Monsun aus dem Gleichgewicht: Wie Pakistan unter der Klimakatastrophe leidet

Überreste einer durch die Überschwemmungen von 2010 zerstörten Schule in der Nähe von Jacobabad / Pakistan. Bild: Magnus Wolfe-Murray / CC BY 2.0

Während die Lage im südasiatischen Land weiter dramatisch ist, weisen Meteorologen auf die Rolle hin, die die Erderhitzung bei der Überschwemmung spielt. Was ist genau passiert?

In Pakistan ist die Zahl der Todesopfer durch die extremen Überschwemmungen der letzten Wochen weiter gestiegen und beträgt nun fast 1500 Menschen, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag berichtet. Hunderttausende müssten unter offenem Himmel schlafen. Für viele Obdachlose gebe es noch nicht einmal Zelte.

Der angerichtete materielle Schaden wird inzwischen auf 30 Milliarden US-Dollar (30,03 Milliarden Euro) geschätzt. Das sind etwa ein Elftel des Bruttonationaleinkommens. Für Deutschland würde das bedeuten, in einer einzigen Katastrophe würden Werte im Umfang von rund 380 Milliarden Euro vernichtet. Aber selbst dann hätte der nicht unmittelbar betroffene Rest des Landes noch unvergleichlich mehr Ressourcen zur Verfügung, um den Opfern der Flut zu helfen.

Denguefieber breitet sich aus

Der britische Sender BBC schreibt auf seiner Internetseite, dass sich inzwischen Denguefieber ausbreite. Die mitunter tödliche Tropenkrankheit wird durch Mücken übertragen, die sich in stehenden Gewässern vermehren. Tausende Dörfer seien zwei Monate nach dem Beginn der Überschwemmungen noch immer unter Wasser, so der Sender weiter.

Die Plattform Chinadialogue.com hat mit verschiedenen Meteorologen und Klimatologen gesprochen, die darauf hinweisen, dass die Überschwemmungen vor allem durch Niederschläge verursacht wurden und die Gletscherschmelze, auf die auch Telepolis mehrfach hingewiesen hatte, keine nennenswerte Rolle gespielt hat.

Die Küstenprovinzen Belutschistan und Sindh bekämen für gewöhnlich wenig vom Monsun ab. 2010 seien die schweren Überschwemmungen – die bis dahin Schlimmsten, die jetzt aber übertroffen wurden – durch extreme Niederschläge in den Bergen im Norden verursacht worden. Die Bewohner der Flussufer hätten dadurch eine erhebliche Vorwarnzeit gehabt.

Niederschlagsursache: Tiefdruckgebiet mit ungewöhnlicher Zugbahn

Diesmal sei der Regen hingegen direkt im Süden gefallen und das Hochwasser hätte die Bevölkerung weitgehend überrascht. Niederschläge im Norden hätten aber die Flüsse zusätzlich anschwellen lassen und damit die Situation weiter verschlimmert.

Der Meteorologe Mahesh Palawat weist auf Chinadialogue.com darauf hin, dass der Niederschlag durch ein Tiefdruckgebiet mit ungewöhnlicher Zugbahn verursacht worden sei. Das regenreiche Wettersystem hatte sich – für die Monsunzeit nicht unüblich – über dem Golf von Bengalen gebildet. Doch statt wie sonst nordwestlich das Gangestal und schließlich bis nach Nordpakistan zu ziehen, sei seine Bahn weiter südlich davon verlaufen.

Spur der Verwüstung auch in Indien

Auf dem Weg hatte es bereits in Indien eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Palawat ist sich sicher, dass der Klimawandel für die veränderte Zugbahn verantwortlich ist. Außerdem macht er darauf aufmerksam, dass die dadurch veränderte Verteilung der Regenfälle dazu geführt hat, dass wichtige landwirtschaftliche Regionen in Indien, die nordöstlich der Überschwemmungsgebiete gelegen sind, unter Dürre leiden.

In Indien ist aufgrund der Trockenheit, so die Plattform, die Reisanbaufläche in diesem Jahr acht Prozent kleiner als in anderen Jahren. Auch in Pakistan wird damit gerechnet, dass die Reisernte geringer ausfallen könnte. Da das Land ein wichtiger Reisexporteur ist, würde das vermutlich eine Verteuerung auf dem Weltmarkt zur Folge haben.

Derweil sieht die in den USA lebende pakistanische Umweltschützerin und Menschenrechtlerin Ayisha Siddiqa im Interview mit der englischsprachigen Ausgabe der Deutschen Welle die Verantwortung für den Klimawandel bei den reichen Ländern des Nordens. Auf deren Konto geht der größte Teil der in der Atmosphäre in den letzten über 100 Jahren angereicherten Treibhausgase. Entsprechend fordert sie Reparationen. Eine Forderung, die auch die pakistanische Regierung auf der nächsten UN-Klimakonferenz auf den Tisch legen könnte.

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