Lobau-Autobahn: Stadt Wien lässt Protestcamp erneut räumen
- Lobau-Autobahn: Stadt Wien lässt Protestcamp erneut räumen
- Widerspruch aus Bevölkerung
- Wirtschaftliche Interessen und Verstrickungen
- Drohnen und Polizei gegen Proteste
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Bürgermeister treibt umstrittene "Stadtautobahn" voran und geht gegen Proteste vor. Selbst Minderjährigen wird wegen "mentaler Unterstützung" gedroht.
Mit vier auch aus den Bundesländern außerhalb Wiens zusammengezogenen Hundertschaften, Hundestaffeln, zwei Überwachungsdrohnen und Hubschraubern räumte die Wiener Polizei am Dienstag eine von Klima-Aktivist:innen seit Monaten besetzte Autobahnbaustelle in Hirschstetten, einem Ortsteil des 22. Wiener Gemeindebezirks im Nordosten Wiens.
Geht es nach Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), dann wird in ein paar Jahren eine neue Autobahn am Osten der österreichischen Bundeshauptstadt vorbeiführen. Diese Autobahn wird, sollte sie je fertiggestellt werden, in Form eines Tunnels quer durch die Lobau, den Wiener Teil des Nationalparks Donau-Auen führen. Deshalb wird das Projekt auch als Lobau-Autobahn bezeichnet.
Diese Lobau-Autobahn soll sich in das transeuropäische Verkehrsnetzwerk einfügen, und zwar in die Süd-Nord Routen TEN 25 und TEN 26, die vom Mittelmeer nach Danzig führen sollen. Mit dieser Anbindung möchte Wien seinen Wirtschaftsstandort als Logistikdrehscheibe fördern, neue Industrien im Großraum ansiedeln, bestehende Infrastrukturen wie den Flughafen und den Binnenhafen stärken und gleichzeitig auch der Immobilien- und Baubranche etwas Gutes tun.
Daneben hat die Lobau-Autobahn auch einen militärischen Aspekt, da alle von der EU geplanten TEN-Routen auch als strategisches Truppentransportnetzwerk geplant werden. In Zeiten wachsender geopolitischer Spannungen mit Russland erhalten da gerade die TEN-25 und TEN-26 Routen nach Polen zusätzliche Brisanz, vor allem da die TEN-Netze auch Truppentransporte "über die Grenzen der EU hinaus" ermöglichen sollen.
Wien stellt sich gegen Umweltministerin
Dumm nur, dass eine von Umweltministerin Eleonore Gewessler (Grüne) dem durch eine Evaluierung des österreichischen Straßenbauprogramms einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Neue Autobahnen seien in Zeiten der Klimakrise nicht mehr zeitgemäß, im Gegenteil gehöre der motorisierte Individualverkehr drastisch reduziert, heißt es in dem umfangreichen, 2021 veröffentlichten Papier. Ein Baustopp zahlreicher geplanter Projekte folgte auf dem Fuß, unter anderem auch für die Lobau-Autobahn samt Tunnel.
Doch die Stadt Wien will sich in dieser Frage nicht geschlagen geben. Da kommt gelegen, dass im 22. Gemeindebezirk, der Donaustadt, schon seit Jahrzehnten ein Autobahnzubringer in Planung ist – die so genannte "Stadtstraße", die von ihren Kritiker:innen aufgrund ihres mehrspurigen Ausbaus als "Stadtautobahn" bezeichnet wird. Doch ohne Lobau-Autobahn würde diese Stadtstraße "mitten im Nirvana" auf dem flachen Land in Niederösterreich enden, wie Bürgermeister Ludwig selber zugibt. Dennoch wird seit Anfang Februar gebaut.
Die Stadt verfolgt damit ein gemeinsam mit der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung entwickeltes Kalkül. Mit dem Bau der Stadtstraße soll Druck zum Bau der Lobau-Autobahn entwickelt werden. In einer Anfang 2022 veröffentlichten Zukunftsvereinbarung zwischen Wirtschaftskammer und der Stadt Wien werden sowohl die Stadtstraße als auch die Lobau- Autobahn als Schlüsselprojekt für die wirtschaftliche Weiterentwicklung Wiens im überregionalen Standortwettbewerb beschrieben. "Auch Straßenprojekte bilden zentrale Adern der Stadt", heißt es zum Beispiel auf Seite 36. Sie seien eine "zentrale regionale Infrastruktur für den Güterverkehr". Hier seien "insbesondere der Nordosten Wiens" und die Stadtstraße von "Bedeutung".
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