Migration und Messerangriffe. So debattieren die Leser von Telepolis

Migration wird häufig als Problem wahrgenommen, auch im linksliberalen Milieu. Doch wie steht es um Gewalt und Migration? Auszüge aus einer Forendiskussion.

Mit der Debatte über Migration und die Folgen für westliche Gesellschaften befasste sich unlängst der Medienwissenschaftlicher und Telepolis-Autor Sebastian Köhler. In einem Beitrag für unsere Kolumne "Mediensplitter" setzte er sich kritisch mit einem Essay des Sozialwissenschaftlers Klaus Bachmann auseinander.

Der hatte in der Berliner Zeitung konstatiert, dass sich "der Einfluss internationaler Migrationsströme auf den Abbau der Demokratie auswirke." Dies geschehe nicht, weil Migranten aus undemokratischen Ländern kämen oder mit Demokratie nicht viel anfangen könnten, "sondern weil die Länder, in die sie einwandern, damit nicht zurande kommen".

Köhler diskutierte den Umstand, dass Bachmann "offenbar die Frage nach Fluchtursachen gar nicht bzw. nicht mehr stelle. Diese Sichtweise erscheine überaus eurozentrisch und sei problematisch, weil die gesellschaftlichen und systemischen Ursachen von Flucht und Vertreibung gar keine Rolle mehr spielten.

Dazu merkte im Telepolis-Forum User "12haf" in einem außergewöhnlich detaillierten Beitrag an, dass rassistische Hetze und Hetze gegen Minderheiten weltweit "in immer kürzer werdenden Zyklen als Ablenkung von den Problemen" diene, "die unser Wirtschaftssystem mit sich bringt". Wie oft das "Christliche Abendland" angeblich schon untergegangen sei, könne wahrscheinlich kein Wissenschaftler mehr bestimmen, fügte er mit einer Auflistung an:

Seit dem Aufkommen der AfD gebe es alle paar Monate neue "Angstwellen", so haf12, der auf eine Studie verweist: "Ausmaß und Entwicklung der Messerkriminalität in Deutschland: empirische Erkenntnisse und kriminalpolitische Implikationen". Die häufigsten Vornamen aller Täter bei Messerangriffen seien im Übrigen "Christian" in Berlin und "Michael" im Saarland. "Das rassistische Potential in Deutschland kann nach Jahrzehnten der pawlowschen Konditionierung mit dem leisesten Läuten des Glöckchens abgerufen werden", kommentiert er.

Dafür spreche auch, dass die Zustimmung für die Aussage "Die Bundesrepublik ist durch die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maße überfremdet", die im Westen der Republik 49,1 Prozent betrage und im Osten 66,9 Prozent.

"Zu was ein reiches Land wie Deutschland in der Lage ist, hat sich 1989-1990 und den 90er-Jahren gezeigt", fügt "12haf" an:

Es wurden 16,4 Millionen Menschen neu in die Rentenkasse aufgenommen. Die Arbeitslosigkeit im Osten betrug fast bis zu 20 Prozent. 1989/90 war mit jeweils rund 400.000 Registrierungen der Höhepunkt des Zuzugs von Spätaussiedlern/Russlanddeutschen.

Damals habe es in Gegenden mit hohem Spätaussiedler/Russlanddeutschen-Anteil wirklich einen Anstieg der Kriminalität gegeben, .dies sei entsprechend berichtet worden:

Welche Hetze gegen Russlanddeutsche damals lief, dürfte jedem nur allzu bekannt vorkommen und komme in einem Zitat des Hamburger Abendblattes vom 03.05.1999 trefflich zum Ausdruck, in dem ein Mitglied der Gewerkschaft der Polizei zitiert wird:

Wir haben es hier mit einer horrenden Kriminalitätsbelastung zu tun. Zahlen gibt es nicht, weil russlanddeutsche Jugendliche in der polizeilichen Kriminalstatistik nicht gesondert geführt werden: Sie sind ja Deutsche.

Hamburger Abendblatt, 03.058.1999

Ironisch kommentiert "12haf", auch unter Verweis auf eine Studie der Universität Tübingen: "Wie wir alle wissen, ist Deutschland in diesen Jahren wegen Ossis, Russlanddeutschen und Flüchtlingen untergegangen. Wie auch im Jahr 2016 als über 700.000 Asylanträge gestellt wurden."

Der Telepolis-Forenteilnehmer vermisst vor diesem Hintergrund eine Debatte über den Umstand, dass Millionäre und Milliardäre wie Immobilienmogul Henning Conle und Baron August von Finck Parteien wie die AfD finanzierten, denn:

1991 lag der Einkommensanteil des obersten Zehntels noch bei 20,5 Prozent. Während das oberste Zehntel seinen Anteil am Gesamteinkommen bis 2016 deutlich vergrößern konnte (plus 14,1 Prozent), ist insbesondere bei den vier einkommensschwächsten Dezilen der Einkommensanteil im Zweijahresvergleich 1991/2016 gesunken.

Schon damals sei von rechts "gegen Ossis, Russlanddeutsche und Flüchtlinge gehetzt" wurden. Heute beschränke man sich auf Flüchtlinge, ansonsten habe sich nichts geändert.

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