Machtkampf im Iran: Warum Proteste noch keine Revolution sind
- Machtkampf im Iran: Warum Proteste noch keine Revolution sind
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"Nieder mit der Diktatur", skandieren die Protestierenden. Doch die Führung im Iran wird weiter loyal unterstützt von Militär und religiösen Bevölkerungsschichten. Riskieren die Proteste einen Bürgerkrieg und regionale Destabilisierung?
Handelt es sich bei den politischen Ereignissen tatsächlich um eine Revolution, wie weit und breit angenommen wird? Im wissenschaftlichen Sinne des Wortes kann m. E. noch lange nicht von revolutionären Bewegungen die Rede sein. Es handelt sich bislang um eine Protestbewegung, die sich als nachhaltig erwiesen hat und Merkmale aufweist, die ganz sicher zu einer Veränderung der Machtverhältnisse in der islamischen Republik beitragen könnte.
Unter dem Slogan von Zan Sendegi Azadi (Frau, Leben, Freiheit) gibt es eine breite Einigkeit über die Abschaffung des Schleierzwangs und die Unterlassung der tagtäglichen Menschenrechtsverletzungen durch die Bassiji Miliz des Regimes. Einig sind sich auch alle mit dem Slogan "Nieder mit der Diktatur" über die Abschaffung der Diktatur in der islamischen Republik.
Diesen Protestbewegungen haben sich auch vereinzelte, unsystematische Streiks in verschiedenen Branchen und Landesteilen angeschlossen. Völlig unklar ist bisher jedoch, wie der Prozess von einer reinen Protestbewegung auf ein höheres Niveau der machtpolitischen Herausforderung der theokratischen Herrschaft ablaufen sollte.
Eine Protestgruppe im Iran, die sich "Straßenanführer" nennt, charakterisierte die Bewegung als eine von dezentral und bewusst unsystematisch agierenden Menschen, die sich alle als Leader verstehen und deshalb keine Führung benötigen. Sie werden insbesondere nicht angeleitet von im Iran beheimateten oder außerhalb Irans seit Jahrzehnten bestehenden politischen Gruppierungen, die vor sich hin dümpeln und über keine Massenbasis im Iran verfügen.
Das liegt daran, dass sie sich entweder in Abhängigkeit von den USA begeben haben oder nicht in der Lage waren, die Führung der islamischen Republik und deren Machtbasis politisch mit einer vom Volk mitgetragenen Alternative zu konfrontieren.
Ferner erwägt oder suggeriert diese Gruppierung eine nationale Armee, die angeblich im Begriffe ist zu entstehen. Spätestens an dieser Stelle zeigt sich m. E. die Naivität dieser Gruppe und vielleicht auch der Bewegung als Ganzes. Die Idee einer bewaffneten Machtergreifung durch eine eigene Armee mag angesichts des Erfolges der Revolutionsgarden während und nach der islamischen Revolution verlockend sein. Sie ignoriert jedoch die historischen Hintergründe der beiden Prozesse.
Das monarchistische Pahlawi Regime stützte sich hauptsächlich auf eine sehr starke Armee, die allerdings aus Soldaten bestand, die keinerlei Veranlassung hatten, das Regime zu schützen und dafür ihr Leben zu opfern.