Lungenkrebs: Wenn Nichtraucher die neue Risikogruppe sind

Christoph Jehle
Lunge mit Krebs-Symbol vor Stau in Beijing

Hintergrundbild "Stau und Smog in Beijing": Hung Chung Chih / Shutterstock.com / Grafik: TP

Trotz sinkender Raucherzahlen steigt die Zahl der Lungenkrebsfälle weltweit an. Immer mehr Nichtraucher erkranken. Ist die Luftverschmutzung schuld?

Ob es die Schockbilder auf den Zigarettenpackungen waren oder die Einsicht der Verbraucher? Vor 20 Jahren trat eine Rahmenkonvention der WHO zur Reduktion des Tabakkonsums in Kraft. Inzwischen rauchen weltweit deutlich weniger Menschen.

Vorreiter bei der Tabakprävention in Europa sind die Niederlande. In anderen Ländern stockt die Tabakprävention als Folge einer erfolgreichen Tätigkeit der Tabaklobby.

Bei Lungenkrebs, auch als Bronchialkarzinom bekannt, handelt es sich um bösartige Geschwülste, die aus dem Lungengewebe entstehen. In Deutschland gehört Lungenkrebs zu den häufigsten bösartigen Erkrankungen. Bei Männern ist es die zweithäufigste, bei Frauen die dritthäufigste Krebserkrankung.

Nach Schätzungen der WHO sterben jährlich sieben Millionen Raucher an den direkten Folgen und 1,3 Millionen weitere Menschen durch Passivrauchen. Im Jahr 2020 konsumierten 37,6 Prozent der Männer und 7,8 Prozent der Frauen Tabak. 1,4 Billionen Dollar entstehen laut WHO-Schätzungen jährlich an Kosten durch Erkrankungen aufgrund von Tabakkonsum.

Die Zeit, 25. Februar 2025

Das Plattenepithelkarzinom, als typischer Raucherkrebs, ist bei Männern deutlich auf einen Anteil von 29,4 Prozent gesunken. Bei Frauen sind es 17,1 Prozent, was einem leichten Anstieg entspricht. Die Abnahme des Plattenepithelkarzinoms wird auf die sinkende Zahl der Menschen, die rauchen, zurückgeführt.

Lungenkrebsfälle nehmen zu

Dass trotz erfolgreicher Tabakprävention jetzt die Zahl der Lungenkrebsfälle zunimmt, ist nur auf den ersten Blick erstaunlich. Lungenkrebs wird zwar traditionell mit Rauchen in Verbindung gebracht, doch neue Daten zeigen, dass immer mehr Nichtraucher von dieser Krankheit betroffen sind.

Wie die Internationale Agentur für Krebsforschung festgestellt hat, erkrankten im Jahr 2022 weltweit über 1,5 Millionen Männer und über 900.000 Frauen neu an Lungenkrebs.

Nach den Ergebnissen einer Studie, die im Fachmagazin The Lancet unter dem Titel "Estimated worldwide variation and trends in incidence of lung cancer by histological subtype in 2022 and over time: a population-based study" publiziert wurde, fällt dabei auf, dass der Anteil der Lungenkrebsfälle bei Nichtrauchern steigt. Insbesondere das Adenokarzinom wird vermehrt bei Nichtrauchern diagnostiziert.

Ein Adenokarzinom ist eine bösartige Veränderung des Gewebes, die in den schleimbildenden Zellen der Lunge entsteht, welche den Feuchtigkeitsfilm in den Lungenbläschen produzieren. Nur etwa 20 Prozent überleben die ersten fünf Jahre nach einer entsprechenden Diagnose.

Was in diesem Zusammenhang auffällt, ist die Tatsache, dass sich die Risikogruppen für Lungenkrebs inzwischen ändern. Immer mehr Nichtraucher, darunter immer mehr Frauen sowie Asiaten, werden Opfer dieses Krebsleidens. Lungenkrebs bei Nichtrauchern hat sich inzwischen zur fünfthäufigsten krebsbedingten Todesursache weltweit entwickelt.

Als Hauptursache für den Anstieg der Lungenkrebsfälle bei Nichtrauchern wurde inzwischen die Luftverschmutzung identifiziert. Besonders in China und ostasiatischen Ländern ist die Umweltverschmutzung ein beachtliches Problem. Daher haben nach der chinesischen Regierung auch andere Länder Ost- und Südostasiens den Umstieg auf die Elektromobilität ausgerufen.

Auch in Deutschland werden noch immer erhöhte Feinstaubwerte gemessen, die als Auslöser für Lungenkrebs gelten. Da der Umstieg auf E-Mobilität ins Stocken geraten ist, seit die Verbrenner-Lobby wieder die Oberhand gewonnen hat und das Fahren mit einem Verbrenner in Zeichen für Freiheit für die sich unterdrückt fühlenden Bundesbürger darstellt, wird sich die Gesundheitsbelastung hierzulande nicht reduzieren.

Die Umweltverschmutzung durch Feinstaub stellt somit noch immer eine erhebliche Herausforderung für die öffentliche Gesundheit, auch in Deutschland, dar.

Feinstaubbelastung und Passivrauchen als Krebsursachen

Diese Erkenntnis ist keinesfalls neu und wurde schon im September 2022 auf der Jahrestagung der European Society for Medical Oncology (ESMO) in Paris präsentiert und am 5. April 2023 unter dem Titel "Lung adenocarcinoma promotion by air pollutants" in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.

Zuletzt hatte die Weltgesundheitsorganisation in einer Beurteilung der gesundheitlichen Auswirkungen von Feinstaub darauf hingewiesen, dass eine gesteigerte Feinstaubbelastung mit schwerwiegenden Gesundheitsfolgen in Verbindung steht. Dabei geht es in der Hauptsache um die Gruppe "PM2,5" So werden die Bestandteile des Feinstaubs genannt, die kleiner als 2,5 Mikrometer sind. Die geltenden EU-Grenzwerte erscheinen der WHO nicht ausreichend.

In der öffentlichen Wahrnehmung noch viel zu wenig beachtet, ist das Gesundheitsrisiko durch Passivrauchen, dem Nichtraucher sich vorwiegend im privaten Umfeld auch gegen ihren Willen ausgesetzt sein können. So stellt die WHO fest, dass die eigenen vier Wände zu einer Hauptquelle für Passivrauchen, insbesondere für Kinder, geworden sind.

Neuen Daten der WHO zufolge sollen in einigen Ländern der Europäischen Region der WHO bis zu 60 Prozent der Kinder zu Hause Passivrauch ausgesetzt sein, was dies zu einem erheblichen Gesundheitsrisiko macht.

Auch Passivrauchen als Folge von elektronischen Zigaretten setzt das Umfeld schädlicher Chemikalien aus, die für die Betroffenen ein Gesundheitsrisiko darstellen. Nur ein zu 100 Prozent rauchfreies Zuhause kann die Gesundheit aller Haushaltsmitglieder wirksam schützen. In Zeiten, in welchen das Gesundheitssystem sich unter massivem Druck befindet, muss jede Gelegenheit ergriffen werden, die hilft, die Belastung zu reduzieren.