Mars-Ozean: Chinas Rover entdeckt Hinweise auf uralte Strände
Der chinesische Rover "Zhurong" war von Mai 2021 bis Mai 2022 auf dem roten Planeten aktiv
(Bild: 中国新闻网/Commons)
Der Rover "Zhurong" hat Spuren eines früheren Ozeans entdeckt. Die Strukturen erinnern an irdische Strände. Forscher hoffen auf neue Erkenntnisse über Marsgeschichte.
Auf dem Mars könnte es nicht nur Seen, sondern auch Ozeane und Strände gegeben haben. Wie Daten des chinesischen Marsrovers "Zhurong" zeigen, die von Wissenschaftlern im Rahmen einer neuen Studie ausgewertet wurden, gibt es auf der Oberfläche des Planeten Hinweise auf urzeitliche Strände.
Die Ergebnisse basieren auf einer Auswertung von Radarbildern und wurden im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS) veröffentlicht.
Radar offenbart Schichten von sandigem Material
Der Rover "Zhurong" war im Mai 2021 im Rahmen der chinesischen Tianwen-1-Mission auf dem Mars gelandet und rund ein Jahr lang auf der Nordhalbkugel des Planeten in der Region Utopia Planitia unterwegs.
Dabei legte er eine Strecke von etwa 1,9 Kilometern zurück, bevor er im Mai 2022 den Kontakt zur Erde verlor.
Während seiner Mission setzte "Zhurong" Bodenradar ein, um bis zu 80 Meter tief in den Marsuntergrund zu blicken. Die dabei gewonnenen Radarbilder offenbarten in einer Tiefe von 10 bis 35 Metern dicke Schichten von Material mit sandähnlichen Eigenschaften.
Die Schichten waren durchgehend in einem Winkel von etwa 15 Grad geneigt – vergleichbar mit Stränden auf der Erde knapp unterhalb der Wasserlinie.
Die Forscher kartierten diese Strukturen über eine Strecke von 1,2 Kilometern entlang der Route des Rovers. Auf der Erde hätte die Bildung von Strandablagerungen dieser Größe Millionen von Jahren gedauert, erklären die Wissenschafter.
Dies deute darauf hin, dass es auf dem Mars lange Zeit einen großen Wasserkörper mit Wellengang gab, der von Flüssen aus umliegenden Hochländern mit Sedimenten gespeist wurde.
"Die Strände wären durch ähnliche Prozesse wie auf der Erde entstanden – durch Wellen und Gezeiten", sagte Studienautor Hai Liu von der Universität Guangzhou gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.
Solche Ozeane hätten das Klima des Mars tiefgreifend beeinflusst, die Landschaft geprägt und Umgebungen geschaffen, die möglicherweise für die Entstehung und Entfaltung von Leben geeignet waren.
Küstenregionen begünstigen Entstehung von Leben
"Küstenregionen sind hervorragende Orte, um nach Hinweisen auf vergangenes Leben zu suchen", ergänzt Planetenforscher Michael Manga von der University of California in Berkeley. "Man geht davon aus, dass das früheste Leben auf der Erde an Orten wie diesem begann, nahe der Schnittstelle von Luft und flachem Wasser."
Die Forscher schlossen andere mögliche Erklärungen für die entdeckten Strukturen aus. "Wir haben auch windgetriebene Dünen in Betracht gezogen, aber es gab ein paar Probleme.
Erstens treten Dünen tendenziell in Gruppen auf, und diese Gruppen erzeugen charakteristische Muster, die in diesen Ablagerungen nicht vorhanden sind", erläutert Geowissenschafter Benjamin Cardenas von der Penn State University.
Auch urzeitliche Flüsse, die an einigen nahe gelegenen Orten auf dem Mars existieren, sowie Lavaströme kommen laut den Forschern nicht als Erklärung für die beobachteten Muster infrage. "Strände passen einfach am besten zu den Beobachtungen", so Cardenas.
Meerwasser verlor sich im Weltraum und Untergrund
Die Erde, der Mars und die anderen Planeten des Sonnensystems entstanden vor rund 4,5 Milliarden Jahren. Das bedeutet, dass der hypothetische Mars-Ozean etwa eine Milliarde Jahre nach der Entstehung des Roten Planeten verschwunden sein muss, als sich das Klima dramatisch veränderte.
Die Wissenschafter vermuten, dass ein Teil des Wassers in den Weltraum entwich, während große Mengen im Untergrund eingeschlossen blieben.
Eine Studie aus dem vergangenen Jahr, die auf seismischen Daten der Nasa-Mission "InSight" basierte, kam zu dem Schluss, dass sich tief unter der Marsoberfläche in zerklüftetem Magmagestein ein riesiges Reservoir an flüssigem Wasser befinden könnte.
Seit Jahrzehnten nutzen Wissenschafter Satellitenbilder, um auf der Marsoberfläche Strukturen zu identifizieren, die einer Küstenlinie ähneln. Allerdings könnten derartige Spuren an der Oberfläche durch Milliarden von Jahren Winderosion oder andere geologische Prozesse ausgelöscht oder verzerrt worden sein.
Dies ist bei den neu entdeckten Strukturen nicht der Fall, da sie im Laufe der Zeit unter Material begraben wurden, das durch Staubstürme, Meteoriteneinschläge oder Vulkanismus abgelagert wurde. "Sie sind wunderbar erhalten, weil sie noch im Marsuntergrund vergraben sind", sagt Cardenas.
Die Daten von "Zhurong" liefern damit einen weiteren Baustein in der Debatte um einen möglichen Mars-Ozean. Die chinesischen und US-amerikanischen Forscher erhoffen sich davon neue Erkenntnisse über die Vergangenheit und die potenzielle Lebensfreundlichkeit des Roten Planeten. Weitere Untersuchungen sollen folgen.