"Maßnahmen-Bazooka": China startet umfangreiches Konjunkturpaket

Panorama der Stadt Shenzhen

Panorama von Shenzhen: Die Konjunkturaussichten haben sich eingetrübt

(Bild: Julythese7en/Shutterstock.com)

Chinas Wirtschaft kämpft mit verhaltenem Wachstum. Jetzt kündigt die Regierung in Beijing ein umfangreiches Konjunkturpaket an. Doch es bleibt offen, ob die Schritte reichen.

Chinas Wirtschaft hat sich bisher eher mit verhaltenem Wachstum aus der Coronakrise hervorgekämpft. Am Dienstag hat die Regierung in Beijing ein umfangreiches Konjunkturpaket angekündigt.

Wie die South China Morning Post unter Berufung auf hochrangige Regierungsvertreter berichtet, beinhaltet das Paket unter anderem eine Senkung des Mindestreserve-Satzes für Banken sowie Erleichterungen im Immobiliensektor. Die Zeitung sprach gar von einer "Maßnahmen-Bazooka". Was steckt dahinter?

Änderungen auf dem Kredit- und Immobilienmarkt

Die Neuerungen sehen vor, dass der Mindestreservesatz – also das Kapital, das Banken als Reserve vorhalten müssen – sowie der Hypothekenzins für bestehende Wohnimmobilien um einen halben Prozentpunkt gesenkt werden.

Pan Gongsheng, Gouverneur der chinesischen Zentralbank (PBOC), erklärte, dass auch Unterstützungsmaßnahmen für den Erwerb von Grundstücken durch Immobilienunternehmen geplant seien. Dazu gehöre die Vergabe von Krediten an qualifizierte Unternehmen, um den Grundstücksbestand zu revitalisieren und den finanziellen Druck auf den Immobiliensektor zu verringern.

Entlastung für Haushalte

"Die Senkung der bestehenden Hypothekenzinsen wird voraussichtlich 50 Millionen Haushalten oder 150 Millionen Menschen zugutekommen und die Zinsaufwendungen der Haushalte um durchschnittlich etwa 150 Milliarden Yuan (ca. 19 Milliarden Euro) pro Jahr senken, was den Konsum und die Investitionen auf effiziente Weise ankurbeln wird", sagte Pan.

Pan bekräftigte seine Unterstützung für einen Sonderfonds in Höhe von 300 Milliarden Yuan (38 Milliarden Euro). Dieser wurde im Mai eingerichtet, um lokale Regierungen dabei zu unterstützen, unverkaufte Häuser aufzukaufen und in Sozialwohnungen umzuwandeln. Das Darlehen, das zu 60 Prozent von der Zentralbank finanziert wird, soll laut Pan auf 100 Prozent aufgestockt werden.

Stabilisierungsfonds für Aktienmarkt

Zudem soll der Zinssatz für siebentägige Rückkaufvereinbarungen von 1,7 Prozent auf 1,5 Prozent gesenkt werden. Dies könnte die mittelfristige Kreditvergabe und den primären Kreditzins um 0,2 bis 0,25 Prozentpunkte senken. Pan wies darauf hin, dass die Zentralbank einen reibungslosen Zinsübergang sicherstellen wolle, um die Nettozinsmargen der Geschäftsbanken zu stabilisieren.

Darüber hinaus plant die PBOC die Einrichtung eines staatlich unterstützten Stabilisierungsfonds, mit dem das Vertrauen in den Aktienmarkt gestärkt werden soll. Außerdem sollen die Anzahlungsanforderungen für den Kauf einer zweiten Immobilie von 25 Prozent auf 15 Prozent gesenkt werden.

Lynn Song, Chefvolkswirt für Greater China bei ING, sieht die Maßnahmen als Schritt in die richtige Richtung und rechnet mit weiteren Lockerungen in den kommenden Monaten.

Positive Reaktionen an den Börsen

Die Ankündigung der Maßnahmen führte zu deutlichen Reaktionen an den Aktienmärkten. Der Hang Seng Index in Hongkong stieg am Dienstagmorgen um 2,5 Prozent, der Hang Seng Tech Index sogar um 3 Prozent. Auch der Shanghai Composite Index legte um 1,5 Prozent zu.

Julian Evans-Pritchard, Leiter China Economics bei Capital Economics, bezeichnete das Paket als das "größte Konjunkturprogramm der PBOC seit Beginn der Pandemie". Dennoch könnte es allein nicht ausreichen, um die wirtschaftliche Dynamik nachhaltig anzukurbeln.

Das Konjunkturpaket ist eine Reaktion auf die zunehmenden Forderungen nach einer Stabilisierung der nachlassenden Wirtschaftsdynamik in China. Insbesondere die anhaltende Immobilienkrise belastet die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Durch die Senkung des Mindestreservesatzes soll dem Markt Liquidität in Höhe von rund 1 Billion Yuan (128 Milliarden Euro) zugeführt werden.

Wachstumsziel auf der Kippe

Zhu Tian, Wirtschaftsprofessor an der China Europe International Business School in Shanghai, gab zu bedenken, dass geldpolitische Lockerungen allein nicht ausreichen.

Es sei notwendig, die Markterwartungen in Bezug auf zukünftige Unterstützung zu stärken und die Fiskalpolitik zu stärken, um die Liquiditätsprobleme der lokalen Regierungen und Entwickler sowie die Rentabilität verschiedener Unternehmen in den Griff zu bekommen, sagte Zhu.

Zuvor hatte Präsident Xi Jinping bereits die Erwartungen gedämpft. Das Wachstumsziel von "rund 5 Prozent" des Bruttoinlandsprodukts scheint nun nicht mehr als feste Marke zu gelten, sondern es werde sich "bemüht", das Ziel noch zu erreichen.