LNG-Stillstand: Wird Europa zum Spielball amerikanischer Launen?
Europas Energiezukunft hängt am seidenen Faden der US-Politik. Der Stopp neuer LNG-Terminals wirft Fragen auf. Wird Europa zum Opfer geopolitischer Spiele?
Die US-Regierung hat Genehmigungen für neue LNG-Terminals auf Eis gelegt – und seitdem wird darüber diskutiert, welche Folgen diese Entscheidung für Europa hat. Die Meinungen gehen weit auseinander: Die einen warnen vor steigenden Gaspreisen, andere sehen die Entscheidung des Weißen Hauses gelassen.
Auswirkungen auf Europa: Zwischen Sorge und Gelassenheit
Kurzfristig seien keine Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in Deutschland zu erwarten, sagte Malte Küper, Energieexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln), gegenüber Focus online. Sollte der geplante Bau neuer LNG-Terminals aber tatsächlich gestoppt werden, würde sich die Versorgungssicherheit langfristig verschlechtern. "Dauerhaft höhere Gaspreise könnten die Folge sein", so Küper.
In der EU-Verwaltung sieht man der Entwicklung gelassen entgegen. Europa verfüge über genügend Gasreserven für die nächsten zehn Jahre und darüber hinaus. Die Entscheidung der USA werde "keine kurz- bis mittelfristigen Auswirkungen" auf die Versorgungssicherheit in Europa haben, erklärte ein Sprecher der EU-Kommission gegenüber Reuters.
Deutschlands Blick nach innen: Potenziale heben
Das heimische Potenzial wollen nun auch einige Politiker und Lobbyisten in Deutschland heben. Michael Kruse, energiepolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, sprach sich gegenüber dem Handelsblatt "für eine saubere und sichere Gasförderung in der deutschen Nordsee" aus.
Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, forderte die Bundesregierung auf, ihren Widerstand gegen den Ausbau der Gasförderung in Niedersachsen aufzugeben. Sie müsse jetzt schnell handeln, sonst drohten steigende Energiepreise.
Auch der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie (BVEG) plädierte dafür, dass sich die Bundesregierung jetzt "intensiver mit den Potenzialen der heimischen Förderung" auseinandersetzt und diese strategisch einbindet.
Wann der Gaspreis steigen könnte
Ob die Gaspreise in Deutschland und Europa tatsächlich steigen, hängt von vielen Faktoren ab. Wenn die Konjunktur in China und anderen asiatischen Ländern wieder anzieht, dürfte die Nachfrage auf dem Weltmarkt deutlich steigen. Sollte auch Kanada seine LNG-Projekte stoppen, könnte dies die Gaspreise weiter nach oben treiben.
Dagegen spricht, dass in den USA bereits eine Reihe von LNG-Projekten genehmigt und im Bau sind. Werden alle genehmigten Projekte realisiert, steigt die Exportkapazität bis Ende 2028 auf 700 Millionen Kubikmeter Erdgas pro Tag. Das wäre fast eine Verdoppelung der heutigen Kapazität.
LNG-Ausbau: Wenn sich Energiekonzerne um das Klima sorgen
Das ändert aber nichts daran, dass Unternehmen und Wirtschaftsverbände Zeter und Mordio schreien. ExxonMobil betonte, die Entscheidung der Biden-Administration schade den Bemühungen, klimaschädliche Emissionen zu reduzieren.
"Die Reduzierung der LNG-Produktion schadet dem Ziel, Netto-Null-Emissionen eher früher als später zu erreichen", sagte Exxon-Vorstand Kathy Mikells laut Bloomberg. Wenn Erdgas zur Stromerzeugung verbrannt werde, sei es um 50 Prozent sauberer als Kohle – trotz des hohen Energieaufwands bei der Verflüssigung.
Diese Aussage dürfte falsch sein. Die Auswertung von Satellitendaten hat ergeben, dass beim Fracking etwa 4,6 Prozent des Erdgases in die Atmosphäre entweichen. Methan, der Hauptbestandteil von Erdgas, ist 80-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid. Damit ist Fracking-Gas schmutziger als Kohle.
Biden zwischen Umweltschutz und politischem Druck
US-Präsident Joe Biden hat mit seiner Entscheidung, die Genehmigungsverfahren vorerst auf Eis zu legen, Umweltgruppen und Teile seiner eigenen Partei besänftigt. Im November hatten 65 demokratische Abgeordnete in einem Brief an das Energieministerium ein Moratorium für die LNG-Terminals gefordert.
Doch nun kommt Druck von den Republikanern. Sie wollen erreichen, dass das Moratorium wieder aufgehoben wird. In zwei Wochen soll es dazu eine Abstimmung geben, berichtet Reuters, und im Repräsentantenhaus werden dem Antrag gute Chancen eingeräumt. Im demokratisch kontrollierten Senat dürfte sie jedoch scheitern.
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