Machtkampf: Rügener protestieren weiter gegen LNG-Terminal
Der grüne Wirtschaftsminister möchte unbedingt klimaschädliches Frackinggas auf der Ostseeinsel anlanden. Doch Bewohner und Klimaschützer wehren sich. Und dann ist da noch das Verfassungsgericht.
Auf Rügen gibt es nach wie vor große Unruhe in der Bevölkerung wegen des dort bei Sassnitz im Insel-Norden geplanten Terminals für Flüssiggas. Telepolis hatte bereits mehrfach darüber geschrieben, zuletzt vergangene Woche. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) setzt, wie berichtet, alles dran, den Standort Mukran ins Beschleunigungsgesetz aufzunehmen.
Über Pfingsten findet auf der Insel ein Klimacamp des Netzwerks Ende Gelände statt, das besser durch seine Protestaktionen gegen den Braunkohleabbau im Rheinland und in der Lausitz bekannt ist, aber auch schon im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel eine ähnliche Aktion gegen die dortige Anlandestation für Flüssiggas organisiert hatte.
Am Pfingstsonntag soll es nun auf Rügen einen weiteren Aktionstag gegen das LNG-Terminal geben. Geplant ist unter anderem ein Konzert im Ostseebad Binz. LNG steht für Liquefied Natural Gas oder verflüssigtes Erdgas, das für den Transport in Spezialschiffen auf minus 161 bis minus 164 Grad Celsius heruntergekühlt wird, um es in speziellen Tankern transportieren zu können.
Vor der Insel und im Greifswalder Bodden, der sie im Südosten vom Festland trennt, befinden sich wichtige Laichgründe für Ostseefische. Sie gelten als eine der Kinderstuben des Ostseeherings. Außerdem ist die Meeresregion Lebensraum des akut vom Aussterben bedrohten Tümmlers, der einzigen Walart in deutschen Gewässern. Viele Insulaner befürchten, dass die Meeresfauna Schaden durch die Gastransporte der geplanten Pipeline aufs Festland nehmen könnte.
Der Hafen von Mukran, in dem das Gas angelandet werden soll, befindet sich zwischen Sassnitz und dem Ostseebad Binz, nur wenige Kilometer vom Nationalpark Jasmund entfernt, dessen Buchenwald von der Uneso als Weltnaturerbe anerkannt wurde. Zu befürchten ist, dass sich die neue Nachbarschaft auf den für die umliegenden Gemeinden wichtigen Tourismus negativ auswirkt.
Zweifel gibt es zudem, ob das Beschleunigungsgesetz, mit dem der Wirtschaftsminister die Terminals ohne Anhörungen der Bürgerinnen und Bürger und der Umweltverbände durchdrücken will, nicht eventuell verfassungswidrig ist. Außerdem ist strittig, ob die Anlagen für Deutschlands Versorgung überhaupt notwendig sind.
Und dann wäre noch zu diskutieren, ob der hohe Erdgasverbrauch in der Industrie, die fast 50 Prozent des deutschen Bedarfs für sich beansprucht, wirklich sein muss. Siehe hierzu auch „Wann hört die Industrie endlich auf, Energie zu verschwenden?“.
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