Minecraft enthüllt Geheimnisse des sozialen Lernens

Bernd Müller
Ein mit KI erstelltes Bild einer Minecraft-Welt.

(Bild: Shutterstock AI Generator / Shutterstock.com)

Flexibel zwischen Eigeninitiative und Beobachtung wechseln – das ist laut einer neuen Studie mit Minecraft der Schlüssel zum optimalen Lernerfolg.

Soziales Lernen – also die Fähigkeit, von anderen zu lernen – ist ein entscheidendes Merkmal des Menschen. Es ermöglicht uns, Wissen über Generationen hinweg aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Doch wie genau funktioniert soziales Lernen in realistischen Situationen? Dieser Frage ist ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung nachgegangen – und zwar mithilfe des beliebten Videospiels Minecraft.

Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht.

Virtuelle Nahrungssuche in Minecraft

In der Studie steuerten die Teilnehmer Avatare durch die aus Blöcken bestehende Minecraft-Welt. Ihre Aufgabe: Ressourcen wie Wassermelonen oder Kürbisse finden, indem sie Blöcke zerstörten. Immer wenn ein Spieler eine Ressource entdeckte, erschien ein blauer Funkenschauer, der den anderen Spielern Hinweise auf den Fundort weiterer Ressourcen gab.

Die Spieler wussten zu Beginn jeder Runde, ob sie allein oder in einer Vierergruppe spielten. Zudem gab es zwei verschiedene Umgebungen: In "regelmäßigen" Umgebungen waren die Ressourcen gruppiert, in "zufälligen" Umgebungen verstreut. Jeder Spieler versuchte, seine eigene Ausbeute zu maximieren.

"Ein Spiel wie Minecraft zu nutzen, ist sinnvoll, weil es reale Herausforderungen simuliert", erklärt Ralf Kurvers vom Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. "Man sieht immer nur einen kleinen Teil der Welt und muss entscheiden: Suche ich allein oder folge ich den anderen, um von ihnen zu lernen?"

Blickdaten verraten Lernstrategien

Mithilfe einer neuen computergestützten Methode zeichneten die Forscher auf, wohin die Spieler schauten, wie sie sich bewegten und welche Entscheidungen sie trafen - 20 Mal pro Sekunde.

Charley Wu von der Universität Tübingen erklärt:

Einfach ausgedrückt können wir nun vorhersagen, welchen Block eine Person als Nächstes auswählen wird, indem wir individuelle und soziale Lernstrategien in einem gemeinsamen Modell zusammenführen. Dieser neue Ansatz ermöglicht es uns, Lernalgorithmen moderner künstlicher Intelligenz mit flexiblen sozialen Lernmechanismen zu verbinden, die adaptiv aus dem erfolgreichen Verhalten anderer lernen.

Anpassungsfähigkeit ist der Schlüssel

Das Ergebnis: Die erfolgreichsten Spieler waren diejenigen, die flexibel zwischen eigenem Lernen und der Beobachtung anderer wechselten. Ihre Fähigkeit, sich an wechselnde Bedingungen anzupassen, war entscheidend.

Die Studie zeigt zudem, dass Menschen keine passiven Nachahmer oder sturen Einzelgänger sind. Sie halten individuelle und soziale Lernstrategien dynamisch im Gleichgewicht. Diese Anpassungsfähigkeit – nicht starre Strategien – ist die treibende Kraft menschlicher Intelligenz.

Die Erkenntnisse helfen nach Angaben der Forscher, zu verstehen, wie adaptives Lernen in sozialen Kontexten funktioniert. Sie geben Hinweise, wie man Systeme gestalten kann, die soziales Lernen optimal fördern.

Zudem eröffnen sie neue Perspektiven auf die Verbreitung von Informationen in Gruppen und die Entstehung von Innovationen. Mit diesen Ergebnissen konnten die Wissenschaftler nach eigenen Angaben eine langjährige Forschungslücke schließen.