Militärs: Die zementierte Macht der Repression

Seite 2: Ägypten: Von Militärs kontrolliert

Das nordafrikanische Land hat ebenfalls existenzielle wirtschaftliche Probleme. Das ägyptische Pfund fällt und fällt, die Inflation galoppiert. Dabei stagniert der Arbeitsmarkt und die Armut wächst.

Die nationale Armutsquote in Ägypten hat sich zwischen 2000 und 2018 fast verdoppelt, von 16,7 auf 32,5 Prozent. Währenddessen baut die Regierung unverdrossen einen neuen Regierungssitz in der Wüste.

Der Internationale Währungsfonds IWF hat gerade ein Drei-Milliarden-US-Dollar Paket für die nächsten vier Jahre geschnürt. Gleichzeitig gibt das Land am Nil den Wechselkurs seiner Währung komplett frei. Die Auslandsschulden Ägyptens beliefen sich im Juni 2022 auf über 155 Milliarden US-Dollar.

Welche Rolle spielen die Militärs?

Überraschenderweise erwartet der IWF diesmal neben den üblichen Ausgabenkürzungen auch, dass das ägyptische Militär seine übermächtige Rolle in der Wirtschaft am Nil zurückfährt. Wie das gehen soll, bleibt allerdings unbeantwortet und frühere Zusagen dazu hat die Regierung in Kairo nie eingehalten.

Das wirtschaftliche Engagement des ägyptischen Militärs begann in den 1970er- und 1980er-Jahren, als es die Gelegenheit bekam, Staatsbetriebe zu übernehmen. Die ökonomische Rolle der Truppe war zunächst noch gering. Das änderte sich rapide, nach dem Putsch von Abdel Fattah el-Sisi 2013, der seit 2014 als Präsident regiert. Der aktuelle Umfang der von Militärs gesteuerten Wirtschaftsaktivitäten ist schwer einzuschätzen. TRT-World schätzt sie auf 1,5 bis 30 Prozent der ägyptischen Wirtschaftsleistung.

Die wichtigste ökonomische Einrichtung des Verteidigungsministeriums in Kairo ist wohl die National Services Project Organisation (NSPO). Gerade hat sie eine Milliarde Dollar in ein Zementwerk investiert. Damit hat das Militär seinen Anteil am inländischen Zementmarkt von drei auf 23 Prozent erhöht, was unter anderem für den Mitbewerber Heidelberg Zement ein Problem darstellt.

Die NSPO hat auch eine Düngemittelfabrik gebaut und vor einigen Jahren 107 Millionen Dollar in die größte Fischfarm des Nahen Ostens investiert. Parallel dazu hat die Organisation mit drei anderen staatlichen Unternehmen einen Vertrieb gegründet, der als einziger Vertreiber von Phosphatdünger in Ägypten fungiert und zudem zu einem bedeutenden Marmorproduzenten aufgestiegen ist. Weitere, vom Militär kontrollierte Unternehmen stellen Waschmaschinen, Fernsehgeräte, Kochgasflaschen, Müllwagen, Wasserpumpen und Einwegspritzen her.

Die Liste ließe sich fortsetzen. Auch beim milliardenschweren Ausbau des Suezkanals und der neuen Verwaltungshauptstadt in der Nähe von Kairo spielt das Militär eine maßgebliche Rolle.

Das Carnegie Middle East Center weist darauf hin, dass militäreigene Unternehmen am Nil in der Regel weder Steuern noch Importzölle oder Sozialabgaben zahlen.

Hinzu kommt der politische Einfluss des Militärs. Es verfügt über Offiziere, die im gesamten Staatsapparat platziert sind und Auftragsvergaben beeinflussen. Offiziere dominieren auch die wichtigste Rechnungsprüfungsbehörde der Regierung. Das Militär hat die Regierung bei der Vergabe von Aufträgen und der Verwaltung des Crash-Programms für den zivilen Wohnungsbau und die öffentliche Infrastruktur de facto ersetzt.

Kurz gesagt, stellt die Truppe gute Ingenieure, aber schlechte Ökonomen. Selber ein General, vertraut al Sisi nur dem Militär, Aufgaben pünktlich und innerhalb des Budgets zu erledigen. Wenn es eine neue Stadt im Sand bauen soll, dann baut es eine neue Stadt im Sand. So versenken Regierung und Militär enorme Mengen an Kapital in unproduktive Projekte.

Schlussfolgerungen

In beiden Ländern unterhalten oder kontrollieren Militärs Unternehmen und schränken zivile Wettbewerber ein. In einigen Branchen haben sie sogar Monopolstellungen aufgebaut. Das schadet den wirtschaftlichen Aussichten Ägyptens und Pakistans unter anderem, weil

  • es Ressourcen verschwendet,
  • Ressourcen im Interesse der Militärs zugeteilt werden und nicht nach gesamtgesellschaftlichen Gesichtspunkten,
  • es Steuereinnahmen und andere staatliche Einkünfte mindert,
  • es die Entwicklung einer * leistungsfähigeren * zivilen Wirtschaft behindert,
  • es ausländische Direktinvestitionen von Unternehmen und Ländern verringert, weil die Investoren unfaire Konkurrenz fürchten.

Es ist träumerisch zu glauben, dass das Militär freiwillig auf Kapital, Unternehmen und Positionen verzichten würde. Deshalb kann das Problem nur mittels eines politischen Kraftaktes bewältigt werden, wie es etwa in China geschah.

Während der wirtschaftlichen Liberalisierung Chinas wurde die Volksbefreiungsarmee (PLA) 1998 von der Kommunistischen Partei angewiesen, sich vollständig aus dem Dienstleistungssektor zurückzuziehen, damit der Staat eine effiziente, leistungsorientierte Wirtschaft aufbauen konnte. Diese sollte zudem von zivilen Experten geleitet werden, die zur Rechenschaft gezogen werden können.