Kosten für Ukraine-Krieg: Diskussion über Steuererhöhung

Bernd Müller

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Neuen Solidaritätszuschlag vorgeschlagen, um Kosten des Ukraine-Krieges und der geplanten Aufrüstung zu decken. Gewerkschaften und Linke wollen Vermögensabgabe.

Im Haushalt der Bundesregierung klafft ein dickes Loch: Rund 250 Milliarden Euro sollen an neuen Schulden aufgenommen werden. Die Sanktionen gegen Russland und die geplante Aufrüstung der Bundeswehr kosten – und an diesen Kosten könnten sich schon bald die Beschäftigten in Deutschland direkt beteiligen müssen: Eine Diskussion über Steuererhöhungen ist entbrannt.

Moritz Kraemer, Chefökonom der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), hatte kürzlich vorgeschlagen, den erst kürzlich abgeschafften Solidaritätszuschlag wieder einzuführen. Schließlich stehe der Bund durch den Krieg in der Ukraine und dem Klimawandel vor gewaltigen Herausforderungen. "Die Zeitenwende gibt es nicht zum Nulltarif", sagte Kraemer.

Zuletzt habe das Land nach der Deutschen Einheit solche "Herkulesaufgaben" vor sich gehabt. Die Energiewende müsste schließlich vorangetrieben werden, um unabhängig von russischem Gas zu werden. Außerdem müsse man damit rechnen, dass sich die Wirtschaftskrise durch die Sanktionen gegen Russland verschärfe, was wohl weitere staatliche Hilfen für Unternehmen, Beschäftigte und Verbrauer nötig machen könnte.

Und dann wolle die Bundesregierung auch noch mehr Geld in die Rüstung stecken. Es brauche auch mehr Geld für Straßen, Schienen und Schulen. "Es gibt so viele Notwendigkeiten, jetzt auf einmal." Und sie alle seien entstanden, "weil unsere Generation nicht richtig agiert" habe und Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen verschleppt habe.

Der Vorstoß wurde unterschiedlich aufgenommen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lehnte den Soli ab und forderte stattdessen, die finanziellen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine sollten vor allem von denen "mit den breiten Schultern getragen werden". Gegenüber dem rbb-Inforadio hatte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann gesagt, es brauche mehr Steuergerechtigkeit. "Wir müssen darüber reden, ob wir die Erbschaftssteuer wieder einführen, dass wir eine ordentliche Vermögenssteuer haben."

Die Linke nahm den DGB-Vorschlag begeistert auf, zeigte sich aber auch einem neuen Solidaritätszuschlag gegenüber offen. Man müsse dringend verhindern, dass die Kosten des Krieges in der Ukraine "auf die Menschen abgewälzt werden, die jetzt schon nicht wissen, wie sie ihre Rechnung bezahlen können", sagte Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler. Es sei richtig, die "Wiedereinführung der Erbschafts- und Vermögenssteuer" ins Spiel zu bringen.

Eine Vermögensabgabe sei ein Instrument sozialer Gerechtigkeit, so Schindler, aber man müsse jetzt auch wieder laut über die Wiedererhebung des Solidaritätszuschlags nachdenken. "Letztlich ist doch klar, dass die Ampelkoalition die Kosten des Ukraine-Krieges nicht einfach laufen lassen darf", erklärte Schindler weiter. Die Regierung müsse jetzt dringend einen Plan vorlegen, wie diese finanziert werden sollten.

FDP lehnt Steuererhöhung ab

Die FDP lehnte den Vorschlag dagegen ab. FDP-Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, machte deutlich, dass es mit seiner Partei keinen neuen Soli geben werde. Die Preise seien ohnehin schon in die Höhe geschossen und gerade Menschen mit kleineren Einkommen hätten mit dieser Belastung ohnehin schon schwer zu kämpfen.

Dem pflichtete der Bund der Steuerzahler bei. Dessen Präsident, Reiner Holznagel, hatte gegenüber der Rheinischen Post gesagt: "Die Idee, den alten Solidaritätszuschlag zu reaktivieren oder sogar einen neuen Soli einzuführen, beachtet nicht, dass die Steuereinnahmen weiter stabil gestiegen sind". Außerdem blende die Diskussion die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen völlig aus. "Schon über den bestehenden Soli muss das Bundesverfassungsgericht erst einmal befinden – damit sind viele Probleme verbunden", so Holznagel.

Danyal Bayaz (Grüne), Finanzminister von Baden-Württemberg, forderte zu einem Umdenken auf. Zwar seien Steuererhöhungen in der akuten Krise Gift für die Konjunktur, doch: "Wer aber einen Haushalt mit Rekordschulden in Höhe von fast 250 Milliarden Euro vorlegt und jede Debatte darüber, wer die Lasten dafür tragen soll, kategorisch ablehnt, lehnt verantwortungslos auf Kosten zukünftiger Generationen".

Zuspruch bekam Kraemers Vorstoss jetzt von einem der einflussreichsten Ökonomen Deutschlands, Marcel Fratzscher, dem Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Gegenüber t-online.de sagte er, der Staat brauche mehr Einnahmen und deshalb sei die Wiedereinführung des Solis prinzipiell eine gute Idee. Doch es sei nur die zweitbeste.

"Besser wäre eine faire Erbschaftssteuer, die Begünstigungen für große Erbschaften abschafft", so Fratzscher. Außerdem plädierte er dafür, die Grundsteuer deutlich anzuheben. "Dadurch hätte der Staat dauerhaft mehr Steuereinnahmen zur Verfügung." Gleichzeitig würden ärmere Haushalte nicht unnötig belastet.