Muskelfett: Die unterschätzte Gefahr fürs Herz

Bernd Müller
Ein Stück Fleisch zeigt eindrücklich, wie sich Fett in und zwischen den Muskelfasern einlagert.

(Bild: ajiilhampratama / Shutterstock.com)

Neue Studie zeigt: Nicht nur Übergewicht, sondern auch Fett in den Muskeln erhöht das Risiko für Herzprobleme. Wie entsteht es und wer ist gefährdet?

Übergewicht gilt als einer der größten Risikofaktoren für Herzkrankheiten. Wie hoch das Risiko ist, wird oftmals am Body-Mass-Index (BMI) abgelesen. Ein erhöhter BMI ist demnach mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden.

Eine aktuelle Studie macht jetzt deutlich: Nicht nur der BMI ist bei der Risikoabschätzung entscheidend, sondern auch die Fettverteilung im Körper. Besonders gefährlich scheint dabei das Fett zu sein, das sich in unseren Muskeln einlagert – das sogenannte intramuskuläre Fett, das in den meisten Muskeln des Körpers gefunden werden kann.

Fett in den Muskeln beeinträchtigt Durchblutung des Herzens

Das Forscherteam um Professorin Viviany Taqueti vom Brigham and Women's Hospital in Boston untersuchte knapp 700 Patienten, die wegen Brustschmerzen oder Atemnot ins Krankenhaus kamen. Bei allen wurde mittels Computertomographie (CT) und Positronen-Emissions-Tomographie (PET) die Körperzusammensetzung und die Durchblutung des Herzens analysiert.

Das erschreckende Ergebnis: Je mehr Fett sich zwischen und in den Muskelfasern eingelagert hatte, desto schlechter war die Mikrozirkulation des Herzens. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Patienten übergewichtig waren oder nicht. Jedes zusätzliche Prozent an intramuskulärem Fett erhöhte das Risiko für eine gestörte Herzdurchblutung um zwei Prozent.

"Fetteinlagerungen in der Muskulatur können zu Entzündungen und Veränderungen im Glukosestoffwechsel führen, die wiederum die kleinen Blutgefäße schädigen – auch die, die das Herz versorgen", erklärt Taqueti.

Wer ist besonders gefährdet?

Besonders gefährdet für die Ansammlung von intramuskulärem Fett sind laut der Studie:

  • Übergewichtige und fettleibige Personen (BMI über 30)
  • Ältere Menschen
  • Personen mit chronischen Erkrankungen wie Diabetes
  • Frauen, insbesondere in den Wechseljahren
  • Menschen mit einem inaktiven Lebensstil

Besonders alarmierend: Muskuläre Fetteinlagerungen finden sich nicht nur bei adipösen Menschen. Auch Normalgewichtige können betroffen sein, ohne es zu ahnen. In der Studie hatten 46 Prozent der Teilnehmer einen BMI unter 30, der Schwelle zur Adipositas.

Wie entsteht intermuskuläres Fett?

Die Entstehung von intermuskulärem Fett ist ein komplexer Prozess, der durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird:

  • Alterungsprozesse: Mit dem Alter verändert sich der Stoffwechsel und die Muskelmasse, was die Fetteinlagerung begünstigt.
  • Bewegungsmangel: Ein inaktiver Lebensstil fördert die Fettansammlung in den Muskeln.
  • Ungesunde Ernährung: Eine Ernährung reich an gesättigten Fetten und Zucker kann zur Bildung von intermuskulärem Fett beitragen.
  • Hormonelle Veränderungen: Insbesondere bei Frauen in den Wechseljahren kann sich die Fettverteilung im Körper verändern.
  • Bestimmte Erkrankungen: Diabetes oder Muskeldystrophien können die Fetteinlagerung in den Muskeln begünstigen.

"Im Vergleich zum subkutanen Fett kann in Muskeln gespeichertes Fett zu Entzündungen und verändertem Glukosestoffwechsel führen, was Insulinresistenz und das metabolische Syndrom begünstigt", erklärt Taqueti. "Diese chronischen Schädigungen können wiederum die Blutgefäße, einschließlich derer, die das Herz versorgen, und den Herzmuskel selbst schädigen."

Wie wurde die Studie durchgeführt?

Taqueti und ihr Team nutzten fortschrittliche bildgebende Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und die Computertomographie (CT), um die Herzfunktion und Körperzusammensetzung der Patienten zu analysieren. Über einen Zeitraum von sechs Jahren beobachteten sie, ob die Patienten an schweren Herzkrankheiten erkrankten oder daran verstarben.

"Wir wissen bisher nicht, wie wir das Risiko für Menschen mit fetthaltigen Muskeln senken können", gibt Taqueti zu bedenken. "Wir wissen zum Beispiel nicht, wie sich neue Therapien zur Gewichtsreduktion auf das Fett in den Muskeln im Vergleich zu Fett an anderen Körperstellen, magerem Gewebe und letztlich dem Herzen auswirken."

Die Studie zeigt einmal mehr, dass der BMI allein kein ausreichender Indikator für das Herzinfarktrisiko ist. Insbesondere bei Frauen, bei denen ein hoher BMI oft "gutartigere" Fettarten widerspiegelt, ist es wichtig, die Körperzusammensetzung genauer zu betrachten.

Taqueti und ihr Team wollen nun untersuchen, wie sich Behandlungsstrategien wie Bewegung, Ernährung, Medikamente zur Gewichtsreduktion oder Operationen auf die Körperzusammensetzung und Herzerkrankungen auswirken.