LNG-Terminal vor Rügen: Bürgermeister fordern Abkehr vom Projekt
Petition fordert Bundesregierung zum Stopp der "übereilten Pläne" auf. Furcht um Natur in Urlaubsregion. DIW warnt vor Überkapazitäten bei LNG-Infrastruktur.
Im zurückliegenden Jahr hat die Bundesregierung den Ausbau der LNG-Infrastruktur energisch vorangetrieben. Mehrere Importterminals für Flüssiggas wurden im Rekordtempo in Betrieb genommen. Weitere LNG-Terminals sind in Planung; doch nicht überall stoßen die Pläne auf Gegenliebe.
Auf der Insel Rügen erneuerten mehrere Gemeinden am Donnerstag ihre Kritik. "Wir fordern die Bundesregierung auf, die offenkundig überstürzten Pläne auszusetzen und einen breiten Dialog mit allen Interessengruppen und Experten in Gang zu bringen", heißt es in einer Erklärung, die von 34 Bürgermeistern unterstützt wird.
"Wir, die Bürgermeister, werden mit aller Entschiedenheit und den uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen das Projekt an Rügens Küste vorgehen", erklärten sie weiter. Außerdem gaben sie laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) den Start einer entsprechenden Petition bekannt.
Auch die Bürgerschaft von Stralsund sprach sich demnach gegen den Bau der LNG-Terminals aus. Der Dringlichkeitsantrag trägt den Titel "Stopp der Naturzerstörung vor Rügen und Lubmin". Mit ihm wird der Oberbürgermeister der Hansestadt aufgefordert, sich auf allen gebotenen Ebenen gegen das Projekt einzusetzen.
Begründet wird der Antrag damit, dass Stralsund das "Tor zur Insel Rügen" und deshalb von intakten Gewässern stark abhängig sei. "Die Errichtung der LNG-Terminals beeinträchtigt durch die damit verbundenen Umwelteinwirkungen auf empfindliche Weise das ökologische Gleichgewicht in der Region", heißt es in der Begründung weiter.
Der deutsche Energiekonzern RWE plant den Bau von zwei schwimmenden Plattformen, an denen schwimmende LNG-Terminals (FRSU) festmachen sollen. Sie sollen nur wenige Kilometer vor der Küste des beliebten Urlaubsortes Sellin im Südosten von Rügen entstehen.
Es ist ein ehrgeiziges Projekt, das alle bisherigen LNG-Terminals in Deutschland in den Schatten stellen würde. Wenn es eines Tages realisiert sein sollte, könnten mit ihm bis zu 38 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr importiert werden.
Damit würde es andere LNG-Terminals deutlich übertreffen. Zum Vergleich: Das im Dezember in Betrieb genommene LNG-Terminal in Wilhelmshaven kann bis zu 7,5 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr importieren.
Das Bundeswirtschaftsministerium beschwichtigte und verwies darauf, dass es sich nur um die Maximalkapazität der Anbindungsleitung handele. Das schwimmende Terminal solle aber eine deutlich geringere Kapazität haben. Außerdem befinde man sich noch mitten in der Projektplanung.
Rückendeckung bekamen die Bürgermeister aber vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Die Forscher stellten am Donnerstag eine Studie vor, in der sie zu dem Ergebnis kommen: Es ist nicht notwendig, alle angedachten Projekte auch zu realisieren.
In diesem Winter sei es nicht zu Engpässen gekommen und auch im Winter 2023/2024 sei nicht mit Engpässen zu rechnen, heißt es in der Studie. Auf dem Weg zur Klimaneutralität sei auch die Bedeutung von Erdgas rückläufig. Deshalb sei der Bau von manchen Terminals "weder energiewirtschaftlich notwendig noch klimapolitisch sinnvoll".
Die Forscher bezogen sich in ihrer Kritik allerdings nur auf LNG-Terminals, die an Land gebaut werden sollen. Sie verweisen mit ihrer Studie aber darauf, dass die Pläne der Bundesregierung zu Überkapazitäten bei der LNG-Infrastruktur kommen könnte.
Wohl auch deswegen fordern die Bürgermeister von der Bundesregierung "mehr Haltung und Ehrlichkeit, was das Vorhaben und seine Auswirkungen auf Natur, Landschaft und Ostsee betrifft".
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