Nach der Musik der Film
Filmindustrie prozessiert gegen Scour.com
Bislang war vor allem die Distribution von Musik durch MP3.com oder Napster im juristischen Sperrfeuer der Contentbranche gestanden. Klar war jedoch nicht erst seit dem Prozess gegen die Anbieter von DeCSS, einem Umgehungsprogramm für die Verschlüsselung von DVD, dass nach der Musik der Vertrieb von Filmen ins Zentrum der Auseinandersetzung über die Aneignung und die Besitzsicherung des geistigen Eigentums, also der primären Ressource der Wissens- oder Informationsgesellschaft, geraten würde.
Mehr als 30 der größten Unternehmen der Film- und Musikbranche haben gestern Anzeige gegen Scour.com erstattet, weil hier "in großem Umfang" urheberrechtlich geschützte Werke kostenlos von Tausenden von Benutzern ausgetauscht würden und das Unternehmen von diesem Diebstahl profitiere. Scour.com bietet nicht nur Musik zum Suchen und Herunterladen an, sondern auch Musikvideos, Trailers oder ganze Filme. "Bei diesem Prozess geht es um Diebstahl", sagt Jack Valenti, der Präsident der Motion Picture Association of America (MPAA). "Das ist ein hartes Wort, aber es ist das einzige, das hier passt."
Das von einigen Studenten letztes Jahr in Los Angeles gegründete Unternehmen, das aus dem bereits 1997 gestarteten und 1998 erstmals im Web angebotenen Scour.net hervorging, ist eine Multimedia-Suchmaschine, die angeblich über 25 Millionen Dateien, so Scour, indexiert hat. Zusätzlich kann man über Scour Exchange wie bei Napster Musik- oder Filmdateien austauschen. Und natürlich wird seitens von Scour.com keinerlei Verantwortung für die Webseiten übernommen, die von der eigenen Website verlinkt sind und möglicherweise copyrightgeschütztes Material anbieten. Ähnlich weist Napster eine Verantwortung für die ausgetauschten Dateien von sich. Nächste Woche wird erwartet, dass der Richter im Prozess der Record Industry Association of America (RIAA) eine Entscheidung darüber fällt, ob Napster durch eine vorläufige gerichtliche Verfügung vom Netz genommen werden muss.
In der Anklage gegen Scour wird nicht spezifiziert, wieviele urheberrechtlich geschützte Werke auf Scour Exchange angeboten werden und welche finanziellen Einbußen sie mit sich bringen. Behauptet wird allerdings, dass die meisten der 1,8 Millionen Dateien Raubkopien seien. Normalerweise würden 25000 Menschen Scour Exchange gleichzeitig nutzen, wobei bereits neue Filme wie Gladiator, The Perfect Storm oder Mission: Impossible 2 angeboten würden.
In der Anklageschrift wird betont, dass es bei dem Prozess gegen Scour.com um einen Präzedenzfall geht:
"Weil das Internet einen fast unmittelbaren Zugang zu Millionen von Menschen eröffnet, verursacht das Verhalten von Scour für die Kläger und allgemein für die Film- und Musikunternehmen schweren und unwiederherstellbaren Schaden. Zu den gefährlichsten Folgen von Scours ungesetzlichem Verhalten gehört, dass man hier eine Generation von Konsumenten lehrt, dass Künstler und Copyrightinhaber kein Recht auf Kompensation für ihr Werk besitzen, und dass Filme, Tonaufzeichnungen und Musikkompositionen für jeden kostenlos sein sollten, der sie auf dem Internet findet. Diese Ansicht ist der verfassungsmäßigen Grundlage des Urheberrechts entgegen gesetzt, das anerkennt, dass der Schutz des Urheberrechts notwendig ist, um die Schaffung von neuen Werken zugunsten der Allgemeinheit zu fördern."
Eine der ersten Investoren von Scour.com ist übrigens Michael Ovitz, der frühere Präsident von Disney, der jetzt die Schauspielagentur Artists Management Group betreibt. Ovitz hatte letztes Jahr einen Anteil von 20 Prozent an Scour.com erworben und das Unternehmen so auch aufgewertet. Bereits im Mai hatte Hilary Rosen, Präsidentin der RIAA, einen Brief an Ovitz geschickt und ihm vorgeworfen, dass er an ungesetzlichen Tätigkeiten beteiligt sei. Angeblich soll Ovitz wiederum Briefe an die anderen Eigner von Scour.com geschrieben und darin seine Bedenken ausgedrückt haben. Ein Rechtsberater von Artists Management Group sagte allerdings noch im Mai, dass man hinter Scour Exchange stehe: "Angesichts des sich schnell verändernden Marktplatzes, muss Scour reagieren, um seine Kunden zu behalten und zu vermehren, und ihnen geben, was sie wollen."