Mehr zahlen für weniger Qualität? Der Skandal um den Rundfunkbeitrag

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Sechs Länder sagen Nein zu 18,94 Euro monatlich: Erhöhung des Rundfunkbeitrags politisch nicht zumutbar. Über ein Ausweichmanöver mit Tücken. Ein Ausblick.

Eine Erhöhung des Rundfunkbeitrags ist den Bürgern nicht zuzumuten, lautet die politische Prämisse von sechs Ländern, die der Empfehlung der KEF nicht folgen wollen. Die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten hatte vor zwei Wochen empfohlen, dass der monatliche Beitrag ab 2025 um 58 Cent auf 18,94 Euro steigen soll.

Machtprobe über Rundfunkfinanzierung

Die Länder suchen nun eine Machtprobe mit den Sendern. Sie verlangen über die Rundfunkkommission weitere Kürzungen in deren Budgets mit dem Drängen auf Reform. Die politische Fräslinie setzt am Rande der Legalität an.

Mit einem Ausweichmanöver wollen die Länder, die sich gegen die Erhöhung sperren, das vorgeschriebene Verfahren aushebeln, das am Ende in einen Staatsvertrag mit einem erhöhten Rundfunkbeitrag mündet.

"Sondergutachten": Wie der Rundfunkbeitrag nicht steigen soll

Grob skizziert – das Gelände ist kompliziert, ein politisches Minenfeld, wie es heißt – funktioniert der Trick so: Die KEF-Empfehlung zur Erhöhung soll von einem Sondergutachten derselben Kommission gekontert werden. Voraussetzung dafür ist der Entwurf eines Reformstaatsvertrages, der die Grundlage für ein solches Sondergutachten bildet, das den Finanzbedarf der Sender neu ermitteln soll.

Dafür ist Tempo notwendig, wie Heike Raab (SPD), Staatssekretärin in Rheinland-Pfalz, Bevollmächtigte des Landes beim Bund für Europa und Medien, der FAZ Ende Februar gegenüber erklärte.

Das Interview mit Raab ist mit einer Aussicht überschrieben, die bei der Mehrheit der Bevölkerung gut ankommen wird – die Bild-Zeitung ermittelte, im Juni 2023 via Umfrage, dass repräsentative 78 Prozent "Neinsager", wenn es sind um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags geht:

"Der Rundfunkbeitrag soll erst mal doch nicht steigen", wird die Botschaft von Raab in der FAZ überschrieben.

Das soll so funktionieren:

Die Länder werden sich in den nächsten Wochen mit der KEF-Empfehlung und auch damit beschäftigen, wie die Anstalten die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für Einsparungen genutzt haben. Und natürlich arbeitet die Rundfunkkommission auch weiter an eigenen Vorschlägen.

Wir haben damit zwei parallele Verfahren: die Erarbeitung des Reformstaatsvertrags bis zum Herbst und die dritte Stufe im Beitragsverfahren. Beide Prozesse werden wir im Herbst zusammenführen.

Heike Raab, FAZ

Zur Erklärung: Auf der dritten Stufe im Beitragsverfahren setzen die Länder den Beitrag fest.

Rundfunkbeitrag: Strategien gegen die Erhöhung

Der politische Plan der Länder, die damit argumentieren, dass es in ihren Parlamenten keine Mehrheit für eine Beitragserhöhung gibt und daher die Erhöhung umgehen wollen, baut also auf Tempo.

Konkret heißt das, dass der Entwurf eines Reformstaatsvertrages von der Rundfunkkommission bis zum Herbst vorliegen muss.

Dann könnte man aufgrund eines Sondergutachten der KEF die empfohlene Beitragserhöhung verschleppen, wie ein aktueller FAZ-Bericht verstehen lässt.

Nun soll die Beitragskommission KEF mit einem Sondergutachten die Voraussetzung dafür schaffen, dass mit dem Reformstaatsvertrag ihre nächste Empfehlung für das Jahr 2026 geringer ausfallen kann als die aktuelle, die einen Zuschlag von 58 Cent vorsieht. (…)

Die Rundfunkkommission der Länder will bei ihrer nächsten Sitzung im März die KEF beauftragen, mögliche Auswirkungen auf den Finanzbedarf der Rundfunkanstalten, insbesondere realisierbare Einsparungen, zu prüfen und zu beziffern.

Dabei soll der Zeitrahmen für die Umsetzung sowie den notwendigen Vorlauf geklärt werden, und inwieweit eine Relevanz bereits in der Beitragsperiode 2025 (!) bis 2028 vorstellbar ist.

FAZ, 05.03.2024

Dem Bericht des gut informierten Helmut Hartung, Chefredakteur bei medienpolitik.net, wo er sich für eine beschleunigte Reform einsetzt, und Autor für die FAZ liegt ein zugespielter Fragenkatalog zugrunde, der zeigt, welche Einsparungen der Rundfunkkommission vorschweben.

Zwischen Sparzwang und Qualitätserhalt

Auf einen ersten Blick springt ins Auge, dass die Sportberichterstattung abgespeckt werden muss, wie schon der Titel des Artikels herausstellt.

Auch Musikhörer müssen bangen, nicht nur was "populäre Musik und Unterhaltung" anbelangt, sondern auch die Freunde der Klangkörper, der Rundfunk-Orchester: "ermittelt werden soll, ob der Aufwand bei den Klangkörpern der ARD verringert werden kann".

Die Reformvorstellungen laufen auf ein Streichorchester ohne Musik hinaus, so der Eindruck. Auffallend ist jedenfalls der betriebswirtschaftliche Zug des Reformvorhabens, das vor allem umstrukturieren will, nüchtern, ohne Enthusiasmus für die Sache – in Zeiten, in denen nur die Erhöhung für Ausgaben fürs Militär unstrittig sind.

Öffentlich-rechtliche Sender im Reformdruck

Wen will man da überzeugen? Diejenigen, die von einer Zwangsabgabe sprechen, wenn es um den Rundfunkbeitrag geht, wird man mit diesem buchhalterischen, administrativen Ansatz nicht auf die Seite derjenigen ziehen, die die öffentlich-rechtlichen Sender unterstützen, so die Meinungs-Cents des Verfassers dieses Beitrages.

Was unter den Tisch fällt, ist das, was eine Hauptstoßrichtung der Kritik an den öffentlich-rechtlichen Sendern ausmacht: die journalistische Qualität.

Die Zukunft des Journalismus im Rundfunk

Wer sich den Bericht und viele andere zuvor genauer anschaut, sieht, dass Einsparungen auch die journalistische Arbeit im ÖRR beschränken. Guter Journalismus kostet Geld und viel Zeit, die eine Freizügigkeit gestatten, die sich über sorgfältige Arbeit freimachen kann von Gruppendenken.

Deswegen wäre es nach Auffassung des Autors der bessere Weg, wenn man das große zahlende Publikum mit trefflichen Argumenten davon überzeugen kann, dass ein höherer Beitrag notwendig ist, um einem guten Journalismus den Weg zu bereiten, der sich unabhängig von Regierungs-Meinungen und Vorgaben, mit Präzision und großem Einsatz an die Arbeit machen kann, um Horizonte zu öffnen.

Um "Köpfe und Herzen" zu gewinnen, braucht es mehr Geld für gute Arbeit, für Korrespondenten, Journalisten und freie Mitarbeiter, die von außen frischen Geist in die alten Institutionen bringen.

Der fantasielose Weg, den die Austeritätspolitik der Reformer verfolgt, wird darüber hinaus auf Hürden treffen, zu denen das Verfassungsgericht gehört, falls die Vertreter der Sender auf dem Verfahrensweg bestehen.

Der Druck, auf dem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensweg zu bleiben, ist groß - nicht zuletzt auch wegen der Verträge, die die Sender bereits ausgemacht haben.