Kosmisches Rätsel: Wenn tote Galaxien plötzlich aufleuchten

Christian Kliver
Chime-Teleskop in Kanada

Chime-Teleskop in Kanada. Bild: Bluewaterdoggy, CC BY-SA 4.0

Tote Galaxien sollten eigentlich friedlich ruhen. Doch Astronomen haben jetzt einen gewaltigen Radioblitz aus einer uralten Galaxie empfangen. Was steckt dahinter?

Ein kurzlebiger, intensiver Ausbruch von Radiostrahlung, ein sogenannter Fast Radio Burst (FRB), wurde überraschenderweise in einer uralten, inaktiven Galaxie geortet. Die Erkenntnis stellt die bisherige Annahme auf den Kopf, dass FRBs nur bei der Geburt von Sternen entstehen.

FRB 20240209A wurde vom Chime-Teleskop in Kanada über mehrere Monate hinweg 22 Mal detektiert. Mittels eines Hilfsteleskops konnte der Ursprung in einer 11 Milliarden Jahre alten Galaxie identifiziert werden. Überraschend: Es handelt sich um die äußeren Regionen einer "toten" Galaxie, in der schon lange keine Sterne mehr entstehen, so das Portal Science News.

FRBs als kosmisches Rätsel

FRBs sind extrem energiereiche Ausbrüche von Radiowellen, die innerhalb von Millisekunden mehr Energie freisetzen als unsere Sonne in einem Jahr. Bisher nahm man an, dass sie von hoch magnetisierten Neutronensternen, sogenannten Magnetaren, ausgelöst werden. Diese können nur aus massereichen, kurzlebigen Sternen entstehen – in einer inaktiven Galaxie eigentlich undenkbar.

"Der Ursprung dieses FRB so weit außerhalb seiner Heimatgalaxie wirft Fragen auf, wie solch energetische Ereignisse in Regionen ohne Sternentstehung auftreten können", so Mitverfasserin Viswangi Shah von der McGill University.

Theorien auf dem Prüfstand

Die Entdeckung rüttelt an den Grundfesten der FRB-Forschung. Wissenschaftler müssen nun nach alternativen Erklärungen suchen, wie FRBs auch in alten Galaxien entstehen können. Eine Möglichkeit wären Verschmelzungen von Neutronensternen oder das Kollabieren von Weißen Zwergen.

Allerdings ist FRB 20240209A kein Einzelfall: Schon 2022 wurde ein Signal in der Randregion der Galaxie Messier 81 entdeckt, ebenfalls fernab jeglicher Sternentstehung. "Dieses Ereignis stellte die konventionelle Denkweise auf den Kopf und zwang uns, andere Entstehungsmechanismen für FRBs zu erforschen", erklärt Co-Autorin Wen-fai Fong von der Northwestern University laut dem Portal Futurism.

Ein Kugelsternhaufen als Quelle?

Die beiden außergewöhnlichen FRBs könnten laut den Forschern aus Kugelsternhaufen stammen – dichten Ansammlungen sehr alter Sterne, die Galaxien umkreisen. In der Enge eines Kugelsternhaufens könnten Sterne miteinander verschmelzen und so doch noch späte Magnetare bilden. Dies gilt es mit dem James-Webb-Weltraumteleskop zu überprüfen.

Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass auch alte Galaxien energetische Phänomene beherbergen können. Sie fordert etablierte Modelle der Sternenentwicklung heraus und eröffnet neue, spannende Forschungsperspektiven.

"Magnetare sind immer noch eine überzeugende Erklärung für FRBs", resümiert Erstautorin Tarraneh Eftekhari, "aber ihre Entstehung ist offenbar vielfältiger als gedacht." Um dem Rätsel der FRBs auf die Spur zu kommen, sind weitere Beobachtungen und Simulationen nötig.

Globale Puzzleteile der Weltraumerkundung

Die Ergebnisse sind ein Meilenstein für unser Verständnis der Sternen- und Galaxienentwicklung. Sie zeigen, wie wichtig internationale Kooperationen und der Einsatz modernster Teleskope für den wissenschaftlichen Fortschritt sind.

Zugleich erinnert uns die Studie daran, dass das Universum noch viele Geheimnisse birgt. Jede Entdeckung fügt dem Puzzle der Weltraumerkundung neue Teile hinzu – und wirft zugleich neue, faszinierende Fragen auf. Die Astronomie bleibt eine Wissenschaft voller Überraschungen.