Nach Zugunglück in Bayern: Experten erheben schwere Vorwürfe gegen die Bahn AG
- Nach Zugunglück in Bayern: Experten erheben schwere Vorwürfe gegen die Bahn AG
- Todbringende Barriere für den Unglückszug
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Unfall hatte Anfang Juni zahlreiche Tote und Verletzte gefordert. Bericht sieht Verfehlungen in Planung und Wartungsmanagement. Experten fordern Antworten auf offene Fragen.
Knapp zwei Monate nach einem verheerenden Zugunglück in Bayern bei Garmisch-Partenkirchen haben Verkehrsexperten und Gewerkschafter dem Management der Deutschen Bahn AG schwere Verfehlungen vorgeworfen. Es gebe zahlreiche Indizien dafür, dass die Schwere des Unglücks und die Opferzahl auch auf bauliche Probleme des Streckenabschnitts zurückzuführen seien, hieß es bei einer Pressekonferenz in München am heutigen Dienstagvormittag.
Die beteiligten Experten fordern mehr Gelder für Ausbau und Wartung des Streckennetzes. Auch kritisieren sie die Krisenkommunikation der Deutschen Bahn AG und warnen davor, einzelnen Beteiligten die Schuld an dem Unfall zuzuschieben, ohne strukturelle Probleme zu thematisieren.
Am 3. Juni 2022 war eine Regionalbahn der DB Regio AG auf der Strecke zwischen München und Garmisch-Partenkirchen auf Höhe des Ortsteils Burgrain entgleist. Bei dem Zugunglück kamen fünf Menschen ums Leben, 68 wurden verletzt.
Knapp zwei Monate später stellten heute die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und mehrere Branchenexperten einen umfassenden Bericht vor. Darin machen sie auch bauliche Fehler und Sanierungsrückstände als Ursachen für das Unglück aus.
Bei der Präsentation anwesend waren neben dem bayerischen GDL-Bezirksvorsitzenden Uwe Böhm auch Bahnexperte und Telepolis-Autor Winfried Wolf, der ehemalige Vorsitzende der Initiative Pro Bahn, Dieter Doege, und Michael Jung von dem Verein Prellbock Altona.
Telepolis veröffentlicht heute um 12 Uhr einen umfassenden Bericht zum Thema von Winfried Wolf, der die wesentlichen Thesen des Untersuchungsberichtes wiedergibt.
Die katastrophalen Folgen des Eisenbahnunglücks in Burgrain seien einem "grob fahrlässigen Außerachtlassen simpelster Schutzvorrichtungen geschuldet", heißt es in dem Expertenbericht. Ein Grund für die Schwere des Unfalls sei die Duldung eines Bachbettes neben dem Gleis und einer dahinter liegenden steilen Straßenböschung.
Betonschwellen mussten ausgewechselt werden
Zudem belegten Luftbilder der Unglücksstelle die offenkundige Reparaturanfälligkeit des Bahndamms. Auf dem kurzen Unglücksabschnitt hätten mehr als zwei Dutzend Betonschwellen ausgewechselt wurden müssen.
Problematisch sei auch, dass eine Straße drei Meter über dem seitlichen Bachbett verlaufe. Der verdichtete Unterbau der Straße "wurde für die herabstürzenden Doppelstockwagen zur unüberwindbaren und in keiner Weise nachgebenden Barriere", so die Experten. Die Autoren des Berichtes gehen davon aus, dass der harte Aufprall und die starken Verformungen der Wagenkästen "ursächlich verantwortlich" für die fünf Todesopfer und die zahlreichen Schwerverletzten waren.
Bei der Pressekonferenz in München warnten die Bahnexperten zugleich davor, einzelnen Mitarbeitern die Schuld zuzuschieben. Tatsächlich dürfte das für die Deutsche Bahn AG schwierig werden: Die Auswertung des Fahrtenbuchs hatte den Lokführer bereits entlastet.
Nach dem Unglück hatte der Hamburger Bahnverein Prellbock Altona bereits kritisiert, dass Politikerinnen und Politiker sowie Bahnmanager nach dem Unglück zwar vor Ort waren. "Aber sie schweigen hartnäckig zur möglichen Unfallursache", hieß es von dieser Seite. Auch gebe es "fast keine Kommunikation seitens des DB-Bahnvorstands".
Die Hamburger Aktivisten sind sich sicher: "Die Anklageerhebung gegen drei Beschäftigte der Deutschen Bahn lenkt eher von den möglichen tatsächlichen Ursachen für das Unglück ab." Mit den Anklagen solle das Unglück wohl erneut auf "menschliches Versagen" zurückgeführt werden.
Der Bericht der Bahnexperten sieht hinter dem Unglück neben der mutmaßlich mangelhaften Wartung des Schienenabschnitts dementgegen auch einen verkehrspolitischen Konflikt: Der betroffene Streckenabschnitt sei zu verengt gewesen, der künstliche Bachverlauf zwischen Bahndamm und den Straßenneubauten "regelrecht hineingequetscht" worden.