Musk reicht es – Mehrheit aktiver Twitter-Nutzer hat Erbarmen
Der Multimilliardär ließ über seinen Rücktritt als Firmenchef abstimmen. Medien und Gewerkschaften schienen sich in den letzten Wochen gegen ihn verschworen zu haben. Räumt er nun seinen Posten wirklich?
Das war deutlich: 57,5 Prozent der Twitter-Nutzer, die nach der Übernahme des Netzwerks nicht schreiend davongelaufen sind oder nur sporadisch vorbeischauen, haben für den Rücktritt von Elon Musk als CEO gestimmt. Initiiert hatte der Multimilliardär die Umfrage am Sonntagabend selbst – und versprochen, sich an das Ergebnis zu halten. Allem Anschein nach eine gesichtswahrende Exit-Strategie – ob und wann er nun tatsächlich seinen Posten räumt, blieb aber zunächst unklar.
Schon im November hatte Musk angekündigt, sich aus dem Tagesgeschäft zurückzuziehen – die Suche nach einem geeigneten Nachfolger gestaltete sich aber nach seinen Worten schwierig. Eine Ausrede gäbe es, falls er doch nicht zurücktreten will: Nur rund 17,5 Millionen Twitter-Accounts haben sich an der bis Montagmittag laufenden Abstimmung beteiligt, obwohl Musk auf der Plattform mehr als 122 Millionen Follower hat. Allerdings könnte er sich mit einem Rücktritt viel Stress ersparen.
Multiple Gründe für schlechte Presse
Schlechte Presse wegen der Sperrung von Journalisten-Accounts und renitente Gewerkschaften – damit musste sich Elon Musk, seinem Selbstbild nach Kämpfer für die Meinungsfreiheit, in den letzten Wochen herumschlagen, nachdem er Ende Oktober für 44 Milliarden Dollar den Online-Kurznachrichtendienst Twitter gekauft hatte.
Zudem wollten sich weniger Mitarbeitende auf den von ihm vorgegebenen "Hardcore"-Arbeitsrhythmus einlassen und zogen es vor, gegen Abfindung das Unternehmen zu verlassen, nachdem Musk bereits die Hälfte der mehr als 7.000 Angestellten gefeuert hatte. Verbliebene, die eine angebotene Abfindung von drei Monatsgehältern akzeptiert hatten, mussten dann allerdings darauf warten.
Laut einem Bericht der New York Times erwog Musks Anwaltsteam vergangene Woche die Möglichkeit, lieber Klagen von ehemaligen Mitarbeitern zu riskieren. Zudem geriet Musk in die Schlagzeilen, weil Mieten für Twitter-Büros und Lieferanten nicht mehr bezahlt wurden.
Ver.di drohte Twitter Germany mit Strafanzeige
Unterdessen erzielte in Deutschland die Gewerkschaft ver.di mit der Androhung einer Strafanzeige gegen Twitter Germany wegen Behinderung von Betriebsratswahlen einen Erfolg. Per einstweiliger Verfügung hatte der unlängst gewählte Wahlvorstand bei Twitter Germany am 15. Dezember 2022 die Wählerliste mit allen Twitter-Beschäftigten in Deutschland gerichtlich eingefordert. Mehrere Fristen hatte die Twitter Germany GmbH bis dahin bereits verstreichen lassen. Zugleich drohte ver.di Twitter mit einer Strafanzeige.
Nur einen Tag später ließ ein von Twitter beauftragter Hamburger Anwalt Daten zur Erstellung der Wählerliste an den Wahlvorstand übermitteln – und machte nach Angaben von ver.di deutlich, dass das Unternehmen kein Interesse an einer gerichtlichen Auseinandersetzung habe.