Mediendämmerung: Trump legt die Axt an Voice of America und Radio Free Europe

Kahlschlag für US-Auslandssender. Personal wird drastisch gekürzt. Der Kampf um die Köpfe nimmt eine neue Wendung. Muss Europa in die Bresche springen?
US-Präsident Donald Trump hat, wie vergangene Woche in mehreren Medien berichtet wurde, per Exekutivbefehl die Finanzmittel und damit den Aktivitätsradius und die Wirkmacht der U.S. Agency for Global Media (USAGM) beträchtlich eingeschränkt.
Dieses Vorgehen ist ein harter Schlag gegen die Auslandssender Voice of America (VOA), Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) und Radio Free Asia (RFA), um die bekanntesten zu nennen. Die Reichweite des Vorgehens kann man als historischen Einschnitt bezeichnen.
"Auf das erforderliche Mindestmaß reduzieren"
Prosaisch sieht die Sache so aus: Trump wies die Leiter der Agenturen an, alle Funktionen zu eliminieren, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Die Führungskräfte sollten "die Erfüllung ihrer gesetzlichen Funktionen und das damit verbundene Personal auf das durch Gesetz erforderliche Mindestmaß reduzieren", wie die New York Times aus der Anordnung zitiert.
Die Behörde sieht sich nun mit Kürzungen ihres Budgets von etwa 270 Millionen Dollar und einem Abbau des Personalbestands von über 2.000 Mitarbeitern konfrontiert. Mehr als 1.300 Mitarbeiter von VOA wurden laut Reuters beurlaubt. Das kommt einem Kahlschlag gleich.
Die VOA wurde 1942 ins Leben gerufen, "um Propaganda entgegenzuwirken". Die Mission war regierungsnah und später besonders an ein Publikum in Russland wie China gerichtet, wie aus einem erklärenden USAGM-Papier von 2021 hervorgeht:
Bei der Entscheidung, wo gesendet wird, berücksichtigt die USAGM die lokale Mediensituation sowie die strategischen Interessen der USA und bevorzugt Länder, in denen es keine freie oder entwickelte Presse gibt. Besondere Berücksichtigung finden Zielgruppen von staatlich geförderten Desinformationskampagnen wie in Russland und China.
Die USAGM setzt Prioritäten bei den Ressourcen, um sicherzustellen, dass ihre Aktivitäten die allgemeinen außenpolitischen Prioritäten der Vereinigten Staaten nach vorne bringen, einschließlich der universellen Werte von Freiheit und Demokratie.
Dokument USAGM
"Untergrabung des amerikanischen Engagements für eine freie und unabhängige Presse"
Michael Abramowitz, Direktor von VOA, äußerte sich tief betrübt über die Entscheidung Trumps, die die 83-jährige Geschichte der Organisation zum Schweigen bringe.
Die Kürzungen wurden hingegen von Kari Lake, einer Trump-Loyalistin und der neu ernannten speziellen Beraterin der USAGM, dagegen als "notwendige Schritte zur Verkleinerung der Bürokratie und Entlastung des Steuerzahlers" beschrieben.
Diese Sichtweise ist, wie es aussieht, auch etwas "speziell", denn sie trifft nicht gerade auf einen gewaltigen Konsens. Rasch meldeten sich die Kritiker.
Sie kam in den USA vom Präsidenten des National Press Club, Mike Balsamo, der die Entscheidungen als "Untergrabung des amerikanischen Engagements für eine freie und unabhängige Presse" qualifizierte. Aber auch internationale Organisationen wie Reporter ohne Grenzen und die Präsidentin von Radio Free Asia, Bay Fang, äußerten scharfe Kritik und besorgten sich um die Pressefreiheit weltweit.
Die Anordnung Trumps stoße obendrein an die Grenzen seiner Befugnisse, wie die New York Times mitteilte, da einige der angegriffenen Agenturen, wie die USAGM, vom Kongress als unabhängige Institutionen etabliert wurden.
Vorwurf aus dem Weißen Haus: "Radikale Propaganda"
In einer Erklärung des Weißen Hauses zu den Kürzungen tritt die politische Absicht dahinter offen zutage. Die Anordnung stelle sicher, "dass Steuerzahler nicht länger für radikale Propaganda aufkommen müssen".
Großen Raum bekommen in der Erklärung Vorwürfe von Dan Robinso, einem langjährigen Mitarbeiter der Voice of America (VOA) und ehemaligen Korrespondent im Weißen Haus, der die USAGM als voreingenommene und unkontrollierte Organisation mit einer Tendenz zur Linken darstellt.
Als Anklagepunkte erwähnt wird, dass mehrere Reporter der VOA auf ihren professionellen Twitter-Accounts Anti-Trump-Inhalte gepostet haben sollen, trotz einer Richtlinie zur Neutralität in sozialen Medien. Zitiert werden zudem Bedenken über eine "zunehmende Parteilichkeit der VOA".
Vorgeworfen wird der Medienarbeit eine in den Augen der neuen Regierung unkorrekte Zuweisung von Geldern, das Unterdrücken negativer Geschichten über Iran und eine Klage von 2022, die eine pro-islamische Staatsneigung anprangerte.
Die VOA wird in der Erklärung des Weißen Hauses auch für ihre Berichterstattung über Joe Biden, den Hunter-Biden-Laptop-Skandal und die Anstellung eines "russischen Propagandisten" kritisiert.
Scharfe Kritik von der Deutschen Welle
In Deutschland äußerte sich Peter Limburg, Intendant der Deutschen Welle (DW), dem Deutschen Auslandsrundfunk, sehr eindringlich zu den Kürzungen bei Voice of America, das seiner Auffassung nach auch Folgen auch für die DW hat.
Im Interview mit dem Deutschlandfunk für die Sendung @medias res sprach er davon, dass Voice of America oder Radio Free Europe "zum Schweigen gebracht" werden – von einem Präsidenten, der "alles, was an Kritik möglicherweise auch an ihm oder seiner Regierung artikuliert wird oder transportiert wird, als radikale Propaganda sieht".
Trump, so Limburg, sei sicherlich kein Freund der Pressefreiheit. Das zeige sich bei dieser Aktion, die ein "Auswuchs" sei: "Weil bisher ist mir die Voice of America oder Radio Free Europe nicht als radikale Propagandamaschine aufgefallen."
"Gegen die Interessen der Vereinigten Staaten"
Er fürchte, dass nach den Kürzungen nur mehr "wenn überhaupt", eine Rumpforganisation bleibe, "die sich hauptsächlich für MAGA und Trump-Propaganda hergeben muss".
De facto arbeite Trump damit gegen die Interessen der Vereinigten Staaten.
Er schwächt die Freiheit dadurch und stärkt die Autokraten. Und am Ende nutzt es eben China und es nutzt Russland und es nutzt Belarus und es nutzt den Iran und es nutzt den Taliban, weil jetzt ein Vakuum entstehen wird.
Peter Limburg, Interview Deutschlandfunk
Die Deutsche Welle erreiche zurzeit 320 Millionen weltweit in der Woche, die US-amerikanischen Kollegen, die für VOA, Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) und Radio Free Asia (RFA) arbeiten würden "mit dem doppelten Etat bisher 420 Millionen" wöchentlich weltweit erreichen.
Und das wird wegfallen. Und das ist Wasser auf die Mühlen von allen Autokraten auf dieser Welt. (…)
Und diese Zahl wird sicherlich nicht haltbar sein, allein wenn sie den Umfang reduzieren, aber eben auch wenn sie den Inhalt verändern und das eben weg von unabhängigem Journalismus geht, hin zu Propaganda, was das eine Problem ist.
Das andere Problem ist natürlich auch, dass sich viele Menschen gerade in Autokratien auf diese Programme, das gilt im Übrigen auch für die BBC und für uns verlassen. Und die lässt Trump damit eben auch im Stich. Indem er diese Kooperationspartner, die es für Sie als deutsche Welle sind, abschaltet oder einschränkt.
Wer füllt die Soft Power-Lücke?
Bei manchen dürften sich die Ohren spitzen, wenn es darum geht, wie diese Lücke zu schließen ist. Wie auch im Bereich der Verteidigung gibt es Überlegungen, dass Europa in die Bresche springen und den US-Ausfall für die Medienarbeit an der Demokratie kompensieren soll.
Er könne "nur hoffen, dass Europa aufwacht und die Verantwortlichen sehen, dass diese Lücke gefüllt werden muss, wie auch immer", so der DW-Intendant.
Das müsse man sich genau anschauen.
Allerdings glaube ich nicht, dass wir alleine diese Lücke füllen können. Ich glaube, es bedarf einer gemeinsamen Anstrengung, beispielsweise auch der BBC und von France Media Mond und von EU Europa, damit wir dort eben besser unsere Zielgruppen noch erreichen können.
Und ich denke aber, es wird an einer Stärkung auch der Deutschen Welle kann es eigentlich nicht vorbeigehen in dieser Situation.
Der Gesetzgeber wäre gut beraten, "wo auch immer er das Geld hernimmt, es bei uns zu investieren, weil es manchmal auch gut ist, eben nicht nur in militärischer Verteidigung zu denken, sondern eben auch diese Fragen der sogenannten Soft Power und der Information und der Pressefreiheit eben auch in Angriff zu nehmen".