Mit Biowaffen gegen Farbkopierer
Der Farbstoff eines kleinen Bakteriums könnte künftig Banknoten und Ausweise vor dem Farbkopierer schützen
Mit knapp drei Million Euro fördert die Bundesregierung eine Gruppe Marburger Forscher, die in Pilotstudien gerade mit einem lichtempfindlichen Bundesadler experimentiert. Der als Kopierschutz gedachte Farbstoff ist auch als Informationsspeicher interessant.
Wie schützt man Banknoten und Personalausweise vor dem Farbkopierer? Diese Frage beschäftigt nicht nur den Innenminister und die Bundesdruckerei, sondern offenbar auch das Bundesforschungsministerium. Mit 2,87 Millionen Euro fördert die Behörde von Forschungsministerin Edelgard Bulmahn eine Gruppe Marburger Forscher um Norbert Hampp aus der Abteilung Physikalische Chemie der Universität Marburg. Das Ziel des "B-SAFE" getauften Projekts: Mit Hilfe eines von Bakterien produzierten, lichtempfindlichen Farbstoffs sollen Symbole wie der Bundesadler künftig während des Kopiervorgangs ihre Farbe ändern. Verlaufen die Pilotstudien erfolgreich, so stünde ein völlig neuartiges Sicherungselement für Dokumente zur Verfügung (Pdf-File zum Projekt)
Mit der Kraft der Natur...
Konkret geht es um die Substanz Bakteriorhodopsin, die von einem Bakterium namens Halobacterium salinarum hergestellt wird. Der kleine Organismus benutzt den Stoff als Enzym für die Photosynthese, die Herstellung von Energieträgern des Stoffwechsels aus Lichtenergie. Rhodopsin wird auch vom menschlichen Auge als Sehfarbstoff oder "Sehpurpur" eingesetzt. Unter Beleuchtung ändert Rhodopsin seine Farbe von rötlich-lila nach gelb, und zwar innerhalb von Sekunden. Dies würde, so die Forscher, herkömmlichen Farbkopierern farbechte Kopien praktisch unmöglich machen.
Bakteriorhodopsin hat zwei Eigenschaften, die es für einen Einsatz als Sicherungselement prädestinieren. Zum einen ist es mit biotechnischen Verfahren relativ billig herzustellen. Zum anderen ist es extrem stabil: Es widersteht Temperaturen bis 140 Grad Celsius. Gegenüber Säuren und Laugen ist es relativ unempfindlich. Und sogar einige gängige organische Lösungsmittel kriegen das Eiweiß nicht kaputt. Natürlich soll der Stoff ohnehin nicht schutzlos auf einen Ausweis oder auf eine Banknote aufgetragen werden.
Geplant sei vielmehr eine lichtdurchlässige Kunststofflaminierung, wie Oliver Bujok vom Technologiezentrum des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) betont, der für die Projektabwicklung zuständig ist. Günstig ist auch, dass die Herstellung zwar nicht teuer, aber dennoch nicht gerade einfach ist. Die Moleküle werden nämlich nicht einfach von der Natur übernommen, sondern vor ihrem Einsatz noch mit nanotechnologischen Methoden gezielt in ihrer Konfiguration verändert.
Multitalent: Rhodopsin beherrscht nicht nur den Farbwechsel. Es kann auch speichern
Bakteriorhodopsin ist auch noch aus einem anderen Grund attraktiv: Es eignet sich als Datenspeicher. Zwar sind die Farbveränderungen, die etwa durch Tageslicht oder eben durch die Lampen eines Farbkopierers ausgelöst werden, reversibel. Wird die Substanz allerdings mit bestimmten Laserpulsen beschossen, dann verändert sich die Eiweißkonfiguration dauerhaft. Diese biochemischen Veränderungen sind optisch lesbar und können nicht rückgängig gemacht werden, ohne den Speicher zu zerstören. Als Prototyp wurde ein Ausweis mit Bakteriorhodopsinstreifen hergestellt. Der sechs Zentimeter lange und einen Zentimeter breite Streifen hat eine Speicherkapazität von etwa einem Megabyte.