Kosmogramm für ferne Intelligenzen
Seite 2: Drake Initiative
Das Arecibo-Abenteuer nahm seinen Anfang, als das (damals wie heute) weltgrößte teilbewegliche, im Durchmesser 305 Meter große Arecibo-Radioteleskops in Puerto Rico (USA) 1971 als Folge von Materialermüdung zu Bruch ging. Drei Jahre werkelten Ingenieure und Techniker an dem Gerät, bis es ihnen gelang, die Riesenschüssel optimal zu konfigurieren und die Messempfindlichkeit der Antenne deutlich zu erhöhen. Hatte das Teleskop vor den Umbauten noch eine Reichweite von 6000 Lichtjahren, um mit einem theoretisch gleichartigen extraterrestrischen Pendant in Kontakt zu treten, so steigerte sich der Empfangsbereich nach der Umrüstung um den Faktor zehn. Im Bereich des Radiospektrums erschloss sich mit einem Male (fast) die ganze Milchstraße als weitläufige Kommunikationslandschaft.
Für Frank Drake und einige Mitarbeiter des Arecibo-Teleskops war dies Inspiration genug, anlässlich der Wiedereinweihung des Observatoriums eine Feier zu organisieren. In seiner Funktion als Direktor des staatlichen Astronomie- und Ionensphären-Zentrums (NAIC) nahm Drake die Fäden der Organisation in die Hand. Als seine Sekretärin, Jane Allen, den Vorschlag unterbreitete, während der Feier eine Radiobotschaft an Außerirdische abzusenden, machte er sich unversehens an die Arbeit. Da der Zeitdruck enorm hoch war, scharte er ein dreiköpfiges Team um sich.
Informationen für Aliens
Binnen weniger Tage komponierte die vier Forscher ein Piktogramm, das sich aus insgesamt 1679 Zeichen zusammensetzte, die sich selbst wiederum auf 73 Reihen zu je 23 Zeichen verteilten. Sie verdichteten sich just zu dem legendären Bildzeichen, das innerhalb der SETI-Community derweil Kultcharakter hat.
Die wichtigsten Informationen platzierten Drake und seine Kollegen am oberen Anfang der Grafik: die Zahlen eins bis zehn im Dualsystem. Direkt darunter bildeten sie eine Zahlenfolge ab. Sie sollte die wichtigsten chemischen Elemente für die Ausbildung biologischen Lebens versinnbildlichen: Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Phosphor. Neben anderen Informationen wie etwa die Bevölkerungszahl der Erde im Jahr 1974, die sich damals auf (nur) vier Milliarden belief und die Auflistung der neun Planeten beinhaltete das Piktogramm auch Hinweise auf die Doppelhelix und DNA-Moleküle.
Als das bekannteste und am leichtesten zu zuordnende Motiv springt die menschenartige, geschlechtslose Figur ins Auge. Die letzte, am unteren Rand des Bildtelegramms platzierte Struktur symbolisiert ein Radioteleskop, genauer gesagt die Arecibo-Schüssel, den Absender des Funksignals.
Mathematik als universelle Sprache
Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass ein potenzieller außerirdischer Empfänger den Wort- und Bildpunkt-Strichlaut des Diagramms richtig versteht, vertraute Drake bei der Ausformulierung seiner interstellaren Depesche auf die universelle Sprache der Mathematik. Er nutzte einige Elemente der 14 Jahre zuvor entwickelten exolinguistischen Kunstsprache LINCOS.
LINgua COSmica (LINCOS) wurde von dem niederländischen Mathematiker Hans Freudenthal (1905-1990) entwickelt. 1960 stellte er die von ihm entwickelte logisch aufgebaute Kunstsprache LINCOS (lateinisch: LINgua COSmica) vor, die im Idealfall jede intelligente Lebensform - ob irdisch oder außerirdisch - verstehen sollte. LINCOS’ Struktur beruht auf mathematischen Aussagen und logischen Symbolen, sich selbst erklärende einfache Beispiele, auf die komplexere Codes folgen. "Zu Beginn [jeder Botschaft] sollten wir Fakten kommunizieren, von denen wir annehmen können, dass sie der Empfänger versteht", erklärte Freudenthal.
Quasi als Einleitung jeder übermittelten Botschaft erhält der Empfänger eine Art Wörterbuch in Form simpler Muster, die für Zahlen und einfache Rechenvorgänge stehen. Neben komplexeren mathematischen Formeln folgen Zeitangaben und Beispiele für richtige und falsche Aussagen. Obwohl Freudenthal offenließ, wie der Inhalt einer interstellaren Botschaft gestaltet sein sollte, war er sich doch wenigstens über die Art und Weise der Sendeart im Klaren. "Den Sound von LINCOS bilden Radiosignale von unterschiedlicher Länge und Wellenlänge."
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