt und eignen sich kaum für die Verwendung von Windows unter Linux. Anders funktioniert das Open-Source-Projekt WINE. Es übersetzt Windows-Funktionsaufrufe in ihre entsprechenden Linux-Gegenstücke und macht so einfache Windows-Anwendungen auf Anhieb lauffähig, ohne dass man hierzu eine Windows-Installation benötigt. Das Problem ist der gigantische Umfang der Windows-Funktionsbibliothek und die unzureichende Dokumentation. Tatsächlich müssen die WINE-Hacker sogar die Bugs der Windows-API nachprogrammieren, damit Programme, die unter Windows laufen, auch mit WINE wie vorgesehen funktionieren. Nichtsdestotrotz laufen gerade kleinere Win32-Applikationen wie mIRC ohne große Schwierigkeiten unter Linux, wobei die Konfiguration teils immer noch recht umständlich ist.
WINE vereinfacht außerdem die Portierung von Windows-Programmen nach Linux - statt große Teile des Codes neu zu schreiben, werden nur die Teile angepasst, mit denen WINE Probleme hat. Die resultierenden Anwendungen verhalten sich zwar nicht wirklich wie Linux-Programme, lassen sich aber meist in annehmbarer Geschwindigkeit benutzen. Außerdem ist aus WINE das bereits erwähnte kommerzielle CrossOver-Projekt für die Verwendung von Windows-Plugins unter Linux hervorgegangen sowie Transgaming für Linux-Spiele (s.u.).
Für Aufsehen hat auch die Ankündigung einer neuen Linux-Variante namens Lindows gesorgt. Unter der Führerschaft von Ex-MP3.com-CEO Michael Robertson will das Unternehmen ein Linux entwickeln, das Windows-Applikationen auf Anhieb problemlos ausführt, wobei derzeit noch unklar ist, welche Technologie zu diesem Zweck verwendet werden soll. Wenn Lindows aber auf einem der genannten Projekte aufsetzt, dürfte es sich als Flop entpuppen, denn diese sind schlicht noch nicht so weit, die Werbeversprechen zu erfüllen.
Neben Windows sollen natürlich noch andere Betriebssysteme und Rechner von Linux nachgeahmt werden. Emulatoren für Spielekonsolen und alte Heimcomputer wie den Amiga oder den C64 gibt es auch unter Linux, wenngleich die Emulatoren-Szene unter Windows etwas größer ist. Auch alte MacOS-Versionen lassen sich z.B. mit Basilisk II mit durchaus brauchbarer Geschwindigkeit zum Laufen bringen.