Nach US-Abtreibungsverboten: Müttersterblichkeit auf dem Vormarsch

Marcel Kunzmann

Neue Daten zeigen einen drastischen Anstieg der Müttersterblichkeit in US-Staaten mit Abtreibungsverboten

(Bild: Hazal Ak/Shutterstock.com)

Frauen in US-Staaten mit Abtreibungsverbot haben ein fast doppelt so hohes Risiko, während der Schwangerschaft oder Geburt zu sterben. Besonders betroffen sind Schwarze. Ein Überblick.

Seit dem 1. Januar 2025 leben in den USA rund 62,7 Millionen Frauen und Mädchen in Bundesstaaten, die Abtreibungen verboten haben.

Eine Analyse der Daten der US-Gesundheitsbehörde CDC von 2019 bis 2023 durch das Gender Equity Policy Institute (GEPI) zeigt nun: Frauen in diesen Staaten haben ein deutlich höheres Risiko, während der Schwangerschaft, Geburt oder kurz nach der Entbindung zu sterben, verglichen mit Frauen in Staaten, in denen Abtreibungen legal und zugänglich sind.

Das Sterberisiko für Mütter ist in Staaten mit Abtreibungsverbot ist demnach fast doppelt so hoch. In Louisiana ist die Wahrscheinlichkeit sogar dreimal höher als in Staaten, die den Zugang zu Abtreibungen unterstützen.

Dort ist die Müttersterblichkeit seit dem Urteil des Obersten Gerichtshofs im Fall Dobbs vs. Jackson von 2022 um 21 Prozent zurückgegangen. Landesweit sank sie jedoch um 16 Prozent.

Frühe Verbote zeigen alarmierende Trends

Texas war der einzige Staat, der Abtreibungen schon vor der Dobbs-Entscheidung verbot. Im September 2021 trat dort ein Gesetz in Kraft, das Abtreibungen nach etwa sechs Wochen Schwangerschaft untersagt. Im ersten vollen Jahr des Verbots (2022) stieg die mütterliche Sterblichkeit in Texas um 56 Prozent, bei weißen Müttern sogar um 95 Prozent.

Landesweit nahm sie im selben Zeitraum nur um 11 Prozent zu. 2023 war die Rate der Todesfälle von Müttern in Texas 33 Prozent höher als vor dem Verbot und lag deutlich über dem US-Durchschnitt.

Schwarze Frauen hatten dort ein 2,5-mal so hohes Risiko, bei Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, wie weiße Frauen. Insgesamt war die Wahrscheinlichkeit für Mütter in Texas 1,7-mal höher als in Staaten, die Abtreibung erlauben.

Zwei Amerikas

In Texas ereignen sich die meisten Todesfälle von Müttern landesweit. Zwar ist Texas der zweitbevölkerungsreichste Staat, doch ein Vergleich mit dem bevölkerungsreichsten – Kalifornien – zeigt, wie gefährlich eine Schwangerschaft in Texas ist. Kalifornien hatte 2023 mit 9,5 Todesfällen pro 100.000 Geburten die niedrigste Rate, nur etwa halb so hoch wie der US-Durchschnitt (18,6).

Die Gesetze und Praktiken zu reproduktiver Gesundheit unterscheiden sich dort drastisch von Texas. Obwohl laut einer Umfrage 59 Prozent der Texaner Abtreibung in allen oder den meisten Fällen unterstützen, gelten dort die strengsten Abtreibungsverbote.

In Kalifornien hingegen schrieben die Wähler das Recht auf Abtreibung und Verhütung in der Verfassung fest. Der Staat finanziert Verhütung und Abtreibung und gewährt Müttern und Babys ein Jahr lang kostenlose Krankenversicherung.

Texas verbietet hingegen öffentlichen und privaten Versicherungen, Abtreibungen zu bezahlen, und lehnt die Medicaid-Erweiterung ab, die kostenlose Verhütung ermöglicht. In Texas wurde kürzlich eine Hebamme wegen illegaler Abtreibungen verhaftet, worauf bis zu 20 Jahre Haft stehen.

Viele Faktoren beeinflussen die Müttersterblichkeit, doch die Ergebnisse in Texas und Kalifornien unterscheiden sich dramatisch. 2023 war die Rate in Texas 155 Prozent höher als in Kalifornien. Lateinamerikanische Mütter hatten in Texas ein fast dreimal so hohes, weiße Mütter ein mehr als doppelt so hohes Risiko zu sterben wie in Kalifornien.

Schwarze Frauen in Verbotsstaaten am stärksten gefährdet

Hinzu kommt: Schwarze Frauen und Mädchen leben überproportional häufig in Staaten mit Abtreibungsverbot. Jede Achte in den USA ist schwarz, aber 2023 lebte jede Vierte in einem Verbotsstaat. Dieser Anteil ist stark gestiegen, seit Florida, South Carolina und Georgia 2024 Verbote einführten.

In Verbotsstaaten war die Müttersterblichkeit bei Schwarzen mit 60,9 Todesfällen pro 100.000 Geburten deutlich höher als bei Weißen (18,2) oder Lateinamerikanerinnen (18,2). Schwarze Mütter hatten dort ein mehr als dreimal so hohes Sterberisiko wie weiße.

Die Ungleichheit zwischen Schwarzen und Weißen hat sich nach den Verboten erheblich vergrößert. 2019, vor dem pandemiebedingten Anstieg, war das Risiko für Schwarze 2,2-mal höher, Ende 2023 dann 3,3-mal so hoch.

Schwarze Frauen hatten in Verbotsstaaten nicht nur schlechtere Ergebnisse als andere Gruppen, sondern auch ein deutlich höheres Sterberisiko als Schwarze in Staaten mit Abtreibungszugang. Auch lateinamerikanische und weiße Mütter waren in Verbotsstaaten stärker gefährdet. Bei Lateinamerikanerinnen war die Sterblichkeit fast doppelt, bei Weißen 1,6-mal so hoch wie in unterstützenden Staaten (für indigene Frauen waren die Schätzungen unzuverlässig).

Fazit

Fast 63 Millionen Frauen und Mädchen in den USA haben über das Recht, über ihre eigene Schwangerschaft zu verfügen, verloren, seit 16 Staaten Abtreibung verboten haben.

Landesweit sterben tragisch viele Frauen bei Schwangerschaft und Geburt. Wie die Analyse zeigt, sind Frauen in Staaten mit Abtreibungsverbot jedoch einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt. Bestehende Ungleichheiten zwischen Schwarzen und Weißen bei der mütterlichen Sterblichkeit haben sich dort erheblich verschärft.