Medien im Bunker: Wie eine ARD-Journalistin BND-Chef Kahl kriegstüchtig übertrumpft
Bruno Kahl hat eine Botschaft: Russland werde immer bedrohlicher. Nicht das Einzige, was man bedrohlich finden kann. Kommentar zu einer fragwürdigen Gesprächsführung.
Bedrohlich erscheint es fürs gesellschaftliche Klima, wenn journalistische Interviews nicht beim an sich schon fragwürdigen bloßen Stichwortgeben stehen bleiben – sondern durchs eigene "Fragen"-Stellen die Vertreter der Staatsmacht noch weiter in Richtung Eskalation drängen.
Und wenn das nicht (nur) Medienschaffende von Boulevard- oder sonstigen konservativen Medien betreiben, sondern, wie hier, eine öffentlich-rechtliche Journalistin, in diesem Falle die ARD-Hauptstadtstudio-Korrespondentin Evi Seibert in ihrem "ARD Interview der Woche" (Rechtschreibfehler im Original), dann wird es noch fragwürdiger.
Dass die Dachzeile lautet "Bedrohung durch Russland" – fast schon geschenkt. Wie auch die Vorspann-Wertungen, dass "die Sorge vor Russland" uneingeschränkt "groß" und die russischen Bedrohungen "real" seien.
Das mag ja alles sogar so sein und nicht nur im gesinnungstreuen Kommentar von Frau Seibert. Aber schlimmer geht immer – und damit ist hier gemeint, was im Verlauf der Begegnung von Frau Seibert als "Fragen" geäußert wird.
Fragen als Stichworte
Der Auftakt muss sitzen und geht daher weit über eine angemessene Verdachtsberichterstattung hinaus:
tagesschau.de: Vor Kurzem wurde bekannt, dass in Leipzig ein Paket mit einem Brandsatz, das für den Transport von DHL gedacht war, in Brand geraten ist. Der Verdacht fiel damals auf russische Sabotage. Diese Woche stürzte ein Transportflugzeug von DHL mit Start in Leipzig unvermittelt ab. Haben sie(!) diesmal auch diesen Verdacht?" (Rechtschreibfehler auch hier im Original)
"Putin möchte Zweifel und Angst säen", ARD Interview der Woche
Diese super-kritische "Frage" stellt den Leiter des deutschen Auslandsgeheimdienstes erwartbar vor größte Probleme: Diesen Verdacht habe man selbstverständlich "sofort" haben "müssen". Bisher habe man freilich keinerlei "konkrete" Hinweise darauf, "dass sich etwas in diese Richtung ereignet haben könnte".
Schade eigentlich, mag sich die Journalistin gedacht haben – und gibt dann erst einmal ein etwas weniger konkretes Stichwort – aber die Tendenz stimmt natürlich:
tagesschau.de: Was steckt allgemein hinter russischer Sabotage?
Kahl kann sich auch hier mit Blick auf Journalistin Seibert als vergleichsweise sachlich und rational darstellen. Die Interviewerin hingegen scheint nur einen Weg zu kennen: Zuspitzung und Eskalation.
Hier ihre nächste Äußerung, die mehr über sie als über "den Russen" aussagen mag:
tagesschau.de: Was würde man damit bezwecken, wenn man ein Flugzeug zum Explodieren bringen würde, das dann eventuell in Wohngebiete abstürzt? Was wäre der Sinn dahinter?
Im Verlaufe des Gespräches meldet sich die Medienschaffende insgesamt achtmal, zum Teil ausführlich, zu Wort. Sechsmal scheint sie Kahl ganz klar zu härterem Vorgehen gegen Russland anfeuern zu wollen, die letzten beiden ihrer "Fragen" beziehen sich auf etwaigen "islamistischen Terror".
Was fehlt
Nicht ein einziger Aspekt dieser Eskalationsaufrufe im Gewand journalistischer Fragen versucht einen Perspektivwechsel. Im Sinne von zum Beispiel: Kritische Stimmen monieren, die Geheimdienste würden sich verselbstständigen, es müsse vielleicht doch (auch) verhandelt oder sogar kooperiert werden.
Nichts davon auch nur im Ansatz. Im Gegenteil. Kahl darf sich gegenüber solcher Hysterie als ruhiger Experte inszenieren. Wer derartige "Journalisten" an Bord weiß, braucht nicht nur keine Pressesprecher mehr, sondern auch keine Extra-Propaganda-Kompanie. Das wäre übertrieben?
Der Bunker
Hier als Abschluss und vorläufiger Tiefpunkt mein persönliches Bonmot aus dem Munde von Evi Seibert, gerichtet an Bruno Kahl:
Empfehlen Sie, Garagen zu Bunkern umzubauen?
Auch an der Stelle zeigt sich der BND-Chef dann vergleichsweise vernünftig und cool. Das Schlimme aber: Journalisten wie in diesem Fall die ARD-Hauptstadtstudio-Korrespondentin scheinen genau das zu glauben, was sie hier ohne Besinnung als ihre Gesinnung weitergeben. Sie merken gar nicht, wie tief sie selbst schon im Bunker versunken sind.