Maulkorb: Erstaunliche ARD-Zensur bei der Energiewende
Seite 2: Kein Wahlkampfthema und Anreiten gegen Windmühlen
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Die schwerwiegendste Manipulation findet aber bei der Relevanz statt. Klimaschutz und Energiewende sind nämlich weiter ein Randthema in der Berichterstattung, auch wenn es aufgrund der Klimaproteste und Ereignissen wie dem Dürresommer 2018 eine aufsteigende Linie gibt.
So hat eine aktuelle Analyse der Universität Hamburg herausgefunden, dass Klimawandel im öffentlich-rechtlichen Fernsehen kaum vorhanden ist – trotz der immer eindringlicheren wissenschaftlichen Warnungen vor dem Klimakollaps, den erschreckenden Studien über die schneller als erwartet voranschreitende Klimakrise, den zunehmenden Wetterextremen und ihrer verheerenden Folgen überall auf der Welt, des extremen Zeitdrucks, durch eine politische Wende das Schlimmste, also eine Erhitzung über 1,5 bis zwei Grad Celsius in diesem Jahrzehnt, noch zu verhindern, den drängenden Aufforderungen vom UN-Generalsekretär und dem Papst sowie der anhaltenden Untätigkeit der Regierungen, auch der deutschen, den Kurs zu ändern.
Der "prozentuale Anteil der Sendeminuten zum Thema im Großteil des Programms", stellt die Hamburger Medienanalyse fest, sei insgesamt "sehr gering". Vor allem in Nachrichtensendungen und die Polittalkshows glänzt die Klimakrise durch Abwesenheit.
Lediglich bei Großveranstaltungen wie den UN-Klimakonferenzen und Aktivitäten von Fridays for Future nehme die Berichterstattung etwas zu, so die Autor:innen der Studie.
Damit wird ein fataler Trend, wenn auch auf leicht gehobenem Niveau, fortgesetzt. Denn seit dreißig Jahren versagen die Medien bei dem historischen Thema, wie zahlreiche Untersuchungen dokumentieren.
Klimaschutz war nie ein Wahlkampfthema und wurde auch in der Wahlkampfberichterstattung nicht berücksichtigt. Die mediale Aufmerksamkeit, die die Klimakrise erhielt, war zu keinem Zeitpunkt in der Vergangenheit auch nur annähernd der Dimension des Problems angemessen.
So untersuchte der damalige SPD-Abgeordnete Marco Bülow zum Beispiel 204 Sendungen der fünf relevantesten Polit-Talkshows der öffentlich-rechtlichen Sender (Maischberger, Anne Will, Hart aber fair, Jauch und Maybrit Illner) für den Zeitraum von Oktober 2015 bis März 2017. In 1,5 Jahren beschäftigte sich keine einzige Sendung mit der Klimakrise.
Auch im Bundestagswahlkampf 2017 war Klimapolitik kein Thema. Von den 95 Minuten des TV-Duells zwischen Angela Merkel (CDU) und Martin Schulz (SPD) stellten die Journalist:innen die Hälfte der Zeit Fragen zur Flüchtlings- und Asylsituation. Das Thema Klimakrise ging leer aus. In den Sommerinterviews von ARD und ZDF 2018 übergingen die Journalist:innen erneut die Klimakrise (wie auch viele andere wichtige Themen, z.B. Armut, kaum Aufmerksamkeit erhielten).
Selbst nach dem Klimaprotestjahr 2019, als Millionen gegen die Klimapolitik auf die Straßen gingen, nach Hitze- und Dürresommern auch in Deutschland, brachten es die Journalist:innen der Fernsehsender fertig, den Spitzenpolitiker:innen keine einzige Frage zur Klimapolitik zu stellen.
Auch bei der 90-minütigen Sommer-Pressekonferenz von Bundeskanzlerin Merkel 2020 sahen die Hauptstadtkorrespondenten über die Klimakrise und den Kurs Klimakollaps der Bundesregierung hinweg.
Gleichzeitig wurde gegen erneuerbare Energien und mehr Klimaschutz Front gemacht. Insbesondere konservative, unternehmensnahe Medien wie die Welt, die Bildzeitung oder die Frankfurter Allgemeine Zeitung heizten immer wieder die Stimmung gegen die Energiewende an.
Politische Reformen wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), mit dem Windkraft und Solarenergie gefördert werden, wurden in den letzten Jahrzehnten immer wieder diffamiert und an der Pranger gestellt. Es hieß: Eine klimaneutrale Stromversorgung sei nicht machbar, ineffizient, naturzerstörerisch, unsozial. Ganz gezielt und oft sehr geschickt wurde die Energiewende mit "Luxusstrom" assoziiert.
Die durchaus erfolgreiche Propaganda gegen den Umstieg auf Wind und Solar hat Folgen. Durch das ständige Aufschieben von Maßnahmen und das fossile Weiter-so wurde die gegenwärtige Generation in die prekäre Situation versetzt, in wenigen Jahren eine radikale Wende zu vollziehen.
Es sind aber genau jene, die das zu verantworten haben, die heute wieder am lautesten schreien, wenn es darum geht, die Wende weiter kaputtzureden.
Die ARD-Zensur und die verfehlte Berichterstattung über die Menschheitsaufgabe Klimaschutz, wie sie Studien belegen, sind Warnsignale. Denn sie zeigen, dass die Klimakrise im öffentlichen Bewusstsein kaum und oft verzerrt vorkommt.
Wenn die Bürger:innen nicht angemessen informiert werden darüber, was auf dem Spiel steht und was unbedingt getan werden muss, ist es für die fossilen Lobbys und ihre Wasserträger:innen in Politik und Gesellschaft natürlich leicht, die Energiewende zu verlangsamen und zu boykottieren.
Die Zeche zahlen wir und die, die nach uns kommen.
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