Migration: Was ist zumutbar, was wünschenswert?
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Migration ist nicht gleich Zuwanderung und die gesellschaftlichen Auswirkungen sind sehr verschieden. Was aber kann die die Debatte um das Thema versachlichen?
Zuwanderung ist ein Dauerthema in Deutschland, und zwar keineswegs erst seit der sogenannten "Flüchtlingskrise" 2015. Seit dem ersten Anwerbeabkommen mit Italien 1955 waren "Gastarbeiter" immer wieder Titelthema.
In der Sozialforschung werden etwa Ausbildungs- und Arbeitsmigration, familiäre und humanitäre Migration unterschieden. Man könnte auch nach dauerhaftem und temporärem Aufenthalt unterscheiden. Dabei würde deutlich, dass der Begriff "Migration" im zweiten Fall unpassend ist. Kein Urlauber gilt als Migrant, er ist Besucher.
Studenten aus anderen Ländern werden "internationale Studierende" genannt. Und wer eine Zeit lang in einem anderen Land arbeitet, ist noch lange nicht abgewandert, wie der Duden Migration übersetzt. In der globalisierten Wirtschaft ist es keine Besonderheit mehr, phasenweise in anderen Ländern zu arbeiten, ohne dass damit eine dauerhafte Niederlassung verbunden ist.
Nicht jede Migration bedeutet Zuwanderung
Die Wirtschaft wünscht temporäre und flexible Arbeitsmigration. Diese Form der Migration kann auch dem Sozialstaat nützen. Dauerhafte Zuwanderung hingegen belastet den Sozialstaat, weil längst nicht jeder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht oder mit seinen Qualifikationen gefragt ist.
Auch das Problem der niedrigen Geburtenziffer, die bei Frauen deutscher Nationalität bei nur 1,428 Kindern liegt, ist durch Zuwanderung nicht zu lösen. Zwar liegt die Geburtenziffer von Ausländerinnen in Deutschland derzeit mit 2,062 Kindern fast auf Erhaltungsniveau, was die Gesamtzahlen jedoch nur auf etwa 1,54 hebt.
Was die nur zeitweise Arbeitsmigration betrifft, ist diese global unproblematisch, soweit Kosten und Nutzen gerecht verteilt sind. Eines der Stichworte dabei lautet Brain-Drain.
Auch Flüchtlinge migrieren oft nicht dauerhaft
Von den Bildungsinvestitionen anderer Länder zu profitieren ist dann in Ordnung, wenn dies ausgeglichen wechselseitig geschieht. Andernfalls müsste man über Kompensationen sprechen. Deutschland selbst erhebt etwa eine Wegzugssteuer.
Zu den nur vorübergehend in Deutschland lebenden Ausländern gehören auch viele Flüchtlinge nach Genfer Flüchtlingskonvention. Natürlich befinden sich darunter auch Menschen, die für den deutschen Arbeitsmarkt interessant sind und deshalb auch, so sie selbst das wollen, zum "Erwerbspersonenpotential" zählen.
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Doch der Fokus bei Flüchtlingen ist ein anderer, nämlich das Gewähren von Schutz für die Zeit, während der sie in ihrer Heimat bedroht sind. Hier wird ein humanitär verpflichteter Staat seine Belastungsgrenze erst so spät wie möglich erreicht sehen wollen, schließlich heißt die Abwägung im Ernstfall: Schutz des eigenen Wohlstands oder Schutz von Leben.
Doch gerade dazu wird in der Öffentlichkeit kaum im Detail diskutiert. Stattdessen wird grobschlächtig zwischen zwei radikalen Positionen unterschieden, die tatsächlich wohl nur wenige Menschen konsequent vertreten: offene Grenzen versus völlige Abschottung.