Mit 17 an die Irak-Front

Das britische Heer schickte fünfzehn Burschen und Mädchen unter achtzehn "unabsichtlich" in den Krieg

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Die britische Regierung ratifizierte am 24. Juni 2003 ein UN-Zusatzprotokoll, wonach Jugendliche nicht in Kampfgebiete entsandt werden dürfen. Just zwischen Juni 2003 und Juli 2005 wurden aber fünfzehn 17-jährige Soldaten, darunter auch Mädchen, in den Irak-Krieg geschickt. Das wäre „unabsichtlich“ passiert, bedauerte der für die Streitkräfte zuständige Minister Adam Ingram. Premierminister Tony Blair gerät jetzt erneut aufgrund seiner Irak-Politik unter Druck.

Die Abgeordnete der oppositionellen Liberaldemokraten, Sarah Teather, richtete eine parlamentarische Anfrage an das Verteidigungsministerium und deckte den Skandal auf. Der verantwortliche Labour-Minister Adam Ingram gab in der Anfragebeantwortung zu, dass unter 18-Jährige in den Irakkrieg entsandt worden waren. Insgesamt fünfzehn jugendliche britische Soldaten, darunter auch einige Mädchen, mussten zwischen Juni 2003 und Juli 2005 an die Front. Die meisten der Soldaten standen kurz vor ihrem 18. Geburtstag ließ Ingram verlauten oder seien innerhalb einer Woche wieder aus dem Kampfgebiet abgezogen worden. „Weniger als fünf“ 17-Jährige wären länger als drei Wochen im Irak stationiert gewesen.

Dass die Angelegenheit mehr als unangenehm für die britische Regierung ist, lässt die Anfragebeantwortung erkennen. Ingram versuchte, sich mit gewundenen Statements aus der Affäre zu ziehen, und sprach von einem „Versehen“. In der schriftlichen Antwort vom 1. Februar heißt es:

Unfortunately, these processes are not infallible and the pressures on units prior to deployment have meant that there have been a small number of instances where soldiers have been inadvertently deployed to Iraq before their 18(th) birthday, as described above.

Großbritannien verfügt über ein Berufsheer. Jugendliche ab 16 Jahren können mit Zustimmung ihrer Eltern in die Berufsarmee eintreten. Allerdings unterzeichnete die britischer Regierung am 24. Juni 2003 ein Zusatzprotokoll der UN-Kinderrechtskonvention. Darin verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, unter 18-jährige Soldaten nicht in Kampfgebiete zu entsenden.

„Wir haben klare Regeln über die Entsendung von unter 18-Jährigen“, insistierte Sarah Teather deshalb und fordert inzwischen eine Entschuldigung von Premier Tony Blair. Teather ortet ein „schockierendes Maß an Inkompetenz“. Jugendliche wären emotional nicht stabil genug, um ein Blutvergießen wie im Irakkrieg verkraften zu können, so Teather sinngemäß.

There is no way people so young are mentally or emotionally prepared to face bloodshed on the scale seen in Iraq.

Man kann sich nun die Frage stellen, in welchem Alter ein Mensch überhaupt emotional stabil genug für einen Krieg ist. Jugendliche sind es jedenfalls ganz sicher nicht. Ob und wie viele unter 18-Jährige sich in den im Irak stationierten US-Truppen befinden, ist übrigens nicht bekannt. Die USA haben die UN-Kinderrechtskonvention bisher nicht ratifiziert.

Das Thema Kinder und Jugendliche in bewaffneten Konflikten hätte generell mehr Medienpräsenz nötig. Derzeit beraten Vertreter aus rund 50 Staaten in Paris über Möglichkeiten zur Wiedereingliederung der weltweit schätzungsweise 250.000 Kindersoldaten in die Gesellschaft. Kinder würden in bewaffneten Konflikten als Soldaten, Melder, Spione, Köche, Träger oder für "sexuelle Dienstleistungen" missbraucht, sagte die Leiterin des Kinderhilfswerks (UNICEF) Ann Veneman vor Beginn der zweitägigen Konferenz.