Made in China 2035: Wie Beijing die USA überholen will
Volksrepublik holt mit Industriestrategie "Made in China" weiter auf. Experte sieht USA bis 2035 überholt. Kann Beijings ehrgeiziger Plan aufgehen?
Chinas herstellende Industrie könnte die Vereinigten Staaten in den kommenden 10 Jahren in wichtigen Schlüsselbereichen überholen.
Wie der ehemalige Vizevorsitzender des Nationalen Volkskongresses und früherer Präsident der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Lu Yongxiang, gegenüber der South China Morning Post erklärte würde "Made in China" bis 2035 "die USA überholen und an die globale Spitze aufsteigen".
"Made in China": Chinas Zehnjahresplan
Lu, bekannt für seinen Pragmatismus und Weitsicht als Maschinenbauingenieur, hat die langfristigen Entwicklungsstrategien der chinesischen Regierung maßgeblich mitgeprägt und war unter anderem Direktor des Expertenberatungsgremiums für das Programm "Made in China 2025".
Der 2015 verabschiedete Modernisierungsplan sieht vor, die Wertschöpfung der chinesischen Industrie massiv zu steigern und in wichtigen Bereichen die Technologieführerschaft zu übernehmen. Die Strategie gilt als Chinas langfristiger Zehnjahresplan und wird entsprechend im kommenden Jahr erneuert.
Wie Lu erklärte, könnte die neue Ära, in der die chinesische Wirtschaft auch in ihrer Größe die der USA überholen wird, ab 2035 eingeläutet werden.
Nach Angaben der chinesischen Regierung, die sich auf Statistiken der Weltbank beruft, hat Chinas verarbeitende Industrie bereits 2010 die der USA überholt, hinkt jedoch in Bezug auf Technologie und Produktqualität hinterher. Mit dem Zehnjahresplans "Made in China" soll diese Lücke geschlossen werden.
Viele Ziele bereits erreicht
Als Reaktion auf "Made in China 2025" haben sowohl die Trump- als auch die Biden-Administration Maßnahmen wie Handelszölle und Exportkontrollen für Halbleiter eingeführt, um Chinas Entwicklung zu bremsen. Dennoch zeigt eine Untersuchung der South China Morning Post, dass die meisten Ziele des Plans "Made in China 2025" bereits erreicht wurden.
Insbesondere der Aufstieg von High-Tech-Industrien wie Schiffbau, Elektrofahrzeuge, Drohnen, erneuerbare Energien und Industrieroboter verlief schneller als erwartet und übertraf die Konkurrenz aus den USA und anderen Industrieländern.
Trotz beachtlicher Erfolge, wie etwa der Sicherung von Aufträgen für den Bau von mehr als 1500 Großschiffen im vergangenen Jahr, sieht Lu vor allem bei der Produktion moderner Waffen noch Rückstände gegenüber den USA.
China hat zwar mehr als 200 J-20 Tarnkappenjäger produziert, liegt aber weit hinter der Zahl der von den USA hergestellten F-35 Kampfflugzeuge zurück. Auch im Bereich der Flugzeugträger liegt China mit nur zwei einsatzbereiten Trägern hinter den USA mit elf Trägern zurück.
Schmerzhafte Transformation
Dennoch befindet sich China inmitten einer schmerzhaften wirtschaftlichen Transformation, in deren Verlauf traditionelle Industrien wie Immobilien, Einzelhandel und fossile Kraftfahrzeuge schrumpfen, was zu erheblichen Arbeitsplatzverlusten führt. Auch die durchschnittliche Wertschöpfung eines chinesischen Arbeiters liegt noch deutlich unter der seiner US-amerikanischer Kollegen.
Lu argumentiert, dass die USA strategische Fehlentscheidungen getroffen haben, indem sie arbeitsintensive Produktion mit niedrigem Mehrwert in Entwicklungsländer verlagerten und sich auf die Aufrechterhaltung von Forschung und Entwicklung im Hochtechnologiebereich konzentrierten.
Beide Kandidaten im US-Präsidentschaftsrennen, sowohl Vizepräsidentin Kamala Harris als auch Ex-US-Präsident Donald Trump, haben die Wiederbelebung des verarbeitenden Gewerbes zu einem ihrer Hauptziele erklärt. Während Harris in High-Tech-Industrien wie Chip- und Luftfahrtindustrie investieren will, versprach Trump radikale Maßnahmen, um Produktionsarbeitsplätze ins Land zurückzuholen.
Soviel steht fest: Der Wettlauf um die industrielle Vorherrschaft zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt ist längst entbrannt.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob Beijings ehrgeizige Pläne, das eigene Produktionsniveau auf Augenhöhe mit den USA zu bringen, inmitten zunehmender globaler Krisen und Spannungen bestand haben. Momentan deutet jedoch vieles darauf hin.