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Mit dem Zweiten sieht man schlechter

Der Anschlag von Ansbach in den ZDF-Heute-Nachrichten

Die heute-Nachrichten vom 25. Juli und die anschließende Sondersendung im ZDF nehmen den Bombenanschlag von Ansbach zum Anlass, um von den Zuschauern mehr Verständnis für Flüchtlinge einzufordern. Als Hauptproblem erscheint nicht die Tat selber, sondern die Angst der deutschen Bevölkerung vor möglichen weiteren Taten. Es wird der Eindruck erweckt, der islamistische Terror lasse sich durch eine möglichst umfangreiche psychologische Betreuung der Migranten aus muslimischen Ländern wirksam eindämmen.

Alles in allem ähnelt diese Art der Berichterstattung eher einer pädagogischen Intervention als einer Nachrichtensendung im klassischen Sinne. Dies wird besonders deutlich, wenn man die heute-Sendung mit der eine Stunde später ausgestrahlten Tagesschau-Ausgabe vergleicht.

Lauter Einzelfälle

Die 19-Uhr-Nachrichten [1] im Zweiten Deutschen Fernsehen beginnen mit einem Bericht über die Ereignisse in Ansbach und einem Live-Gespräch mit der Korrespondentin vor Ort. Die Rekapitulation des Tathergangs ist professionell gemacht, an ihr gibt es - journalistisch gesehen - wenig auszusetzen. Nun folgen die Bemühungen, die bis dahin bekannten Fakten in die Chronologie der vorangegangenen Tage und Wochen einzuordnen.

Den Anfang macht der zum "Terrorismusexperten" geadelte ZDF-Redakteur Elmar Theveßen: "Wir müssen differenzieren, das ist sehr wichtig", meint er und betont, die Morde von München und Reutlingen seien als Amoklauf respektive als Beziehungstat einzustufen und gehörten nicht in dieselbe Kategorie wie die islamistisch motivierten Anschläge von Würzburg und Ansbach.

Natürlich ist es richtig, jeden Einzelfall auf das persönliche Motiv des Täters hin zu untersuchen. Kriminologisch gesehen ist es jedoch genauso legitim, der Frage nachzugehen, ob bei allen Differenzen im Detail nicht doch ein gemeinsames Muster erkennbar ist. Worüber der ZDF-Experte nicht sprechen will oder kann, dürfte für die meisten seiner Zuschauer auf der Hand liegen: Es gibt ein sehr spezifisches Täterprofil, das die Gewaltserie in Bayern mit den Sexualdelikten der Kölner Silvesternacht und den Massenmorden von Paris, Brüssel, Orlando und Nizza verbindet.

Screenshot aus dem ZDF heute-Journal vom 25. Juli 2016.

Es handelt sich in allen genannten Fällen um Hassverbrechen von jungen, psychisch labilen Männern mit Migrationshintergrund und muslimischen Wurzeln. Hans-Magnus Enzensberger hat für diesen Tätertypus den Begriff des "radikalen Verlierers" [2] geprägt. Als Verlierer fühlen sich Männer dieses Typs, weil sie die Emanzipation der Frau und die Überlegenheit der Technologie in den westlichen Ländern als narzisstische Kränkung erleben, weil sie die Strenge unserer Arbeitsdisziplin und die Laxheit unserer Sexualmoral emotional überfordern. Was diese Verlierer kollektiv in die Radikalisierung treibt, ist - so Enzensberger - "die gleiche Verzweiflung über das eigene Versagen, die gleiche Suche nach Sündenböcken, der gleiche Realitätsverlust, das gleiche Rachebedürfnis, der gleiche Männlichkeitswahn, das gleiche kompensatorische Überlegenheitsgefühl, die Fusion von Zerstörung und Selbstzerstörung und der zwanghafte Wunsch, durch die Eskalation des Schreckens Herr über das Leben der anderen und über den eigenen Tod zu werden."

Eine sehr spezifische Mischung aus Aggression und Autoaggression ist das gemeinsame Merkmal der Hassverbrecher muslimischer Herkunft, wobei zweitrangig ist, ob sie sich als Kleinkriminelle durchschlagen oder aus wohlhabenden Familien kommen, ob sie Schulversager sind oder einen Hochschulabschluss haben, ob der Islamismus der ideologische Überbau ist, mit dem sie die eigene Gewalt rechtfertigen, oder - wie im Fall des 18-jährigen Deutsch-Iraners aus München - der Rechtsextremismus. Dieselbe Zerstörungswut zeigte sich auch bei der sogenannten Beziehungstat von Reutlingen: Nachdem er seine polnische Freundin fast enthauptet hatte, lief der 21-jährige Syrer durch die Innenstadt und attackierte Passanten mit einem Dönermesser.

Öffentlich-rechtliche Regierungssprecher

Über eine Million Flüchtlinge sind letztes Jahr nach Deutschland gekommen - die genaue Zahl kennt bis heute niemand. Die Mehrheit von ihnen stammt aus Syrien, Afghanistan, dem Irak und anderen muslimisch geprägten Ländern. Allein unter den rund 450.000 Flüchtlingen, die 2015 einen Erstantrag auf Asyl gestellt haben, waren dem Bundesamt für Migration [3] zufolge über 100.000 Männer im Alter von 16 bis 25 Jahren.

Gemessen an den hohen Erwartungen, die sie selber und ihre Familien zu Hause mit einem Leben in Deutschland verbinden, können viele dieser jungen Männer hier nur scheitern. Doch ihnen allen bleibt eine Möglichkeit, die eigene Ehre und den Respekt ihrer Angehörigen mit einem Schlag wiederherzustellen, und das ist der Märtyrertod. Fest steht: Bei drei der vier spektakulären Gewalttaten, die innerhalb einer Woche in Bayern begangen wurden, waren die Täter Flüchtlinge. Sahra Wagenknecht sagt dazu im ZDF: "Die Ereignisse der letzten Tage zeigen, dass die Aufnahme und Integration einer großen Zahl von Zuwanderern und Flüchtlingen natürlich mit erheblichen Problemen verbunden und schwieriger ist, als uns Frau Merkels leichtfertiges 'Wir schaffen das' im letzten Herbst einreden wollte".

Die heute-Redaktion rahmt diesen Interviewauszug mit eigenen Kommentaren ein, damit der Zuschauer weiß, was er von Wagenknechts Äußerung zu halten hat. "Der Täter von Ansbach war bereits vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen", heißt es in dem Beitrag von ZDF-Mann Florian Neuhann, "VOR der Flüchtlingswelle im letzten Herbst". Trotzdem werde von manchen beides - gemeint ist die Flüchtlingswelle und die Gewaltserie - miteinander verknüpft. Anschließend ist die Fraktionsvorsitzende der Linken zu sehen und zu hören, wie sie vollkommen unaufgeregt und mit dem Anflug eines Lächelns in die Kamera spricht. Danach der Kommentar von Neuhann: "Eine aufgeheizte Debatte. Die Bundesregierung wehrt sich gegen einfache Gleichungen."

Wie komplex die Berechnungen sind, mit denen sich die Bundesregierung gegen Wagenknechts vermeintliche Vereinfachungen zur Wehr setzt, belegt der ZDF-Beitrag mit einem O-Ton der stellvertretenden Regierungssprecherin Ulrike Demmer: "Die meisten Terroristen, die in den letzten Monaten in Europa Anschläge begangen haben, waren keine Flüchtlinge. Diese Erkenntnis deckt sich mit aktuellen Untersuchungen, nach denen die Gefahr des Terrorismus nicht größer und nicht kleiner ist als in der übrigen Bevölkerung." Purer Zufall also, dass es ein Flüchtling aus Syrien war, der sich vor der Weinstube in Ansbach in die Luft sprengte. Es hätte auch jemand aus der übrigen Bevölkerung sein können, ein Urlauber aus dem Sauerland zum Beispiel.

Die Untersuchungen, auf die sich Demmer beruft, sind die laufend aktualisierten Lageberichte des Bundeskriminalamts [4]. Das teilte eine Sprecherin des Bundespresseamtes auf Nachfrage mit. Allerdings enthalten die BKA-Berichte nur Vergleichsdaten zur Kriminalitätsentwicklung im Allgemeinen. Es finden sich darin keine vergleichenden Statistiken zu der Terrorgefahr, die von verschiedenen Bevölkerungsgruppen ausgeht. Mit anderen Worten: Die Aussage der Regierungssprecherin ist irreführend. Warum ist das in der ZDF-Redaktion niemandem aufgefallen? Vielleicht, weil Ulrike Demmer selber einmal ZDF-Redakteurin gewesen ist, zur selben Zeit übrigens, als ihr Presseamtskollege Steffen Seibert noch die heute-Nachrichten verlesen hat.

Feldwebel Walde

Nachdem schon Elmar Theveßen und Florian Neuhann zur Differenzierung der Gewalttaten gemahnt haben, ist nun Thomas Walde an der Reihe. In einer Live-Schalte auf den Rasen des Reichstagsgebäudes weist der stellvertretende Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios auf ein Problem hin: "So unterschiedlich diese Fälle auch sind, (haben sie) doch eine gemeinsame Wirkung: dass Menschen Angst haben und eine möglichst schnelle, gemeinsame Antwort auf die Gewalt wollen." "Ja, das ist sicher richtig", pflichtet ihm Moderatorin Petra Gerster bei.

Dass Walde selber zu den Menschen gehört, die möglichst schnelle Antworten verlangen, konnte man tags zuvor bei einem sogenannten "Sommerinterview" mit Sahra Wagenknecht [5] erleben. In 18 Minuten stellte Walde rund 30 Fragen und Nachfragen. Nur am Anfang ließ er die Befragte ausreden, danach fiel er ihr immer öfter ins Wort. Sobald Wagenknecht anfing zu sprechen, dauerte es höchstens 20 Sekunden, bis Walde mit einem Heben der Hand oder einem Betätigen der Mundwinkel seine Unzufriedenheit signalisierte.

Der Interviewer hatte offensichtlich den Eindruck, dass die Interviewte seinen Fragen auswich, und sagte das auch mehrmals oder stellte dieselbe Frage nochmal oder fasste die Antwort in einer Weise zusammen, die sie vollkommen absurd erscheinen ließ. Dabei waren manche Fragen so ungenau, dass man sie gar nicht präzise beantworten konnte, oder sie enthielten Unterstellungen, auf die sich Wagenknecht nicht einlassen wollte - was ihr gutes Recht ist. Es kam auch vor, dass Walde die Antwort nicht richtig mitkriegte, weil er gerade nach den Fragekärtchen mit den Bodo Ramelow-Zitaten linste, mit denen er die Linken-Politikerin in Verlegenheit bringen wollte.

Körpersprache und Störgeräusche brachten unmissverständlich zum Ausdruck, welche Zumutung es für den ZDF-Journalisten bedeutete, der Oppositionsführerin im Deutschen Bundestag zuhören zu müssen. Denn Waldes Urteil über Wagenknecht - er unterstellte ihr Kompromisslosigkeit, Russlandhörigkeit, Verlogenheit etc. - stand offenkundig schon fest, bevor die Angeklagte auch nur einen Satz zu ihrer Verteidigung vorbringen konnte.

"Hart aber unfair" wäre der treffendere Titel für dieses Kreuzverhörformat, dem man den niedlichen Namen "Sommerinterview" gegeben hat und in dem alles nur angerissen und nichts vertieft wird. Das gilt auch für das Thema, das Walde mit der Formel "Politik in Zeiten der Terrorangst" ankündigte - also nicht etwa "Politik in Zeiten des Terrors".

Mit dem Habitus eines Feldwebels, der an Magengeschwüren leidet und sich über die Weicheier unter den Rekruten ärgert, forderte Walde von Wagenknecht Rapport, was sie gegen "die Angst der Menschen" zu tun gedenke. Woher er zu wissen glaubt, Angst sei das alles bestimmende Gefühl der Menschen in Deutschland und nicht etwa Wut - Wut über das, was in den Lageberichten des BKA "importierte Konflikte" genannt wird -, das behält der Sommerinterviewer für sich. Doch eines muss man Thomas Walde zugutehalten: Den Entlarvungsautismus, in den viele Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verfallen, sobald jemand von der Regierungslinie in Sachen Flüchtlingspolitik abweicht, verkörpert niemand so zackig wie er.

Trauma & Terror

"Kann aus Trauma auch Terror werden? Haben diese Menschen einen größeren Hang zur Gewalt?" Mit diesen Fragen leitet Petra Gerster den therapeutischen Teil der Nachrichtensendung ein und nimmt die Antwort gleich vorweg: "Nein, sagen die Experten." Im dazugehörigen Beitrag kommen allerdings nicht "die Experten", sondern nur Dietrich Munz zu Wort. Der Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer beruft sich im Interview auf "Untersuchungen, die belegen, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen, mit sowohl Depressionen als auch posttraumatischen Belastungsstörungen, eher weniger zu Gewalttätigkeit oder Kriminalität neigen. Das ist sicher auch bei den Flüchtlingen so."

Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin der Psychotherapeutenkammer nannte auf Nachfrage vier Übersichtsstudien [6] zum Einfluss psychischer Erkrankungen auf die Neigung zur Gewalt. Falls diese Meta-Analysen den Stand der Forschung akkurat wiedergeben, spielt die Art der Erkrankung eine entscheidende Rolle: Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen gehen mit einer erhöhten Selbstmordrate einher, Psychosen und Schizophrenien können die Gewaltbereitschaft gegenüber anderen steigern.

Fast alle ausgewerteten Forschungsprojekte haben sich mit Gewalttätern aus westlichen Industriestaaten befasst. Dass deren Ergebnisse so ohne weiteres auf die Population der Flüchtlinge aus dem muslimischen Raum übertragbar sind, ist keineswegs so sicher wie Munz unterstellt. Immerhin könnte es einen Unterschied machen, ob ein traumatisierter Mensch daran glaubt, dass er ins Paradies kommt, wenn er möglichst viele Ungläubige mit in den Tod reißt, oder ob er das nicht glaubt. Es ist zumindest denkbar, dass ein Moslem, der unter Depressionen leidet, vor einem Selbstmord zurückschreckt, weil er sonst - seinem Glauben nach - in die Hölle käme, und stattdessen einen erweiterten Selbstmord begeht, der ihn - in den Augen vieler Glaubensbrüder - zum Helden macht. Mohammed Daleel jedenfalls, der Attentäter von Ansbach, litt allem Anschein nach unter schweren Depressionen, als er den Entschluss fasste, sich im Namen Allahs und des Islamischen Staates an den Deutschen zu rächen.

Dietrich Munz versucht es in dem heute-Beitrag mit einer anderen Erklärung. Unabhängig vom Vorliegen psychischer Erkrankungen gebe es "besondere Belastungssituationen", in denen bestimmte Menschen zu erhöhter Gewalttätigkeit neigten. Welche Situationen er dabei im Blick hat, illustriert der Bericht mit Bildern völlig überfüllter Wartesäle und Gulag-artiger Flüchtlingsheime hinter Stacheldraht. Dazu hören wir die Stimme von ZDF-Autor Christoph Schreiner, der die "kargen Unterkünfte" anprangert, "in denen es in erster Linie um generelle Versorgung geht, nicht um psychologisches Auffangen", und der hinzufügt: "Mit ihren traumatischen Erlebnissen sind die Menschen oft ganz allein." Sind wir nicht selber schuld, - suggeriert der Subtext in Bild und Ton -, wenn die Flüchtlinge Amok laufen? Schließlich sind wir es, die sie in solche Unterkünfte sperren und dort allein lassen.

Trauma & Therapie

Was in den heute-Nachrichten als Problem identifiziert wird - die psychologische Betreuung der Flüchtlinge -, wird in der anschließenden ZDF Spezial-Sendung [7] als Lösung präsentiert. "Mindestens 30% der Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Deutschland gekommen sind, gelten als traumatisiert", weiß Moderator Matthias Fornoff und vermutet: "Das intensive Sich-Kümmern wäre wohl die beste Vorsorge gegen ein Abgleiten in die Gewalt."

Wenn man Fornoff ernst nimmt, müssten in Windeseile Hunderttausende von Therapieplätzen geschaffen werden. Im nun folgenden Filmbeitrag wird gezeigt, wie eine solche Traumatherapie in der Praxis abläuft. Ein Flüchtling aus Afghanistan erzählt, dass sein Vater von den Taliban geköpft wurde. Später sieht man den jungen Mann im Sprechzimmer einer Modellambulanz der Universität Konstanz. Er verteilt Plastikblumen und Kieselsteine entlang einer Schnur, die auf dem Boden liegt. Sie sollen die schönen und die schlimmen Erlebnisse auf seinem Lebensweg symbolisieren.

"Narrative Expositionstherapie" heißt das Verfahren, das in 12 bis 14 Sitzungen das Trauma lindern und einem Abgleiten in die Gewalt vorbeugen soll. Entwickelt hat es ein Psychologenteam der Universität Konstanz, das auch die Mehrzahl der Studien zur Wirksamkeit des Verfahrens vorgelegt hat. Was am Abend des Anschlags noch nicht bekannt war: Bevor der Attentäter von Ansbach seine Rucksackbombe zündete, hatte seine "narrative Expositionstherapie" [8] bereits begonnen - er war bei einem Heilpraktiker in Behandlung, der sich an einem entsprechenden Kurs der Konstanzer Universität teilgenommen hat, dessen Kompetenz aber umstritten [9] ist.

In der Sondersendung des ZDF folgt nun ein Live-Interview mit der Pädagogin Elise Bittenbinder von der Arbeitsgemeinschaft Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer. Frage Fornoff: "Wenn Flüchtlinge zu Tätern werden, wie jetzt auch in Ansbach, wie wirkt sich das denn auf ihre Arbeit aus?" Antwort Bittenbinder: "Diese Diskussion ist zum Teil eben auch unglücklich, weil sie Hass oder Generalverdächte schürt, und das hilft den Helfern nicht." Ähnlich hatte sich in einem vorangegangenen Beitrag schon der Psychologe Jens Hoffmann geäußert: "Die Gefahr wäre, (...) wenn wir sagen: Das sind muslimische Mitbürger, die sind alle gefährlich." Die beiden Experten assoziieren die einheimische Bevölkerung also mit Unglück, Hass, Gefahr und Idiotie - denn es wäre zweifellos idiotisch, zu behaupten, alle Muslime seien gefährlich. Die heute-Redaktion scheint diese Sichtweise zu teilen, sonst würde sie solche Äußerungen nicht abfragen und aneinanderreihen.

Was nun noch fehlt, sind Ratschläge zum Gefühlsmanagement. Die erteilt der Bundesinnenminister: "Sorgen ja, Angst nein, Entschlossenheit, vielleicht auch mal Zorn, das ist die richtige Antwort." Und wie sollten wir uns gegenüber den Flüchtlingen verhalten? "Freundlich und aufgeschlossen, nicht misstrauend, aber nüchtern und nicht naiv", empfiehlt Thomas de Maizière. Klingt eigentlich ganz einfach.

Es geht auch anders

Natürlich stand die heute-Redaktion am Tag des Anschlags in Ansbach unter enormem Zeitdruck. Doch das kann den eigenartigen Zuschnitt der Berichterstattung im ZDF nicht erklären, wie ein Vergleich mit den Sendungen der ARD belegt, die kurze Zeit später ausgestrahlt wurden. Insgesamt dauerten die Beiträge über das Selbstmordattentat in der Tagesschau [10] und dem anschließenden Brennpunkt [11] 17 Minuten, in den heute-Nachrichten und der Sendung ZDF Spezial 24 Minuten. Obwohl die Berichte im Ersten also deutlich weniger Sendezeit in Anspruch nahmen, waren sie erheblich informativer. Wie dieser Unterschied im Nachrichtengehalt zustande kommt, veranschaulichen die folgenden Beispiele:

In Krisensituationen - so könnte man das Vorangegangene zusammenfassen und verallgemeinern - interpretiert die heute-Redaktion die Aufgaben einer öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt im Sinne einer Heilanstalt für psychisch labile Zuschauer. Ihre Kollegen von der Tagesschau dagegen belassen es bei ganz normaler und grundsolider Nachrichtenproduktion.


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Links in diesem Artikel:
[1] http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2795986/ZDF-heute-journal-vom-25.-Juli-2016#/beitrag/video/2795648/ZDF-heute-Sendung-vom-25-Juli-2016
[2] http://www.suhrkamp.de/buecher/versuche_ueber_den_unfrieden-hans_magnus_enzensberger_46626.html
[3] http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Publikationen/Broschueren/bundesamt-in-zahlen-2015-asyl.html?nn=1367528
[4] http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2016/02/bka-lagebild-kriminalitaet-zuwandeung.html
[5] http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2795088/Sommerinterview-mit-Sahra-Wagenknecht#/beitrag/video/2795088/Sommerinterview-mit-Sahra-Wagenknecht
[6] http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/24861430
[7] http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2795986/ZDF-heute-journal-vom-25.-Juli-2016#/beitrag/video/2795902/ZDFspezial:-Anschlag-in-Ansbach
[8] http://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2016/Terrorist-von-Ansbach-IS-Kaempfer-oder-Psychowrack,selbstmordanschlag100.html
[9] http://www.sueddeutsche.de/bayern/anschlag-in-ansbach-zweifel-am-therapeuten-des-ansbacher-attentaeters-1.3101328
[10] http://www.ardmediathek.de/tv/Tagesschau/tagesschau-20-00-Uhr/Das-Erste/Video?bcastId=4326&documentId=36767380
[11] http://www.ardmediathek.de/tv/Brennpunkt/Ansbach-Der-Terroranschlag-und-die-Folg/Das-Erste/Video?bcastId=1082266&documentId=36768332