Lützerath: Der Unbeugsame

Seite 2: Chinas Sorgen

Auch die Steinkohle hat sich auf den internationalen Märkten erheblich verteuert.

Inzwischen lässt sich Strom in vielen Ländern günstiger mit Solar- oder Windanlagen produzieren. Auch ökonomisch ist es also inzwischen vielerorts, wie zum Beispiel in der Türkei, sinnvoller, neue Windräder aufzustellen oder Solaranlagen auf die Dächer zu schrauben, als weiter Kohlekraftwerke zu bauen

Mit 267 US-Dollar pro Tonne und einer Vervielfachung binnen Jahresfrist bewegt sich der Kohlepreis inzwischen auf höherem Niveau als während des Höhepunkts des Rohstoffbooms, der der großen Finanzkrise 2008 voranging. Die Wirtschafts-Nachrichtenagentur sieht die Ursache vor allem in der Kohleknappheit in China, dem mit Abstand weltweit größten Verbraucher.

Die ist wiederum die Folge von verschärften Unfallschutzauflagen, Transportproblemen durch die Sommerhochwasser im Norden und erhöhten Bedarfs aufgrund von Dürren im Süden. In deren Folge sind die Wasserstände in den Stauseen niedrig, was eine kleinere Leistung der Wasserkraftwerke bedeutet. Außerdem hat China aus politischen Gründen die Einfuhr australischer Kohle gedrosselt, aber das sollte keine Auswirkungen auf den Weltmarkt haben.

Russlands Schwierigkeiten

Schließlich erklimmt auch der Gaspreis auf den internationalen Märkten immer neue Höhen. Das Magazin The Economist zählt dafür eine Reihe von Gründen auf: Verhältnismäßig leere Speicher in Westeuropa, ein Mangel an Windstrom, was den Bedarf für Gaskraftwerke steigen lässt, Lieferengpässe in Russland.

Für Deutschland lässt sich ein höherer Bedarf der Gaskraftwerke in den letzten Monaten allerdings nicht feststellen, hier sprang eher die Kohle in die Lücke ein, die durch unterdurchschnittliche Winde und abgewürgten Ausbau der Windkraft entstand.

Die Speicher seien in Europa leerer, weil im vergangenen Winter mehr als in den Vorjahren verbraucht worden sei. Am Ende des Winters hätten die Speicherstände 25 Prozent unter dem historischen Durchschnitt gelegen. Hinzu kämen begrenzte Lieferungen aus Norwegen aufgrund von Arbeiten an der dortigen Infrastruktur.

Während hierzulande mancher Russlands Schwierigkeiten für vorgeschoben hält und böse Absichten vermuten möchte, verweist The Economist auf einen Brand in einer sibirischen Anlage, in der das Erdgas im Fördergebiet auf der Yamal-Halbinsel für den Transport vorbereitet wird. Außerdem habe das Land nach einem harten Winter zunächst die eigenen Speicher füllen müssen.

Erdgas aus Brandenburg?

In Deutschland nimmt die Förderung seit vielen Jahren ab und trägt nur noch einen Bruchteil zur Versorgung bei. Da wird der hohe Preis sicherlich Pläne beflügeln, neue Felder zu erschließen. Zum Beispiel im Norden Brandenburgs. Dort, an der Grenze zwischen Oberhavel und Uckermark, will ein niederländisches Unternehmen ein schon seit DDR-Zeiten bekanntes Gasvorkommen erschließen.

Der Antrag beim zuständigen Bergamt in Cottbus sei bereits gestellt, berichtet der Sender RBB. Zunächst geht es um eine Probebohrung. Bereits seit mehreren Jahren wird der Untergrund mit seismischen Methoden untersucht. Als Ergebnis wurde das Erkundungsgebiet deutlich verkleinert. Eine Probebohrung soll nun endgültige Klarheit bringen, ob sich die Förderung lohnen würde.

In den Ortschaften um das betroffene Gebiet setzt sich die Bürgerinitiative "Gegen Gasbohrungen" gegen die mögliche Förderung zur Wehr. Im Februar wurde eine entsprechende Petition an den Brandenburger Landtag in Potsdam übergeben.

Schon im April 2019 hatten in Zehdenick, dem Städtchen im Zentrum des Erkundungsgebietes, nach einem Bericht der Märkischen Oderzeitung 750 Menschen gegen das Vorhaben demonstriert.

Linkspartei will mehr Klimaschutz

Mehr Unterstützung könnte es dafür von der Linkspartei geben. Deren Parteivorstand hat nämlich aus der Bundestagswahl eine für die Klimabewegung erfreuliche Lehre gezogen. In einer ziemlich selbstkritischen Erklärung des Parteivorstands wird "der Einsatz für Klimagerechtigkeit" zu einem der "zentralen Politikfelder" der Partei erklärt

Eine Projektgruppe "Sozial-ökologischer Umbau und Klimagerechtigkeit" soll mit Mitgliedern des Vorstands und der Bundestagsfraktion eingerichtet werden und ein Plan zur Einhaltung der Pariser Klimaziele erarbeitet werden. Man gehe nicht davon aus, dass "die Maßnahmen der kommenden Bundesregierung geeignet sein werden, der Klimakatastrophe angemessen zu begegnen".

Damit hat sich die Partei klar positioniert und könnte die Lücke füllen, die die Grünen wohlmöglich als Regierungspartei lassen, wenn sie in einer Koalition mit FDP und SPD oder gar Union die klimapolitischen Erwartungen ihrer Wählerschaft herbe enttäuschen sollten. Vorausgesetzt natürlich auch die Parteiprominenz hält sich zur Abwechslung mal an die Beschlüsse und Programme.