Mutti Merkel und Papa Seehofer

Ehemalige Nichtwähler haben die Union gestärkt, um politische Inhalte ging es den Unionswählern nicht, sie haben Merkel gewählt

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Der Kelch der absoluten Mehrheit von CSU/CDU scheint an uns vorbei zu gehen. Auch die AfD scheint nicht mehr die 5-Prozent-Hürde überschreiten zu können. Die Liberalen haben abgewirtschaftet, ihnen traut wirtschafts- und finanzpolitisch praktisch niemand mehr etwas zu. Fraglich wird nur sein, wer Leutheusser-Schnarrenberger ersetzen könnte. Die Bürgerrechte werden unter der schwarz dominierten Regierung einen schweren Stand haben.

Interessant ist, dass die Hoffnung von Rot-Grün auf eine höhere Wahlbeteiligung weder bei der Bayern- noch bei der Bundestagswahl gefruchtet hat. Von der höheren Wahlbeteiligung hat nach infratest dimap vor allem die Union profitiert und deutlich weniger die SPD.

Auch bei Erstwählern und Spätentscheidern liegt die Union vorne, wenn auch nicht so deutlich. Nur bei den Arbeitslosen stimmten mehr für die SPD als für die Union, selbst bei den Arbeitern zogen die Sozis den Kürzeren. Für Männer war die Union attraktiver, noch viel mehr aber für Frauen. Bei Selbständigen und Rentnern war die Union besonders erfolgreich. Dass mehr als zwei Drittel die persönliche wirtschaftliche Lage als gut einschätzten, war sicherlich neben Merkel als Person der Hauptgrund für den Erfolg der Union.

Die AfD wurde zur neuen Protestpartei und konnte Nichtwähler für sich gewinnen, während vor allem FDP und Linke, aber auch die Grünen Stimmen an die Nichtwählerfraktion angeben mussten. Am meisten profitierte wenig überraschend die AfD von enttäuschten FDP-Wählern, aber auch von der Linken sind viele zur AfD gewechselt, die in den östlichen Bundesländern deutlich besser als in den westlichen abgeschnitten hat. Ebenso viele wie zur AfD sind allerdings von den Linken auch zur SPD abgewandert. Die Grünen haben vor allem Wähler an die SPD, aber auch an die Union verloren.

Interessant ist auch, dass die Union nicht wegen ihrer Politik gewählt wurde. Einzig Merkel konnte die Wahl entscheiden, was bedeutet, dass die "Volkspartei" eigentlich eine Merkel-Partei ist - und vermutlich der Absturz bevorsteht. 46 Prozent stimmten für die Union wegen Merkel, nur 7 Prozent wegen der politischen Inhalte. Für beides 45 Prozent. Bei der SPD war dies fast umgekehrt. Gerade einmal 8 Prozent stimmten für die SPD wegen Steinbrück, der damit eine Fehlbesetzung war, 55 Prozent wegen der politischen Inhalte und 32 Prozent für beides. Das heißt auch, dass Merkel als Person, nicht wegen ihrer politischen Ausrichtung beliebt ist. Die scheint keine große Rolle zu spielen, so lange Deutschland wirtschaftlich einigermaßen stabil und erfolgreich bleibt. Das kann sich schnell ändern. Dass 52 Prozent dennoch sagen, das Parteiprogramm sei wahlentscheidend gewesen, braucht man also nicht glauben.

Merkel im Bund entspricht Seehofer in Bayern. Die schwarze Zukunft, der wir für die nächste Zeit entgegen sehen, hat mit den Personen zu tun, also mit Mutti Merkel und Papa Seehofer. Merkel war in ihrem persönlichen Leben unauffällig, Skandale gab es keine, bei Seehofer liegt die Eskapade lange zurück, auch er ist nicht durch den Hang zur persönlichen Bereicherung aufgetreten. Was beide verbindet, ist eine "pragmatische" Haltung zur Politik. Man steht nicht für ein Programm, sondern passt sich dem vermeintlichen Wählerwillen an, Visionen und entsprechende Festlegungen werden vermieden, man fährt auf Sicht und macht keine Experimente. Das scheint anzukommen.