Mini-Solargeräte: Die Energie-Revolution aus der Steckdose
Solarpanels einfach per Steckdose anzuschließen. Mieter können eigenen Strom auf Balkon selbst produzieren und nutzen. So einfach ist der Einsatz.
In stadtüblichen Mehrfamilienhäusern gibt es nur wenige Möglichkeiten für die Bewohner, selbst umweltfreundlichen Strom für den eigenen Bedarf zu produzieren. Zu den Ausnahmen gehören Stecker-Solargeräte.
In Zeiten hoher Strompreise wird es für die Kunden der Versorger zunehmend interessant, ihren Strom zumindest teilweise selbst zu produzieren. Eine einfache Möglichkeit für Städter, dies auf eine umweltfreundliche Weise zu tun, sind steckerfertige Solarstrom-Geräte.
Sie können Solarmodule bis zu einer Spitzenleistung von 600 Watt auf dem Balkon oder anderen geeigneten Plätzen aufstellen oder anschrauben und mit dem Hausnetz verbinden. Dabei sind einige elektro- und verwaltungstechnische Vorschriften zu beachten.
Den so erzeugten Solarstrom kann der Anwender dann teilweise im eigenen Haushalt verbrauchen. Wie groß dieser Eigenverbrauch ist, hängt davon ab, welche elektrischen Geräte der Anwender bei guter Sonneneinstrahlung gerade eingeschaltet hat. Was dann von dem Solarstrom noch übrig bleibt, fließt ins allgemeine Stromnetz.
Stecker-Solargeräte befinden sich bisher noch in einer Marktnische, die allerdings stark wächst. Besonders in den ersten Monaten dieses Jahres ist die Nachfrage stark gewachsen, den Anbietern sind die Module knapp geworden. Dieser wachsende, wenn auch bisher noch kleine Markt wird von wenigen großen und vielen kleineren Anbietern dominiert.
Eine aussagefähige bundesweite Statistik gibt es bisher noch nicht. Eine Marktstudie [1] schätzte zuletzt, dass im Jahr 2020 etwa 49.000 Geräte mit 17 Megawatt Gesamtleistung verkauft worden sind. Im Jahr 2021 könnten es schon 80.000 Geräte mit 34 MW gewesen sein.
In der Untersuchung wurde auch aus den derzeit verfügbaren Daten hochgerechnet, wie viele Stecker-Solargeräte bis zum Jahresende 2021insgesamt in der Bundesrepublik verkauft worden sind. Demnach dürfte diese Zahl zwischen 140.000 und 190.000 Geräten liegen, ihre mögliche Gesamtleistung zwischen 59 bis 66 Megawatt.
Die kleinen Kraftpakete waren bisher vor allem unter dem Namen "Balkon-Solaranlagen" bekannt. Ein überraschendes Ergebnis der Studie war jedoch, dass nur ein knappes Drittel der Stecker-Solargeräte tatsächlich für die Montage an einem Balkon verkauft werden.
Etwas mehr Geräte wurden mit einer Aufständerung ausgeliefert, die für den Garten oder ein Garagen-Flachdach geeignet ist. Auch an Schrägdächern werden die Geräte ziemlich häufig befestigt.
Stecker-Solargeräte: Einsatz wurde vereinfacht
Dass sich die Stecker-Solargeräte zunehmend verbreiten, hat auch damit zu tun, dass ihr Einsatz zuletzt etwas vereinfacht worden ist: Lange Zeit war es sehr kompliziert, die Kleinanlagen so ans Stromnetz anzuschließen und anzumelden, dass die Vorgaben der Netzbetreiber erfüllt werden konnten.
Inzwischen haben viele Stromnetz-Betreiber diese hohen Hürden mehr oder weniger abgesenkt. Die Vorarbeiten dafür hatten der VDE Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik sowie Organisationen und Unternehmen der Solarbranche geleistet.
Viele Stromnetz-Betreiber halten es immer noch für notwendig, dass die Stecker-Solargeräte von einem Elektro-Installationsunternehmen ans Stromnetz angeschlossen werden. Nach ihrer Ansicht dürfen steckerfertige Solaranlagen auch nur über eine spezielle Energiesteckdose angeschlossen werden.
Dazu kommt, dass der Stromzähler gegen einen Zwei-Richtungszähler ausgewechselt werden muss. Während dieser Zählertausch bei manchen Netzbetreibern kostenlos ist, muss er bei anderen von den Kunden bezahlt werden.
Diese Vorgaben betrachten die Solarbranche und Verbraucherschützer als technisch nicht notwendige Hindernisse, die den Aufwand vergrößern und so einen breiteren Einsatz der Kleinanlagen bremsen. Sie wollen erreichen, dass die Solargeräte einfach wie andere Hausgeräte auch mit Schukostecker und -steckdose ans Netz angeschlossen werden können.
Eine größere Klarheit und Sicherheit für alle Seiten könnte eine Produktnorm für die Geräte bringen, an denen die zuständige VDE-Kommission seit einiger Zeit gemeinsam mit Partnern der Solarbranche arbeitet. Dieses Projekt sollte eigentlich im Juli 2022 abgeschlossen werden. Durch die Corona-Einschränkungen ging es allerdings langsamer als geplant voran und wurde bis Januar 2023 verlängert.
Inzwischen haben die Stecker-Solargeräte auch ihren Weg in den Bundesrat gefunden. Als das Ländergremium im Mai eine Stellungnahme zu einem Gesetzentwurf für Energie-Sofortmaßnahmen [2] abgab, hat es die Bundesregierung darum gebeten, sich dieses Themas anzunehmen:
Stecker-Solargeräte bieten Mieterinnen und Mietern die Möglichkeit vom Balkon oder Terrasse aus, eigene Solarenergie zu erzeugen. Die Komplexität des Meldeprozesses sowie der technischen Voraussetzungen stellen jedoch Hemmschwellen dar. Daher regt der Bundesrat an, sich mit den bestehenden Hemmnissen gezielt auseinanderzusetzen und einen Dialog mit den betreffenden Akteuren dazu zu starten, wie Hemmnisse abgebaut und geeignete rechtliche sowie technische Rahmenbedingungen geschaffen werden können, um die Nutzungsbereitschaft zu erhöhen.
Große Unterschiede bei lokalen Förderprogrammen
Mittlerweile gibt es für die Stecker-Solargeräte bundesweit auch eine Reihe von lokalen Förderprogrammen. Sie sind im Laufe der Zeit vereinfacht und ausgebaut worden. So ist in Düsseldorf [3] inzwischen eine besonders einfache und großzügige Förderung verfügbar.
Andere Städte müssen hier noch Anfangsschwierigkeiten überwinden. So hat die Stadt Göttingen [4] ein Förderprogramm aufgelegt, bei dem es einen kleineren Zuschuss für die kleinen Kraftpakete gibt. Dafür gehen die Förderbedingungen ziemlich weit: So sind nur Geräte zugelassen, die an die spezielle Energiesteckdose angeschlossen werden. Außerdem müssen die Anwender nachweisen, dass sie schon einen Ökostrom-Vertrag haben.
In Leipzig [5] hatte der Stadtrat schon vor einem Jahr beschlossen, dass es ein größeres Förderprogramm für Stecker-Solargeräte geben soll. Damit die Fördergelder fließen können, wollte die Stadtverwaltung allerdings erst noch eine Förderrichtlinie erarbeiten. Bisher ist sie nicht fertig geworden.
Einen interessanten Ansatz verfolgt die Gemeinde Filderstadt [6] in Baden-Württemberg. Sie wollte zuletzt zwei Balkon-Solaranlagen an interessierte Anwender verschenken. Im Gegenzug sollten sie die Gemeinde ein Jahr lang Informationen zu Leistung und Betrieb der kleinen Stromerzeuger erheben lassen, damit sie für weitere Planungen genutzt werden können.
URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-7139444
Links in diesem Artikel:
[1] https://solar.htw-berlin.de/studien/marktstudie-steckersolar-2022/
[2] https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2022/0101-0200/162-22(B).pdf?__blob=publicationFile&v=1
[3] https://mailchi.mp/machdeinenstrom.de/mini-solar-news_kw_37_2021#Heading1
[4] https://mailchi.mp/machdeinenstrom.de/mini-solar-news_kw_47_2021#Heading4
[5] https://www.l-iz.de/politik/leipzig/2022/05/der-stadtrat-tagte-leipzig-soll-einen-solarbooster-bekommen-video-451119
[6] https://mailchi.mp/machdeinenstrom.de/mini-solar-news_31012022#Heading3
Copyright © 2022 Heise Medien