Nano-Lego

Die Umsetzung des nanotechnologischen Traums

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Japanische Wissenschaftler haben eine Art molekulares Lego geschaffen. Es gelang ihnen, den nanotechnologischen Traum umzusetzen, kontrolliert mit den winzigen Bausteinen größere Strukturen zu bauen.

Bild: Nature

Takashi Yokoyama vom National Institute for Materials Science in Nagoya, Japan und seine Kollegen Shiyoshi Yokoyama, Toshiya Kamikado, Yoshishige Okuno sowie Shinro Mashiko vom Communication Research Laboratory in Kobe berichten in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsjournals Nature über Moleküle, die sich auf einer Oberfläche zu neuen funktionalen Strukturen zusammen schließen. Bisher war es außerordentlich schwierig, aus sich zu Blöcken vereinigenden Molekülen bestimmte Muster zu bilden. Die Schaffung solcher vorher entworfener Superstrukturen schien kaum möglich. Yokoyama und Kollegen ist es gelungen, die Selbstorganisation (Englisch: self assembly) der Elemente anzuregen und kontrolliert vereinigten sie sich zu größeren Einheiten. Die supermolekulare Aggregation erfolgte in dieser Versuchsanordnung spontan und steuerbar. In der Aggregation setzt sich ein Objekt aus einer Menge von Einzelteilen zusammen, die Untereinheiten schließen sich hier zu einer neuen Struktur mit bis zu 100 Nanometern (1 Nanometer = 1 Milliardstel Meter) Länge zusammen. Yokoyama und Kollegen haben die Moleküle durch die Anordnung auf einer Oberfläche dazu gezwungen flach zu liegen. Je nach Ausrichtung der Bausteine kann die entstehende Form bestimmt werden.

Die nanotechnologischen "Legosteine" bestehen aus Porphyrin-Molekülen (mehr Information dazu: The Porphyrin Page) auf einer Goldoberfläche. Die Kanten der einzelnen Elemente sind mit Substituenten (Atom, das ein anderes in dem Molekül einer Verbindung ersetzen kann, ohne dieses zu zerstören) besetzt, die eine Haftung aneinander möglich machen, sie sind also sozusagen die Nasen der Legosteine. Je nachdem wie die Substituenten angeordnet werden, bilden die Porphyrine spontan Gruppen oder Leitungen nach den Plänen der Forscher. Die molekulare Aggregation wird mithilfe von Cyanophenyl chemisch kontrolliert.

Damit ist ein kleiner Schritt auf dem Weg zu konstruierbaren Nanostrukturen getan, darunter werden Strukturen mit Abmessungen unterhalb eines tausendsten Millimeters bis zur Größe weniger Atome verstanden.

Die Gruppe um Yokoyama ist sich sicher, dass sie eine viel versprechende Möglichkeit aufzeigen, die ausgebaut werden kann, um künftiges rationales Design von Strukturen mit nützlichen elektronischen oder optoelektronischen Eigenschaften entstehen zu lassen. Die Bandbreite denkbarer Anwendungen supramolekularer Architektur ist groß.

Diese "Legosteine" der Nanotechnologie könnten die fundamentalen Elemente werden, um in der Zwergenwelt die schon lange theoretisch vorhergesagten sich selbst montierenden und sich selbst reproduzierenden Gegenstände zu erschaffen. Von vielen werden die Nano-Fabriken noch als Utopie betrachtet, aber es könnte sein, dass gerade das erste Förderband noch etwas ruckelnd angelaufen ist (Vgl. Nano - die elementare Revolution). Das System von Yokoyama und Kollegen muss natürlich noch weiter entwickelt und getestet werden, aber es hat viel interessantes Potenzial.

Paul S. Weiss von der Pennsylvania State University, University Park, USA erklärt in einem begleitenden News&Views-Artikel in der selben Ausgabe von Nature:

Es wird noch viel Arbeit sein, bevor solche funktionalen Zusammenschlüsse Realität werden. Praktisch angewandte Zusammenschlüsse (Assembly) werden mit Oberflächendefekten wie Stufen umgehen können müssen und mit brauchbaren Substraten: zum Beispiel eher Halbleiter als Gold. Die Strategie, die Yokoyama und Kollegen vorgezeichnet haben, könnte flexibel genug sein, um sowohl nanofabrizierte Kontakte zu schaffen als auch eine Plattform zur Verfügung zu stellen, auf der komplexere Strukturen konstruiert und in Geraden angeordnet werden können.

Bisher gibt es schon erfolgreiche Umsetzungen von molekularen Kleinststrukturen im Bereich von einem Nanometer und dann die sehr viel massiveren mit einer Größe von über 100 Nanometer gibt. Die große Herausforderung besteht darin, Strukturen zwischen einem und hundert Nanometern zu schaffen. Diese Lücke könnte jetzt durch die neuen Erkenntnisse geschlossen werden. Weiss hält die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Japaner für richtungsweisend.

Die Einschätzung des deutschen Bundesministeriums für Forschung, das die Nanotechnologie als einen Förderschwerpunkt gewählt hat und meint, dass die "Entdeckung der Zugriffsmöglichkeiten auf die einzelnen Bausteine der Materie sowie dem damit zunehmenden Verständnis der Selbstorganisation dieser Bausteine weltweit die industrielle Eroberung nanoskaliger Dimensionen eingesetzt hat," scheint ein Stück reeller geworden.