Mythos Wassertrinken: Hilft es wirklich gegen den Kater?

Mann, der Wasser mit Brausetablette trinken möchte, um seinen Kater zu lindern.

(Bild: Skrypnykov Dmytro / Shutterstock.com )

Wasser zu trinken wird häufig empfohlen, um einem Kater vorzubeugen oder ihn zu lindern. Doch was sagt die Wissenschaft dazu? Studien lassen Zweifel aufkommen.

Es ist ein altbekannter Ratschlag: Wer beim Alkoholgenuss zwischendurch Wasser trinkt oder vor dem Schlafengehen noch ein großes Glas zu sich nimmt, dem sollen am nächsten Morgen die lästigen Symptome eines Katers – Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindel – erspart bleiben. Die Theorie dahinter: Alkohol entzieht dem Körper Flüssigkeit. Wird dies nicht ausgeglichen, droht Dehydrierung und in der Folge der gefürchtete Kater.

Weit verbreitete Annahme: Dehydrierung als Ursache des Katers

Viele Menschen schwören darauf, dass sie einen Kater vermeiden oder zumindest lindern können, wenn sie ausreichend Wasser trinken. Auch Ärzte und Forscher haben lange Zeit Dehydrierung als Hauptursache des Katers angesehen. Einige Firmen vermarkten sogar spezielle "Katermittel", die durch Flüssigkeits- und Elektrolytersatz dem Kater entgegenwirken sollen.

Neuere wissenschaftliche Untersuchungen lassen jedoch erhebliche Zweifel an dieser gängigen Annahme aufkommen. Eine aktuelle Übersichtsarbeit in der Fachzeitschrift Alcohol hat den Zusammenhang zwischen Alkoholkatern und Flüssigkeitsmangel genauer unter die Lupe genommen – mit überraschenden Ergebnissen.

Die Forscher um Erstautorin Marlou Mackus von der Universität Utrecht werteten dreizehn experimentelle Studien und Befragungen aus. Ihr Fazit: Katersymptome und Dehydrierung treten nach Alkoholkonsum zwar häufig gemeinsam auf, scheinen aber weitgehend unabhängige Folgen zu sein.

Zeitlich begrenzte Dehydrierung oder lang anhaltender Kater

Während ein Kater oft den ganzen nächsten Tag anhält, treten Flüssigkeitsmangel und Durstgefühl meist erst am nächsten Morgen auf und klingen relativ schnell wieder ab. In einer Studie berichteten die Probanden nach einem Trinkgelage noch bis 15.30 Uhr über Katerbeschwerden, der Durst war aber bereits ab 10.30 Uhr nicht mehr signifikant erhöht im Vergleich zu Tagen ohne Alkoholkonsum.

Auch Befragungen von Studierenden ergaben nur eine mäßige Wirksamkeit des Wassertrinkens zur Katerprophylaxe. Auf einer Skala von 0 (kein Effekt) bis 10 (ausgezeichneter Effekt) lagen die Mittelwerte für Wassertrinken während des Alkoholkonsums bei 5,2 und für ein Glas Wasser vor dem Schlafengehen bei 5,6.

In einer anderen Studie zeigte sich zwar ein Zusammenhang zwischen dem Schweregrad des Katers und der konsumierten Wassermenge – Probanden mit stärkerem Kater tranken mehr. Das zusätzliche Wasser führte jedoch nicht zu einer Linderung der Beschwerden.

Unterschiedliche Auslöser von Kater und Dehydrierung

Die Autoren der Studie kommen zu dem Schluss, dass ein Kater nicht primär durch Flüssigkeitsmangel ausgelöst wird. Vielmehr scheinen oxidativer Stress und eine Entzündungsreaktion die Hauptrolle zu spielen. Dehydratation ist demnach eine parallele, aber weitgehend unabhängige Folge des Alkoholkonsums.

Während die harntreibende Wirkung des Alkohols über das Renin-Angiotensin-Aldosteron-System und die Hemmung von Vasopressin zur Dehydratation führt, lösen andere Mechanismen, wie die Exposition gegenüber freien Radikalen, den eigentlichen Kater aus.

Die Erkenntnis, dass Kater und Dehydratation getrennt ablaufen, hat wichtige Konsequenzen:

  • Für die Betroffenen ändert sich subjektiv nichts – Durstgefühl und Mundtrockenheit bleiben Teil des Katererlebens.
  • Für die Entwicklung von "Katerheilmitteln" bedeutet dies jedoch, dass ein Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes gegen die Kernsymptome wie Übelkeit, Müdigkeit und Kopfschmerzen vermutlich wenig ausrichten kann. Hier sind andere Ansätze gefragt.

Auch wenn zusätzliches Wassertrinken sicher nicht schadet und indirekt sogar nützlich sein kann – als Allheilmittel gegen den Kater scheint es nach derzeitigem Kenntnisstand nicht tauglich zu sein. Wer die Folgen übermäßigen Alkoholkonsums vermeiden will, kommt wohl nicht umhin, direkt bei der konsumierten Menge anzusetzen. Die unangenehmen Folgen am "day after" lassen sich offenbar nur begrenzt durch begleitendes Wassertrinken mildern.