Krieg ist kein Quartettspiel: Leopard-2-Panzer enttäuscht in Syrien
Die von den türkischen Streitkräften eingesetzte Waffe kann im Praxiseinsatz die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen
Der seit 40 Jahren in Serie gebaute Leopard 2 von Krauss-Maffei Wegmann wurde in 18 Länder exportiert - darunter in die Schweiz, nach Österreich, nach Schweden, nach Finnland, nach Norwegen, nach Dänemark, in die Niederlande, nach Kanada, nach Griechenland, nach Chile, nach Portugal, nach Polen, nach Ungarn und die Türkei. Zu diesem Exporterfolg trugen auch gute technische Werte des Panzers bei: Über 70 Tonnen Verbundpanzerung, 1.500 Pferdestärken, ein energiesparender Dieselmotor, eine Höchstgeschwindigkeit von 72 Stundenkilometern und eine 120-Millimeter-Rheinmetall-Glattrohrkanone mit 42 Schuss.
Kampferfahrung hatte der Leopard 2 trotz seiner 40 Produktionsjahre lange Zeit eher begrenzt. Im Kosovo-Krieg soll er lediglich Warnschüsse abgegeben haben und beim ISAF-Einsatz in Afghanistan fuhr das dort von Kanadiern und Dänen eingesetzte Gerät auf mehrere Sprengfallen, ging dabei aber nie ganz kaputt.
Alte sowjetische oder neue amerikanische Raketen?
Erst seit die türkischen Streitkräfte ab dem Herbst 2016 in mehreren Stufen in Syrien einmarschierten, ist der Panzer stärker im Praxiseinsatz gefordert. Und den Informationen von The National Interest nach haben sich die zwischen 2006 und 2014 ausgelieferten sehr teuren Maschinen dabei nicht als so widerstandsfähig und nützlich erwiesen, wie sich das türkische Militär das gewünscht hätte:
Schon bei der Schlacht um Al Bab, bei der es noch nicht gegen Kurdenmilizen, sondern gegen das IS-Kalifat ging, verlor die türkische Armee acht bis zwölf Leopard 2, was ihre Gegner auch durch Fotos dokumentierten. Ein Teil davon soll mit alten sowjetischen AT-7 Metis-, AT-5 Konkurs- und 9K111 Fagott-Panzerabwehrwaffen ausgeschaltet worden sein, die die Dschihadisten aus den Arsenalen der syrischen Armee geplündet hatten. Einige Beobachter mutmaßen aber, dass auch modernere amerikanische BGM-71 TOW-Panzerabwehrlenkwaffen an den Leopard-2-Zerstörungen beteiligt waren, die eigentlich an "moderate Rebellen" gehen sollten.
In einem Guerillakrieg muss man nicht nur mit Angriffen von vorne, sondern mit Angriffen von allen Seiten rechnen
Mindestens ein Leopard-2-Panzer ließ sich durch ein VBIED ausschalten - ein "Vehicle-Borne Improvised Explosive Device". Das ist ein kleiner oder großer gepanzerter Lastwagen, der mit Sprengstoff und einem selbstmordlüsternen Islamisten beladen wird. Anderen Leopard 2 wurden den Fotos nach ein relativ schwach gepanzerter Unterboden und verletzliche Seiten zum Verhängnis. Das konnte anscheinend auch deshalb geschehen, weil das Munitionsmagazin (anders als beim russischen T-14 Armata) vorne links in einem dieser relativ schwach gepanzerten Bereiche untergebracht wurde. Schlägt eine Lenkwaffe dort ein, dann zerstört sie den Leopard 2 buchstäblich "mit seinen eigenen Waffen". Wie ein Judo-Kämpfer, der die Kraft des Gegners für sich nutzt.
Dass es Kanadiern und Dänen in Afghanistan nicht ähnlich erging, lag auch daran, dass die Türken ihre Leopard 2 nicht in kombinierten Infanterie-Verbänden schützten, sondern aus vermeintlich sicherer Entfernung von der Front wie Artillerie nutzten. Einer Entfernung, die - wie sich herausstellte - für einen Guerillakrieg anscheinend nicht sicher genug war. Dass man in so einem Guerillakrieg nicht nur mit Angriffen von vorne, sondern mit Angriffen von allen Seiten rechnen muss, drang inzwischen auch zu den Leopard-2-Herstellern durch, die sich für das neue Modell Leopard 2A7V entsprechende Verbesserungen einfallen ließen.
Auch die türkische Staatsführung will von solchen Verbesserungen profitieren und hat neben einer verstärkten Panzerung die Nachlieferung eines Active Protection Systems (APS) gefordert, das tragbare Raketen frühzeitig erkennen und abfangen kann. Dass sie sich dieses Upgrade mit der Freilassung des Welt-Journalisten Deniz Yücel erhandelte, wurde in Medien oft berichtet, aber nie offiziell bestätigt. Nachdem sich die türkischen Aktivitäten in Syrien nicht mehr gegen den IS, sondern die kurdische YPG richten, wurde die vorher vom damaligen deutschen Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) zugesicherte Nachrüstung jedoch wieder unterbrochen.
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