Migration, Gewalt und Deutungshoheit: Rechtsstaat vor dem Kipppunkt?
Angst vor britischen Zuständen: Mehr Messerattacken und Angriffe auf Minderheiten befeuern Debatte. Droht eine Zukunft zwischen Faustrecht und Law and Order?
Drohen in Deutschland Zustände wie in Großbritannien, wo sich nach dem Messermord an drei Mädchen beim Tanzkurs in Southport Rechte Straßenschlachten mit der Polizei liefern, Asylsuchende und muslimische Geschäfte angreifen?
Immer die Herkunft der Täter im Blick
Die Information, dass der 17-jährige Täter von Southport Brite sei und seine Eltern aus Ruanda stammen, beeindruckte nationalistische Randalierer kaum. Auch im deutschsprachigen Social-Media-Raum ist die Stimmung aufgeheizt – und auch bei Messerattacken in Deutschland gibt es immer wieder Diskussionen um die ethnische Herkunft der Täter.
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Nicht aber die Genetik, sondern der Fakt, dass es häufig Männer sind, die in Kriegsgebieten gelebt haben, ist aus der Sicht von Psychologen relevant für die Gewaltprävention. Unbehandelte Kriegstraumata könnten bei Männern das Gewaltrisiko erhöhen, warnte die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina schon 2018.
Messer gegen Netflix-Abo: Polizeigewerkschaft erntet Spott
Viele beunruhigt aktuell die Meldung, dass die Berliner Charité immer mehr Messerstichverletzungen in der deutschen Hauptstadt registriert. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) erntet derweil im Netz Hohn und Spott, weil sie als Anreiz für die freiwillige Abgabe illegaler Messer ein einjähriges Netflix-Abo vorgeschlagen hat. Preiswerte Butterfly-Messer dürften sich demnach erst einmal besser verkaufen, wenn der Vorschlag umgesetzt würde.
Nach Meinung von GdP-Chef Jochen Kopelke wäre eine "Messeramnestie" mit einer Art "Abwrackprämie" aber grundsätzlich sinnvoll: "Im vergangenen Jahr haben meine Kolleginnen und Kollegen fast 9.000 Messerangriffe der schweren und gefährlichen Körperverletzung erfasst. Diese Zahlen geben Anlass zu großer Sorge und machen ein schnelles Handeln unabdingbar“, sagte der GdP-Chef am Dienstag in Düsseldorf.
Publizist sieht Rechtsstaat wegen Migration vor Kipppunkt
Von einem drohenden "Kipppunkt des Rechtsstaats" sprach Alexander Kissler, der als Redakteur und Berlin-Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung tätig ist, am Sonntag in der österreichischen Talkshow "Links.Rechts.Mitte.". Er befürchte diesen Kipppunkt "angesichts einer Migrationspolitik ohne Sinn und Verstand".
Der Rechtsstaat lebe von einer "Geneigtheit, diese Kultur anzunehmen", so Kissler. "Und wir sind hier nun mal noch Spätausläufer des Abendlandes, Europas, des Christentums, das muss man zur Kenntnis nehmen." Zudem kollabiere der Rechtsstaat auch dann, wenn er sämtliche Ansprüche "immer nur noch mit Gewalt" durchsetzen müsse. Der Rechtsstaat funktioniere nur, wenn "80, 90, 95 Prozent der Bevölkerung ihn auch ohne Strafandrohung anerkennen".
Wenn Gefängnis nicht mehr abschreckt
Dem stellte Kissler ein Szenario gegenüber, in dem es sehr viele Menschen gebe, die auch drei Jahre Gefängnis nicht abschreckten, weil sie dächten: "Da bin ich der King drin, da kann ich weiter meine Sachen verticken und wenn ich raus bin, habe ich vielleicht sogar in meiner Community einen Statusgewinn."
Wer seine "Feedback-Schleife" aus einer "Parallel-Community" hole, dem könne es irgendwann egal sein, ob er ein oder zwei Jahre ins Gefängnis komme und Resozialisierungsmaßnahmen durchlaufen müsse oder nicht, so Kissler. Wenn ein Rechtsstaat immer wieder "gegen einsichtslose Menschen seine Ansprüche durchsetzen muss, dann kippt der Rechtsstaat". Er existiere dann nur noch auf dem Papier.
Angriffe auf Minderheiten auch in Deutschland
Auch Linke befürchten aktuell mehr Gewalt auf deutschen Straßen, sprechen aber nicht in erster Linie von migrantischer Gewalt: "Ich habe wirklich Angst, dass die Übergriffe auf Minderheiten, die wir aktuell in Großbritannien erleben, auch auf Deutschland übergreifen", schrieb die Bundestagsabgeordnete Nicole Gohlke (Die Linke) an diesem Mittwoch auf der Plattform X.
Sie hat ihren Wahlkreis in München, wo vor wenigen Tagen ein Brandanschlag auf ein propalästinensisches Protestcamp nahe der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) verübt wurde. Die Studierendenvertretung sieht eine "klare Gefahr für die Protestierenden und auch alle anderen Studierenden der LMU", hieß es am Wochenende in einer Stellungnahme.
"Dass der Täter aus dem Polizeigewahrsam entlassen wurde, obwohl in Bezug auf den Brandanschlag von einem 'muslimfeindlichen Tatmotiv' ausgegangen wird und die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) eingeschaltet wurde, besorgt uns als Studierendenvertretung der LMU zutiefst."
Laut Gohlke gibt es zudem Drohungen gegen die LGBT-Szene der bayerischen Landeshauptstadt: "In München wurden zwei queere Zentren mit Mordaufrufen und queerfeindlichen Botschaften beschmiert", so die Linken-Politikerin und rief dazu auf, "diesem Hass entschieden entgegenzutreten".